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Aug 23, 2021 11 tweets 6 min read Read on X
Gen. Walter Warlimont (1894–1976) ist den meisten vor allem durch seine Funktion im Oberkommando der Wehrmacht und durch d Verurteilung zu lebenslanger Haft im OKW-Prozess bekannt. Vielmehr weiß man aber zu »Hitlers elegantestem General« kaum. Daher nun Teil I: #Reichswehr. 1/11
Die »zentrale« Sekundärliteratur zu Warlimont ist ein schmaler Aufsatz von Horst Mühleisen von 1998 in »Hitlers militärische Elite«. Eher beiläufig wird hier seine Dienstzeit zwischen 1918 und 1933 abgehandelt. Ist er also ebenso beiläufig ins OKW geraten? 2/11
#Militärgeschichte
Als Sohn eines Buchhändlers geboren äußerte er schon früh seinen Berufswunsch: Militärdienst. Noch im Frühjahr 1913 trat er als Fahnenjunker in das Fußartillerie-Regiment 10 ein, in dem fast durchgängig bis zum Kriegsende als Regimentsadjutant an Ost- und Westfront diente. 3/11
Nach der Niederlage meldete er sich – ebenso wie Reinhard Heydrich – zum Freikorps Maercker, um »Unruhen« in Mitteldeutschland zu unterdrücken. Im Anschluss wurde er als einer der wenigen Offiziere des »Alten Heeres« in die Reichswehr übernommen (Artl.Rgt. 6). 4/11
In der #Reichswehr begann für ihn eine höchst ungewöhnliche Offizierskarriere: Nach der Adjutantenlaufbahn wurde Warlimont zunächst durch die vom Versailler Vertrag verbotene Generalstabsausbildung geschleust. Die geheimen Rüstungsanstrengungen waren ihm daher wohl vertraut. 5/11
1925 erfolgt die nächste Karrierestufe: Reichswehrministerium. Hier arbeitete er bis 1934 im Nachschubstab des Heereswaffenamtes, der u.a. die geheimen rüstungswirtschaftlichen Projekte und Planungen der Reichswehr (basierend auf den Erfahrungen des #WWI) koordinierte. 6/11
In dieser Position hatte Warlimont erstmals Kontakt zur damaligen und späteren Elite der Reichs/Wehrmacht und sympathisierte mit den Reformern d Reichswehr. Zu Kurt v. Schleicher kommentierte er, dass er sich bei diesem »1926ff politisch in guter Hut gefühlt« habe. 7/11
Sein Weg führte ihn aber an ungewöhnliche Orte. Durch die Ehe mit der Deutschamerikanerin Anita von Kleydorff heiratete er in das Bierimperium Anheuser-Busch ein und qualifizierte sich durch seine Englischkenntnisse, die er u.a. in UK erworben hatte, für besondere Aufgaben. 8/11
So wurde er als Rüstungsspezialist 1929/30 zur #USArmy kommandiert und erhielt als 1 der ersten ausländischen Offiziere Zugang zum Army Industrial War College. Ein dort gehaltener Vortrag gibt Aufschluss über die dt. Erfahrungsverarbeitung zur industriellen Mobilmachung. 9/11
Eine Besonderheit d Vortrags: Warlimont hob hier die Tätigkeit Walther Rathenaus bei der Bewirtschaftung kriegswichtiger Rohstoffe zu Beginn WWI hervor. Im Standardwerk d Reichsarchivs ›Der Weltkrieg 1914 bis 1918‹ wurde er wegen seiner jüdischen Herkunft totgeschwiegen. 10/11
Fazit: Warlimont nahm einen für die Reichswehr ungewöhnlichen Karriereweg + gehörte einer kleinen Gruppe von Spezialisten an, die die rüstungswirtschaftliche Mobilmachung plante und sich damit für eine höhere Verwendung empfahl. 11/11

Für mehr (ganz selbstreferentiell) https://www.schoeningh.de/view/title/53375

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Mar 11, 2022
Ein »missing link« der dt. #Militärgeschichte? – Als die #Reichswehr zwischen 1919 und 1921 auf eine Stärke von 100.000 Mann reduziert wurde, etablierte sich die Schutzpolizei ab 1919 gleichsam als Filiale des Heeres bzw. als »zweite Streitmacht auf deutschem Boden«. 1/9
Allein in Preußen gehörten 55.000 Mann der Schupo an, die anfangs aus Armeebeständen versorgt wurde. Ihre Ausrüstung stand dabei der Reichswehr zunächst kaum nach: Karabiner, Maschinenpistolen, Handgranaten und bis 1921 in geringer Anzahl auch Panzerwagen. 2/9
In der öffentlichen Wahrnehmung wurde die Schupo daher nicht grundlos als »Ersatz« für die Reichswehr bzw. das ehemalige Heer gesehen. Verstärkt wurde dieser Eindruck zudem durch die Übernahme ehemaliger militärischer Einrichtungen/Garnisonen. 3/9
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Jan 5, 2022
Typische #Nachkriegswege/-kontinuitäten – Nachdem Wilhelm Meendsen-Bohlken (1897-1985) als Chef der Rüstungswirtschaftlichen Abteilung im Wehrwirtschaftsstab (#OKW) tätig war, übernahm er 1941 das Kommando über d Kreuzer Admiral Scheer, ab Juli 1944 sogar das Flottenkommando. 1/5
Nach der Entlassung aus der #Kriegsgefangenschaft Ende 1946 entwickelte sich seine weitere Karriere zunächst schleppend. Er diente als Matrose auf dem Küstenmotorschiff Hindina, das zwischen Bremen und Norderney pendelte. Eine für ihn »beschämende« Erfahrung. 2/5
Netzwerke und berufliche Qualifikation brachten ihn jedoch wieder in alte Gefilde. 1949 wurde er durch einen ehemaligen Kollegen an den #BDI vermittelt, wo er trotz oder gerade wegen seiner militärischen Herkunft mit offenen Armen empfangen wurde. 3/5
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Dec 3, 2021
OTD 4.12.1941 »Der Vorabend der Schlacht aus unterschiedlichen Perspektiven« – Einen Tag vor dem Beginn der sowjetischen Gegenoffensive vor Moskau wurde in Abhängigkeit von der Nähe zur Front die Situation äußerst unterschiedlich bewertet. 1/6 https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Moskau#/media/Date
Mitte November 1941 hatte der Generalstab des Heeres die zweite Phase der Offensive auf Moskau eröffnet – trotz der Meldungen über neue Feindkräfte, die materiellen/personellen Ausfälle der Verbände, die beständig fallenden Temperaturen und das Fehlen eines Winterstellung. 2/6 https://de.wikipedia.org/wiki/Schlacht_um_Moskau#/media/Datehttps://en.wikipedia.org/wiki/Battle_of_Moscow#/media/File:M
Der Befehlshaber der angreifenden Heeresgruppe Mitte – Generalfeldmarschall Fedor v. Bock – ahnte jedoch bereits, dass die Angriffskraft der »Truppe« bald erlahmen würde und warnte am 3.12. den Chef des Generalstab des Heeres Generaloberst Franz Halder. 3/6
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