"Studie zu Long-Covid-Patienten – Fast 80% haben nach einem Jahr Beschwerden“

Solch Überschriften und auch solch nachfolgende Abstracts wie im Artikel von @ntvde sollte es nicht geben. Sie suggerieren, dass 80% der Infizierten auch nach einem Jahr Beschwerden haben werden. (1/n)
@ntvde Doch die Studie ist offensichtlich nicht repräsentativ.
1.) Selection Bias – 32,3% der untersuchten Personen waren hospitalisiert. Kein Wert, der für die Bevölkerung repräsentativ ist. Eine Altersverteilung wurde nicht angegeben. (2/n)
@ntvde Beispielsweise hatten 12,5% der 96 in die Studie einbezogenen Personen Asthma, 35,1% Bluthochdruck, 24% Adipositas (BMI > 30).

2.) Mit 96 Personen gab es nur eine sehr geringe Anzahl untersuchter Personen.

(3/n)
@ntvde 3.) Ursprünglich haben 146 Personen an der Untersuchung teilgenommen. Davon wurden 50 Personen nicht einbezogen, weil sie nicht vollständig während der 12 Monate nach Symptombeginn berichteten. Doch gerade die Gruppe der 50 Personen wiesen nach 5 Monaten ... (4/n)
@ntvde ...zumeist deutlich weniger Symptome auf, als die 96 in der Gruppe der einbezogenen Personen (64% zu 78,1%). Bei den Einzelsymptomen gibt es teilweise erhebliche Unterschiede:
- Halsschmerzen: 2% zu 6,3%
- Erbrechen/Übelkeit: 0% zu 3,1%
- Durchfall: 2% zu 6,3%
... (5/n)
- Geschmacksverlust: 8% zu 18,8%
- Riechstörung: 10% zu 20,8%
- Husten: 2% zu 14,6%
- reduzierte Belastbarkeit: 32% zu 53,1%
- Schlafprobleme: 24% zu 32,3%
- Kopfschmerzen: 4% zu 19,8%
- Kältegefühl: 0% zu 10,4%
- Körperschmerzen: 10% zu 19,8%
- Schüttelfrost: 0% zu 17,7%
(6/n)
Es ist demnach denkbar, dass gerade die, bei denen sich nach den 5 Monaten im Verlauf der 12 Monate weniger oder keine Symptome aufgetreten sind, so dass diese Personen keine weiteren Angaben machten. (7/n)
4.) Unspezifische Symptome: Es wurden Befragungen zu Symptomen durchgeführt, die einerseits auch von anderen Erkrankungen herrühren können (bspw. Halsschmerzen, Erbrechen, Durchfall, Husten, Kopfschmerzen, Kältegefühl, Schüttelfrost), ... (8/n)
als auch durch den Lockdown selbst hervorgerufen werden können (bspw. reduzierte Belastbarkeit, Schlafprobleme, Konzentrationsprobleme, Fatigue). Um die Kausalität zu untersuchen, hätte es einer Vergleichsgruppe bedarft, die eine ähnliche Demographie und ... (9/n)
...ein ähnliches Vorerkrankungsbild aufweisen, wie die in die Studie einbezogenen Personen, jedoch COVID-19 negativ waren.

Es bedarf unbedingt repräsentativer Untersuchungen zu Long-Covid, die eben nicht nur eine Korrelation zeigen, sondern die Kausalität ausarbeiten. (10/10)

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20 May
Als Modelierer lassen mich solche Artikel verwundert zurück. Es wird nicht ausreichend berücksichtigt, dass Aufhellung des Dunkelfeldes zum Anstieg der Fallzahlen beigetragen haben. Es wurde auch nicht bei der Präsentation der Modelle kommuniziert. fr.de/wissen/corona-… (1/23)
Doch die gemeldeten Fallzahlen, die den Anstieg der Aufhellung des Dunkelfeldes beinhalten - durch Schnelltests bei meist asymptomatischen Gruppen (Kita-Kinder, Schüler) und anschließender Verifizierung durch PCR-Test - sind die Grundlage für die Modelle. (2/23)
Wenn ich nun diese Datengrundlage nehme und den Anstieg prognostiziere, tue ich so, als wenn die Aufhellung des Dunkelfeldes die Änderung des Infektionsverlaufs widerspiegelt. Das ist jedoch nicht so, denn zumindest ein Teil des Anstiegs ist dem Testverhalten zuzuschreiben.(3/23)
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2 May
@OlafGersemann @welt Das Problem ist die Datengrundlage, auf derer die Prognosen beruhen und die Nichtberücksichtigung von Parametern, wie Saisonalität. Als Data Scientist mit Expertise im Bereich Prognosen muss ich das so klar sagen. Wir brauchen verlässliche Daten. (1/11)
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