Bevor ich den #Spiegel-Titel gelesen habe, war ich mit Freund:innen Biertrinken. Einer hatte einen Freund mitgebracht, der happy war, rauszukommen – und todmüde, denn die letzten 14 Nächte hatte er mit dem Kind durchgebracht, weil es abgestillt wurde. 1 moderner Vater also. 1/13
Das sei auch einfach hart, neben der Vollzeitarbeit, erzählte er mir. Ich stimmte zu. Auf meine Frage, warum er Vollzeit arbeite, sagte er: Er überlege nun, zu reduzieren, denn seine Frau werde auch wieder anfangen zu arbeiten. Aber das sei in seinem Job quasi nicht möglich. 2/13
Er ist Art Director mit Personalverantwortung und muss viel reisen. Ich fragte ihn, wer denn Teilzeit für Väter durchsetzen soll, wenn nicht die in guter Position Festangestellten. Aber soll ich das jetzt durchkämpfen nur für die Generationen nach mir? fragte er. 3/13
Ich (verzichtete auf Verweis auf jahrhundertelange feministische Kämpfe) und sagte: Nein, vielleicht kommst auch du mal in einen Job, wo es schon jemand vorher durchgekämpft hat – und ja, denk zB dran, dass deine Söhne Väter werden könnten. 4/13
Er sagte, er wolle aber seiner Frau auch etwas bieten können. (tatsächlich exakt diese Formulierung) Wenn er aber seine Frau frage, was sie sich von ihm wünsche, sage die: mehr Zeit für die Familie. 5/13
Ich schreibe das hier so detailliert auf, weil ich ehrlich überrascht war. Ein absolut nicht-machohafter Mann, ein aktiver Vater, hat 2021 das Gefühl, Vollzeit arbeiten zu müssen, obwohl d Mutter seiner Kinder sich etwas anderes wünscht. Er hadert auch damit, ist unglücklich 6/13
Aber er hat Angst, aus einer Rolle auszubrechen, die er für sich vorgefertigt sieht. Es fehlen die Vorbilder und er hat noch nicht verstanden, dass er selbst eins sein muss. (Was ihn allerdings nicht abhält: #MaternalGatekeeping) 7/13
Meine Erwartungen an #moderneVäter in Hetero-Beziehungen:
1) Wenn du Vater werden möchtest, sprich mit deiner Partnerin darüber, wie du dir die Aufteilung der Sorgearbeit vorstellst. Ja, sprich es von dir aus an. Ja, VOR der Schwangerschaft (...wenn möglich). 8/13
2) Nimm mindestens die Hälfte der Elternzeit. Ja, auch gegen den Widerstand deiner Vorgesetzten. Ja, auch wenn deine Partnerin vorschlägt, du könntest doch auch nur zwei Monate nehmen. 9/13
3) Übernimm mindestens die Hälfte der Sorgearbeit. Reduziere deine Lohnarbeitszeit so, dass das klappt. 10/13
4) Und, banalster aber entscheidender Punkt: Sei dir im Klaren darüber, dass es genauso dein Kind ist, wie ihrs. Es geht nicht ums Helfen. Es ist eine gemeinsame Aufgabe. Es gibt nichts, das sie besser kann oder weiß, nur weil sie die Mutter ist. Ihr müsst es beide lernen. 11/13
Außerdem unterschreibe ich, was @dasnuf sagt: Erinnert euch mal dran, dass ihr euch liebt. (stark verkürzt, lest den Text)

12/13
dasnuf.de/offene-wunden/
Der müde Vater war übrigens gar nicht sauer über meine Fragen. Er denkt jetzt drüber nach, sagt er. 13/13

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