Die Strompreise explodieren doch wie funktioniert eigentlich der Strommarkt? Und würden Erneuerbare Energien helfen und warum? Zunächst: Am Strommarkt wird für jede Stunde ein Preis ermittelt der für ALLE Erzeuger und Verbraucher zu diesem Moment gültig ist (unified pricing) /1
Wie bildet sich dieser Preis: es gibt Erzeuger und Verbraucher die jeweils Gebote abgeben. Die Verbraucherseite ist (aktuell) relativ inelastisch. Sprich die Höhe des Verbrauchs ist großteils unbhängig vom Preis (Keiner schaltet wg. hohen Preisen ab). Auf der Erzeugerseite /2
bieten die Kraftwerke mit ihren jeweiligen Grenzkosten (Betriebskosten im MOMENT, die Investitionskosten vorab sind in irrelevant!). Da im Betrieb keine Kosten entstehen bieten z.b. Wind/PV mit 0 Euro (bzw. aufgrund Förderung teilweise sogar <0) /3
Danach kommen die Kernkraftwerke mit ebenfalls sehr geringen Grenzkosten und dann je nach Brennstoff/CO2-preisen Braunkohle, Steinkohle und am teuersten aktuell GaskKWe. Man spricht von der "Merit Order". Sobald genug Angebot für die Nachfrage da ist entspricht der Strompreis /4
den Grenzkosten des teuersten KWs. Den Preis in jeder Stunde kann man gut abschätzen: Man "fülle" Nachfrage beginnend mit günstigsten bis teuersten auf. Wenn zB EE, Nuklear, Kohle+Gas gebraucht werden setzt das GasKW Preis. Aktuell sind das bis zu 85€/MWh fürs Gas plus CO2 /5
1 MWh Gas verursacht 0,2t CO2, bei einem Preis von 60€/t kommen also 12 €/MWh auf die 85€/MWh drauf. Das war jetzt nur der Brennstoff. Da das Kraftwerk Wirkungsgrad hat (z.B. 60%) müssen die Kosten durch 0,6 geteilt werden, was ~160€/MWh Strom ergibt. Das heißt: /6
Für jede Stunde in der Gaskraftwerk benötigt wird liegt der Preis in dem Bereich bzw höher weil Wirkungsgrade teilw. deutlich schlechter. Klar, dass der Gaspreis voll durschlägt. Wenn jetzt z.b. mehr Wind ins System kommt, setzt GasKW u.U. nicht mehr Preis, sondern Steinkohle /7
Bei Kohle ist der CO2 Faktor 0,33t/MWh und der Wirkungsgrad schlechter. Dafür kostet die Kohle nur im Bereich 10-20/MWh. So geht es weiter, wenn an einem Zeitpunkt nur noch EE im System sind (viel Wind an sonnigem Tag) ist der Preis 0 bzw. teilw. negativ. Was heißt es nun: /8
Mehr EE wird häufiger zu niedrigeren Marktpreisen am Spotmarkt führen (die Umlage kommt anschließend). Es wird daher das Marktpreisniveau senken. Was man allerdings auch sieht: sobald wir keine Kohle und Kernenergie mehr haben wird Gas auf längere Zeit häufiger Preis setzen. /9
Wir sollten daher sehr schnell EE ausbauen aber gleichzeitig versuchen Gas zu diversifizieren (auch grün H2 Import) um die Erpressbarkeit durch Russland zumindest etwas zu reduzieren. Die Bedeutung von Gas wird leider erstmal zunehmen und sollte dann schnellstmögl. abnehmen. /10
PS: das war jetzt ein sehr grober Abriss und es fehlen sich das ein oder andere Detail, von redispatch über genaues Gebotsverhalten bis Nachfrage Elastizität (welche in Zukunft mehr wird, zb E-Autos) etc etc. Ging jetzt nur um Wirkung Gaspreis-> Strompreis
Und noch eine Ergänzung, da es jetzt wohl viele Lesen, für viele der genannten "Details" und darüber hinaus plus sehr neutrale Kommentierung zu den Themen empfehle ich @maurerchr zu lesen.
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Meiner Meinung nach war es ein Fehler das #Tempolimit immer als Klimaschutzmaßnahme zu diskutieren. Der Effekt ist da, aber überschaubar. Um was es eigentlich geht ist Verkehrssicherheit und das sollte man fundiert diskutieren. Und auch, was bedeutet es fürs autonome fahren? 1/3
Persönlich bin ich VW Bus Cruiser aber habe nichts dagegen wenn andre schneller fahren. Was mich allerdings total nervt und wo ich auch Gefahr sehe: Man fährt nach links um zu überholen, sagen wir mit 135km/h und dann kommt der Q7 mit 200km/h von hinten und fährt ganz nah auf,2/3
Lichthupe an, kein Abstand, evtl, rechts überholen etc. Vielleicht könnte man auch einen Kompromiss finden: Zunächst 150km/h Limit und bessere Abstandsüberwachung mit hohen Strafen? Fürs Klima wäre mehr Tempo bei der Elektrifizierung der Flotte wichtiger. My cents #Tempolimit
Weil ich heute schon mehr über Emissionshandel gelesen haben hier ein paar Gedanken von mir. Zunächst das "Loblied" und dann die Probleme bzw. Ergänzungen die es brauchen wird. (1/10)
1) Ein umfänglicher Emissionshandel ist die sicherste Möglichkeit ein genau spezifiziertes Emissionsziel punktgenau zu erreichen. Man begrenzt durch Vorgabe die genaue maximale Menge an CO2 die emittiert werden darf. Es bildet sich darauf hin ein Markt und entsprechender Preis.
2) Die andere Möglichkeit wäre die Steuer. Hier kann der Staat zwar den Preis definieren aber die emittierte Menge bleibt unklar. Daher bleibt auch unklar ob Ziel tatsächlich erreicht wird. Auch andere Maßnahmen können nie so sicher das Ziel der Emissionsreduktion erreichen.
Schöne Zsfsg. Ich teile vieles, insb. braucht es Lösung für Wind und in Städten weniger Autos, Infrastruktur Fahrrad. Zu Wissenschaftler fragen: wir (TUM) haben 2016 fürs BY Ministerium gearbeitet, Stromlücke aufgezeigt: stmwi.bayern.de/fileadmin/user…
Paar Punkte sehe ich leicht anders:
1)Wunsiedel ist ein tolles Projekt inkl. H2 Produktion mit Abwärmenutzung etc. etc. (bin ja Ex-Siemensianer). Trotzdem: Solange es die Stromlücke in BY gibt sollte man zuerst diese schließen, dann elektrifizieren wo möglich und erst dann H2/Synfuel. In Zwischenzeit H2 Import.
zu 1): Man weckt sonst falsch Hoffnungen, dass wir hier nur viele Eletrolyseure aufstellen müssen und dann ist es gut. Daher auch der von #Söder noch genannte Forschungsfokus Synfuels problematisch, da BY hierfür nicht die besten Bedingungen hat. Forschung natürlich immer gut:-)