Ich werde Euch nicht erzählen, dass auf dem Balkan binnen Monatsfrist der nächste Krieg droht.

Aber in Bosnien versucht Milorad Dodik gerade auszutesten, wie weit er seine Sezessionsspiele treiben kann und droht, im Falle einer äußeren Intervention damit "seine Freunde" um
militärische Hilfe zu bitten. Er meint Serbien und Russland.

Im Nordkosovo stehen die Zeichen nach kurzer Beruhigung auf Konfrontation. Serbiens Aleksandar Vučić erklärt zwar, dass er eine friedliche Lösung will, betont jedoch gleichzeitig ständig, dass Serbien eingreifen werde
wenn es zu Pogromen komme. Von denen natürlich überhaupt keine Rede sein kann.

In Montenegro wird ein Konflikt um die Nationalidentität inzwischen so zugespitzt, dass es bei der Inthronisierung des Metropoliten der serbisch-orthodoxen Kirche zu Ausschreitungen kam.
Ich werde jetzt nicht in den Chor derer einstimmen, die hier wahlweise der serbischen Regierung oder gleich "den Serben" an sich vorwerfen, den nächsten Krieg vorzubereiten.

Aber Belgrad zündelt natürlich da überall mit. Innenminister Vulin redet davon, dass es die Aufgabe
seiner Politikergeneration sei, eine "serbische Welt" zu errichten, Serben überall dort zu verteidigen, wo sie leben. Eine Rhetorik, die bewusst Ängste schürt. Als ob Serben in Bosnien, Montenegro, Kroatien oder dem Kosovo die Ausrottung drohe.

Das ist in der Tat die Rhetorik,
die man von Anfang der 90er kennt. Noch nicht mal ein neues Gewand hat sie sich zugelegt.

Natürlich ist Serbien nicht in der Lage, irgendwo ernsthaft militärisch einzugreifen. Darum geht es Vučić und Vulin nicht. Ihre Angstrhetorik dient dazu, die Konflikte am Köcheln zu halten
Solange es sie gibt, kann sich die Regierung in Belgrad nicht nur nach Innen als Beschützer der "serbischen Welt" inszenieren und so ihre nationalistische Klientel bedienen, es gibt auch auf internationaler Ebene keinen Weg an ihr vorbei. Vučić ist der to-go-Mann für die
Internationale Gemeinschaft, Vermittler, Friedensstifter und Brandleger in einer Person.

Vor allem bei den Konflikten in Montenegro und im Kosovo muss man auch die Rolle der anderen Seite kritisch betrachten. Wer das tut, wird hier bei Twitter gerade gerne ald Apologet
Großserbiens verleumdet. Geht schnell dieser Tage.

Aber hier geht gerade um die Rolle der serbischen Regierung. Wir erinnern uns: Serbien ist EU-Beitrittskandidat. Und irgendwie finde ich die Kritik aus Brüssel gerade unüberhörbar leise.
Ihr habt jetzt hier eine notwendig kurze Twitter-Analyse gelesen. Und vielleicht habt Ihr - vor allem in Deutschland - auch zum ersten Mal davon gehört. Das wundert mich nicht. Denn zwar gibt es zu den einzelnen Konflikten immer wieder Berichterstattung, aber für die umfassende
Analyse, welche die gesamte Region in den Blick nimmt und erklärt, warum dort gerade teilweise die Nerven Blank liegen, scheint der deutschen Medienwelt der Balkan doch wieder nicht interessant genug...

• • •

Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh
 

Keep Current with Danijel Majić

Danijel Majić Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

PDF

Twitter may remove this content at anytime! Save it as PDF for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video
  1. Follow @ThreadReaderApp to mention us!

  2. From a Twitter thread mention us with a keyword "unroll"
@threadreaderapp unroll

Practice here first or read more on our help page!

More from @DanijelMajic

11 Oct
Hier sind in letzter Zeit ein paar Idioten unterwegs, die @Krstorevic und mich beschuldigen, "großserbische Narrative" zu verbreiten.

