Vielleicht habt ihr das gesehen: @KerstinGriese wird gerade massiv unfair und manipulativ, methodisch fast auf AfD-Niveau, durch Insta und Twitter getrieben. Ich kann die Empörung über sie fast nachvollziehen. Wenn nicht alle Fakten dagegen sprächen. 🧵
Es geht um die Frage, ob stark assistierte Arbeit in Werkstätten für angepasste Arbeit mit dem Mindestlohn bezahlt werden soll. Ich teile im Prinzip diese Forderung, aber es ist etwas komplizierter. 🧵
Denn es geht eben nicht um Arbeit. Sondern um assistierte Arbeit. Es geht um Menschen mit so starkem Assistenzbedarf, dass sie nicht „alleine“ arbeiten können und nicht auf dem ersten Arbeitsmarkt. 🧵
(Unterhaltet euch mal mit Menschen, die in der Familie oder in Freundschaften Menschen mit solchem Assistenzbedarf haben. Das ist, falls ihr es nicht aus eigenem Erleben kennt, sehr hilfreich.) 🧵
Zumindest hier im Norden ist es so, dass die meisten Menschen, die die Schule nach der Werkstufe eines Förderzentrums verlassen, versuchen und testen, wie sie auf dem ersten Arbeitsmarkt inkl. Mindestlohn zurecht kommen. 🧵
Und viele schaffen das. Auch wir als Familie beschäftigen privat einen älteren Mann mit hohem Assistenzbedarf auf unserem Hof. Nein, er kann nicht selbstständig arbeiten. Ja, das geht trotzdem, weil seine Frau auch bei uns beschäftigt ist. 🧵
Einige aber schaffen das nicht. Weil sie beispielsweise für das Sortieren von drei Schrauben in eine Tüte pro Tüte 40 Minuten brauchen. Das ist ok, selbst wenn sie dabei eine Arbeitsassistenz haben, weil sie es gerne tun. 🧵
Aber: das funktioniert nicht ohne den Schutzraum. Unser Cousin wohnt außerdem nicht mehr zu Hause, weil er inzwischen ja auch Mitte Vierzig ist. Er hat eine 24h-Betreuung beim Wohnen und eine 7h-Assistenz beim Arbeiten. 🧵
Tatsächlich ist die Kombi auf Geldern der Arge, der Sozialbehörden und dem Lohn das, was dieses relativ selbstständige (im Sinne von: nicht bei seinen alten Eltern oder seiner Schwester) Leben ermöglicht. Plus ein Taschengeld. 🧵
Es ist eben etwas komplexer. Ja, Menschen, die weitgehend ohne Assistenz arbeiten und weitgehend ohne Betreuung wohnen, müssen aus Werkstätten raus. Zumindest hier im Norden ist das auch seit 20/30 Jahren so. 🧵
Aber andere brauchen den Schutzraum. Denn sonst werden sie wie früher nur aufbewahrt oder de facto weggesperrt. Was übrigens in einigen Ländern ohne Sonderschulen und ohne Werkstätten wieder der Fall ist. Nicht gut. 🧵
All das versucht @KerstinGriese loszuwerden in dem kurzen manipulativen Clip drüben auf Insta. Der Aktivist lässt sie aber nicht einmal 10 Sekunden ausreden. Sondern spult wie auswendig gelernt seinen Punkt ab. 🧵
Wie gesagt: der Punkt ist richtig. Aber leider an dem Bedürfnis von Menschen wie unserem Cousin vorbei. Und es ist mies, wie Kerstin von Menschen beschimpft wird, die wenig über diese Bedürfnisse wissen. /🧵
(Zumal sich mir bei diesem Clip zwei Fragen stellen: wieso arbeitet er in einer Werkstatt für angepasste Arbeit? Und: überblickt er, dass Mindestlohn dann auch Mietezahlen etc und von diesem Lohn leben heißt?)
(Und nur noch eins: am wirklich allermeisten ärgert und entsetzt mich das Verhalten der Campaignerin von change:org dabei. Sehr unangenehm.)
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Das Aufheben der Impfpriorisierung ist vollkommen falsch. Stattdessen sollten alle Familien und Schüler:innen ab 16 geimpft werden. Denn: (1/4)
Familien und Jugendliche haben sich ein Jahr lang im Gummilockdown solidarisch mit den Alten und „der Wirtschaft“ verhalten. Jetzt ist Zeit, dass wir ihnen was zurück geben. (2/4)
In keiner Altersgruppe sind die Inzidenzen so hoch wie bei Schüler:innen. Diesen Preis zahlen wir für das Offenhalten des größten Teils der Wirtschaft und für die, die Home Office so unpraktisch finden (3/4).
Leute. Ihr könnt aufhören, nach dem Sinn und der Logik der Politik der Bundesregierung oder der Interviews von Laschet und Scholz zu suchen. Ich habe sie gefunden. 🧵
Dafür war es nur nötig, mit jungen Erwachsenen und Jugendlichen zu sprechen. Könnt ihr auch, ihr seid doch online. Lasst euch mal in ein Gespräch auf Discord oder so einladen.
Die Verachtung, die ich da für CDU und SPD erlebe, ist viel stärker als „damals“ vor der Europawahl. Echt. Kein Vergleich.
Vor einem Jahr waren wir auf einem guten Weg. Der erste zaghafte „Lockdown“ hat gut funktioniert. Fast alle Menschen waren hochmotiviert. Wir hatten eine echte Chance. (1/8)
Und nur wenige Tage später (irgendwann um den 25.3. herum, wenn ich es richtig erinnere) hat dann Christian Lindner die Öffnungskampagne gestartet. Von den Nicht-Idioten war er der erste. (2/8)
Sehr bald danach folgte Laschet. Auch noch im März. Die beiden haben die politische Stimmung gekippt und das Ziel, COVID zu besiegen, durch das Ziel, so schnell wie möglich zu öffnen, ersetzt. (3/8)
Ich bin mir ziemlich sicher, dass sich in die Berichterstattung über den Impfbeginn in Halberstadt ein sehr unangenehmer Fehler eingeschlichen hat, der gerade die eine oder andere sich empören lässt. Bitte kurz diesen Faden lesen vorher. (1/10) spiegel.de/politik/deutsc…
Abgesehen davon, dass es dumm und dreist ist, unabgesprochen und ohne professionelle Begleitung durch eine Sprecherin die Impfung vorzuziehen, hat m.E. die Journalistin was krass falsch verstanden. (2/10)
Es wird - ob durch @derspiegel oder durch @dpa ist mir nicht klar - der Eindruck erweckt, nur ein Viertel der Pflegenden WOLLTE sich impfen lassen. (3/10)
Jedes Medium, jede Politikerin, die die Faschistenerzählung nachplappert, Merkel habe 2015 die Grenzen geöffnet, wird sich anrechnen lassen müssen, die Dolchstoßlegende unserer Zeit mitzustricken.
Denn: die Regierung hat lediglich die Grenzen nicht geschlossen. Sie hat sich lediglich nicht vom Mob überwältigen und treiben lassen.
Dolchstoßlegenden sind gefährlich. Auch 1918 begann es scheinbar harmlos. Und sickerte als Gift rasend schnell ins kollektive Bewusstsein der Bürgerlichen.