Thread by @stimmyskye

Leute... Bevor ihr ohne Fachwissen mutmaßt, dass es doch nicht so schwer sein kann, Kunststoffprodukte durch Alternativen ohne Kunststoff zu ersetzen, solltet ihr euch klarmachen, warum Kunststoff so universell eingesetzt wird:

Weil es ein verdammt guter Werkstoff ist.

Viele Kunststoffe

- sind problemlos wasserfest, es gibt aber auch wasserlösliche Kunststoffe

- sind komplett ungiftig und hypoallergen

- sind unheimlich stabil, aber immer noch flexibel, und lassen sich an fast beliebige Anforderungen anpassen

- sind popelbillig

Mit Kunststoff kannst du hauchdünne Beutel machen, die du mit Tomaten vollstopfen kannst ohne dass sie reißen - und du kannst Flugzeuge bauen mit nie dagewesener Stabilität bei verringertem Gewicht.

Das Zeug ist aus werkstofftechnischer Sicht *unheimlich gut*

Für viele Einweg-Alltagsprodukte können wir mit einigem Mehraufwand Alternativen einführen. Mehrwegpackungen, Papier usw.

Viele dieser Alternativen sind.... ebenfalls aus Kunststoff, nur halt wiederverwendbar.

Für viele Kunststoffprodukte haben wir keine Alternativen und absolut keine Perspektive, eine zu finden:

- Katheter
- Spritzen, Infusionsbeutel
- zahllose weitere Medizinprodukte, inklusive
- Strohhalme.

- Auch: Maschinen und Geräte (-teile) aller Art. *Sämtliche* Elektronik.

Gebt euch mal die Lernerfahrung und sucht 50 möglichst verschiedene Teile in eurem Haushalt, die teilweise oder komplett aus Kunststoff sind, und überlegt euch, wie das ohne Plastik gehen würde.

Und was die Nachteile dieser Änderung wären.

Die Tatsache ist, dass unsere gesamte Gesellschaft, unsere Infrastruktur, unsere Medizin, unsere Industrie, einfach JEDER Bereich auf Plastik angewiesen ist.

Diese Plastikflut ist scheiße, aber einfach behinderten Menschen ihr Überlebenswerkzeug wegzunehmen und zu sagen "such dir halt ein anderes, irgendwem wird schon was einfallen"

ist ein bisschen hart bigott, wenn ihr bedenkt, was der Rest der Gesellschaft derweil (nicht) tut.

Bevor ihr euch drüber aufregt, dass eine Person pro Woche vllt 20 Gramm Plastik in Form von Strohhalmen verwendet, sammelt mal für nen Monat euren eigenen Plastikabfall und legt ihn auf die Waage.

Und dann guckt in den Müll eines beliebigen Restaurants oder Industriebetriebs.

Übrigens: Sämtliche "plastikfreien" Produkte, die ihr in einem Supermarkt kaufen könnt, waren in Plastik verpackt, bevor sie für die Regale ausgepackt wurden.

Alles, was zwischen Industriebetrieben hin und her geht, ist in Plastik verpackt.

Das meiste Plastik kriegen Konsument'innen nie zu Gesicht.

Produkte aus Metall sind in Hinblick auf Umweltschäden übrigens um ein Vielfaches schädlicher als Kunststoffe.

- Minen

- Die Verarbeitung von Erz zu Metallen - oft extrem toxische Chemie, die nicht neutralisiert wird

- Der absurde Energieaufwand bis ein Block Metall rauskommt

- Die massiven CO2-Kosten für den Transport dieses immensen Gewichtes

- Die Energie- und Gerätekosten, um den Block Metall zu einem sinnvollen Produkt zu verarbeiten: Schmelzen, Pressen, Fräsen,...

- Wieder Energieaufwand zum Transport dahin wo das Produkt gebraucht wird

So einen Metallstrohhalm müsstet ihr hunderte Male verwenden, um das wieder wett zu machen.

Wie oft habt ihr den in eurer Schublade bisher benutzt?

Strohhalme sind nur ein besonders eingängiges Beispiel dafür, aber das Problem zieht sich durch unsere ganze Gesellschaft und jeden Aspekt unseres Alltags.

Und. Wir. Haben. Keine. Lösung.

Dass man Plastik recyclen kann, ist im Grunde genommen ein Mythos.

Schon frisch gegossener Produktionsausschuss, der wieder zur Schmelze gegeben wird, verringert die Qualität des Produkts.

Um Plastik *überhaupt* recyclen zu können

- muss es sortenrein vorliegen. Nein, euer gelber Sack wird nicht nach Plastiksorten sortiert. Das geht auch gar nicht.

- muss es ein Thermoplast sein

- darf es nicht mit anderen Materialien verbunden sein (wie zB im Tetra Pak)

Die beste Recycling-Lösung für den üblichen Plastikmüllmix ist, es zu schreddern und für Beton oder ähnliche Bautelemente zu benutzen - Straßen, Dachziegel, Bodenplatten.

Bioplastik ist leider für viele Anwendungen kein Ersatz.

Zum einen ist "biologisch abbaubar" nicht dasselbe wie "kompostierbar" - biologisch abbaubar heißt im Zweifelsfall nur, dass es schneller zu Mikroplastik zerfällt, nur kompostierbares geht zurück in die Nahrungskette.

Und dann ist es leider so, dass Bioplastik aus Pflanzen gemacht wird.

Was cool ist, weil Pflanzen!

Und schlecht, weil Menschen gegen Pflanzen allergisch sind und zB durch die bloße Anwesenheit einer Mais-Plastiktüte im selben Raum eine anaphylaktische Reaktion haben können.

Dieses Szenario hab ich mir übrigens nicht ausgedacht 😉 Allergien sind oft heftig und wir haben auch keine Lösungen, um diese Menschen zu schützen oder zu versorgen. Wie soll jemand einkaufen gehen, wenn der Supermarkt eine lebensgefährliche Allergensuppe ist?

Plastik ist der beste Werkstoff den wir jemals erfunden haben und der schlechteste Werkstoff den wir jemals erfunden haben.