Während sich Autor*innen und Verlage bei "Fair lesen" auf die Bibliotheken einschießen, freut sich Amazon als lachender Dritter. (Mit Video am Ende des Threads)
Mit der Initiative "Fair Lesen" fordern Autor*innen und Verlage, dass Neuerscheinungen nicht sofort als sogenannte "Onleihe" in öffentlichen Bibliotheken zur Verfügung stehen. Denn die ersten Monate nach dem Erscheinen eines Buches sind ökonomisch die entscheidenden.
Wie hier allerdings von den Autor*innen argumentiert wird, ist erschreckend. Da wird von "erzwungene(r) Online-Ausleihe zu Niedrigpreis-Bedingungen" geschwafelt, was schlichtweg gelogen ist.
Denn öffentliche Bibliotheken müssen teuere Lizenzen für E-Books erwerben - oft teurer als der reguläre Preis einer Printausgabe.
Zudem unterliegt die Onleihe immer dem Prinzip "Eine Lizenz - eine Ausleihe", d.h. im Gegensatz zu Flatrates, wie sie z.B. Amazon mit "Kindle Unlimited" oder "Prime Reading" anbietet, kann pro Lizenz auch immer nur das Buch an eine*n Nutzer*in zeitgleich ausgeliehen werden.
Worüber sich Autor*innen zu Recht ärgern, sind die fehlende Bibliothekstantieme - aber anstatt sich hier mit den Bibliotheken zusammenzuschließen und sich gegenüber der Politik zu positionieren, bringt man mit Halbwahrheiten die Bibliotheken gegen sich auf.
Folgt man der Logik der Auto*innen und Verlage, dann dürften auch gedruckte Bücher nicht sofort nach Erscheinen von Bibliotheken ausgeliehen werden. Worin liegt dann der Mehrwert von Bibliotheken? Wie kommen Menschen mit geringerem Einkommen in den Genuss von aktueller Lektüre?
Man klagt zudem über die schlechte Vergütung - unterwirft sich aber klaglos den Knebelverträgen von Amazon. Wäre man als Verlag oder Autor*in konsequent, würde man seine Bücher aus den Verleihprogrammen von Amazon sofort rausnehmen.
Überhaupt spielt Amazon mit seinem Monopolbestrebungen einen gefährliche Rolle. Dazu reicht ein Blick in die USA.
Zwar mögen Urheberrecht, Buchvertrieb und Bibliothekssystem unterschiedlich sein - im Kern aber begeben sich nicht nur Autor*innen und Verlage sondern auch wir Leser*innen in eine Abhängigkeit mit unschätzbaren Folgen, sowohl in den USA als auch bei uns.
Um so wichtiger ist es, öffentliche Bibliotheken als neutralen Vermittler von Medien, von Information, von Bildung und von Unterhaltung zu stärken - statt sie durch den Entzug von aktuellen Bücher uninteressant zu machen.
Wer ein Interesse an der Schwächung von öffentlichen Bibliotheken hat, zeigt dieses Video.

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17 Oct
Erstes Fazit nach der Kampagne #fairlesen.
Offenbar haben die meisten der Autor*innen die Forderung des @bibverband nicht gelesen, sonst würden sie nicht solche Un- und Halbwahrheiten weiterverbreiten und unterschreiben.
Lest doch bitte erstmal die Ausführungen/Forderungen des Bibliotheksverbandes - dann lösen sich viele Missverständnisse schon auf: -> bibliotheksverband.de/e-books-biblio…
-> dbv-cs.e-fork.net/sites/default/…
Das Muster dieser Kampagne kommt mir bekannt vor: Autor*innen, die man durchaus als bekannt bezeichnen kann, wirbeln ganz viel heiße Luft auf, bleiben dann in der Diskussion allerdings auffällig still.
Read 12 tweets
17 Oct
Als Sidekick zur gestrigen Diskussion zu #fairlesen und E-Books in #Bibliotheken ein kurzer Literaturtipp. Gerade in deutscher Übersetzung erschienen ist »Burning the Books : A History of Knowledge Under Attack« des britischen Bibliothekars Richard Ovenden. Image
Ovenden erzählt fesselnd die Geschichte des Wissens, in der Bibliotheken und Archive eine zentrale Rolle spielen. Denn Wissen ist bekanntlich Macht.
Er nennt fünf Gründe, weshalb wir auch künftig Bibliotheken und Archive benötigen (ich zitiere aus der mir vorliegenden englischen Ausgabe, Seite 225):
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