Erstes Fazit nach der Kampagne #fairlesen.
Offenbar haben die meisten der Autor*innen die Forderung des @bibverband nicht gelesen, sonst würden sie nicht solche Un- und Halbwahrheiten weiterverbreiten und unterschreiben.
Das Muster dieser Kampagne kommt mir bekannt vor: Autor*innen, die man durchaus als bekannt bezeichnen kann, wirbeln ganz viel heiße Luft auf, bleiben dann in der Diskussion allerdings auffällig still.
Auf den Plan treten dann Autor*innen, die eher unbekannt sind. Viele davon sind reine Selfpublisher und/oder exklusiv an die Dienste von Amazon gebunden. Genau diese reden dann von "Zwangsenteignung" - was völliger Blödsinn ist.
Denn die Titel, die ausschließlich (weil exklusiv) bei Amazon publiziert werden, erreichen die öffentlichen Bibliotheken gar nicht. Hier kann gar nichts "zwangsenteignet" werden.
Es geht um E-Books aus "regulären" Verlagen. Während die Printausgabe ab Veröffentlichung von Bibliotheken erworben und verliehen werden können, ist das bei E-Books oft nicht der Fall.
Und bislang fehlen die Bibliothekstantiemen bei E-Books, die bei Printausgaben via VG Wort an Autor*innen ausgeschüttet werden. Genau das fordert auch der Bibliotheksverband für E-Books.
Entscheidend ist doch, dass öffentliche Bibliotheken in ihrem Erwerb von E-Book-Lizenzen frei agieren können und entscheiden, welche Titel angeschafft werden. So, wie sie das seit Jahrzehnten schon bei gedruckten Büchern tun. Diese Freiheit kommt auch den Autor*innen zugute.
Während Autor*innen und Verlage mit ihrer Kampagne auf eine sehr unfaire Weise mit Lügen Fairness einfordern, verhalten sich Bibliotheken - als neutrale, unabhängige Institutionen - schlichtweg fair. Gerade gegenüber Autor*innen.
Weil öffentliche Bibliotheken keine kommerziellen Ziele verfolgen, können sie Literatur viel ausgeglichener, breiter und vielfältiger zugänglich machen, als dies kommerzielle Anbieter wie Amazon tun. Sie bieten eine Transparenz, die man beim großen A vergeblich sucht.
Denn Amazon hat vor allem den Ausbau seiner Machtposition im Sinn. Je mehr Titel exklusiv nur noch bei Amazon verfügbar sind, je ärmer und restriktiver wird der Buchmarkt. Das ist eine gefährliche Entwicklung, der unter anderem starke Bibliotheken entgegenwirken können.
Als Sidekick zur gestrigen Diskussion zu #fairlesen und E-Books in #Bibliotheken ein kurzer Literaturtipp. Gerade in deutscher Übersetzung erschienen ist »Burning the Books : A History of Knowledge Under Attack« des britischen Bibliothekars Richard Ovenden.
Ovenden erzählt fesselnd die Geschichte des Wissens, in der Bibliotheken und Archive eine zentrale Rolle spielen. Denn Wissen ist bekanntlich Macht.
Er nennt fünf Gründe, weshalb wir auch künftig Bibliotheken und Archive benötigen (ich zitiere aus der mir vorliegenden englischen Ausgabe, Seite 225):
Während sich Autor*innen und Verlage bei "Fair lesen" auf die Bibliotheken einschießen, freut sich Amazon als lachender Dritter. (Mit Video am Ende des Threads)
Mit der Initiative "Fair Lesen" fordern Autor*innen und Verlage, dass Neuerscheinungen nicht sofort als sogenannte "Onleihe" in öffentlichen Bibliotheken zur Verfügung stehen. Denn die ersten Monate nach dem Erscheinen eines Buches sind ökonomisch die entscheidenden.
Wie hier allerdings von den Autor*innen argumentiert wird, ist erschreckend. Da wird von "erzwungene(r) Online-Ausleihe zu Niedrigpreis-Bedingungen" geschwafelt, was schlichtweg gelogen ist.