Zur Abwechslung ist es nicht der Ustascha-Opa aus Bensheim

Hier ein paar Sendungen zum nachhören, wie "großserbisch" wir unterwegs sind
Read 4 tweets
20 Aug
Thread: Relativierung von Ustascha-Verbrechen

Vor einigen Tagen erschien in der @Jerusalem_Post
dieser Artikel hier. Ein Meinungsstück, in dem behauptet wurde, dass es keine Beweise dafür gebe, dass im KZ Jasenovac mehr als 4.500 Menschen gestorben seien.
Das Stück war an Dreistigkeit kaum zu überbieten. Wortreich aber faktenarm wurden Jahrzehnte Forschungsarbeit zum größten Todeslager der Ustascha in Abrede gestellt, ein renomierter kroatischer Historiker verunglimpft und Jasenovac als Mythos serbischer Propaganda dargestellt.
Klingt wie aus der Feder eines beliebigen rechtsextremen kroatischen Portals, oder? Stimmt. Nur dass es eben in einer israelischen Zeitung erschien. Und der Autor angeblich ein jüdischer Journalist aus Australien sein sollte.
Read 18 tweets
20 Aug
This is Blanka Matković, a Historian at @warwickuni, that for years has been trying to prove that Jasenovac, the biggest death camp of the ustasha, was also used by Titos regime. Here she admits, that she not only knows who wrote the factless revisionist op-ed for @Jerusalem_Post
using the fake identity of a jewish journalist from Australia, she even says that the man behind this article is a member of the Rudolf-Horvat-Association that she presides over. She then continues vowing that she will protect his real identity from the "hyenas" from Belgrade
Let that sink in, especially you @warwickuni ! A "historian" admits that a member of an association that she presides over, placed a revisionist op-ed full of baseless claims, which aim to downplay the crimes commited by the ustasha, in a newspaper.
Read 5 tweets
18 Aug
Das lese ich gerade. Viele von Euch bestimmt auch. Will gar nicht über das Buch, von dem ihr eh schon alle gehört habt, reden. Will Euch aber wissen lassen, was mich dazu gebracht hat, es zu lesen. Und das hat mit einem Podcast zu tun. 1/4 Image
Eigentlich hatte ich kein Interesse an "Identitti". Hat nichts mit dem Thema des Buches zu tun aber mit dem Hype darum. Geht Vielen bestimmt so - wenn ein Buch, eine Serie, ein Film permanent in den Medien ist, verdirbt mir das erst mal Lust. Ist ein Reflex, nichts rationales.2/4
Warum lese das Buch dann jetzt trotzdem. Weil ich vor knapp zwei Wochen dieses unglaublich spannende, lehrreiche Gespräch von @jagodamarinic mit @Msanyal bei "Freiheit Deluxe" gehört habe. Und dabei ständig dachte: Dieses Buch muss ich lesen 3/4
hr2.de/podcasts/freih…
Read 4 tweets
18 May
Ein paar Gedanken zum Franco A.-Interview bei RT-Deutschland.

Es ist erstmal äußerst ungewöhnlich, dass ein Angeklagter insbesondere so kurz Prozessbeginn die Öffentlichkeit sucht. Es ist auch eher nicht ratsam. Und ich meine am Anfang des Interviews rauszuhören, dass das nicht
die Idee seiner Anwälte war. Bei Franco A. wundert aber gar nichts. Im aktuellen Zeit-Magazin könnt ihr nachlesen, dass er von sich aus den Kontakt zur Kollegin @rprtrn gesucht hat...Und wir er am Ende nicht zufrieden mit dem war, was er bekam. Das ist das Pech von Franco A., das
er es bislang mit JournalistInnen zu tun hatte, die seine Version nun einmal kritisch abgeklopft haben. Siehe auch Taz: Ein Deutscher Soldat und die Reportage der NYT.

Sie alle haben Franco A. nicht die Bühne geboten, die er suchte.

Also geht er zu RT Deutschland
Read 12 tweets
6 Apr
Thread
Heute mal was anderes von den patridiotischen Katholiban aus Kroatien

#Antiziganismus

Seit einigen Tagen erschüttert das Schicksal dieses Mädchens das Land: Nikoll
Dir Zweieinhslbjährige war an schweren Verletzungen verstorben, die das Resultat monatelanger, schwerster Schläge ihrer Eltern waren.

Besonder dramatisch: Nikoll hatte von ihrem dritten Lebensmonat bis zum letzten Herbst in einer Pflegefamilie gelebt und sich dort gut entwickelt
ehe das Sozialamt von Nova Gradiška entschied, dass das Kind zu seiner biologischen Familie zurückkehren müsse.
Read 13 tweets

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3/month or $30/year) and get exclusive features!

Become Premium

Too expensive? Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal Become our Patreon

Thank you for your support!

Follow Us on Twitter!

:(