#Wohneigentum in Deutschland

1⃣Verbreitung,
2⃣Freiräume und
3⃣Vermögensvorsprung

Ein #Thread Image
1⃣ Verbreitung

Der Erwerb von Wohneigentum und die Gründung einer Familie gehen Hand in Hand.

Die Wohneigentumsquote ist daher umso höher, je früher junge Familien gegründet werden, je mehr Ältere (ehemalige Familien) es gibt und je erschwinglicher Wohnungen sind.

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Da Familien seit Jahren immer seltener oder zumindest später gegründet werden, schrumpft der Nachwuchs potentieller Eigentümer.

Erschwerend kommt hinzu, dass infolge der Landflucht junger Menschen in die teuren Städte die Hürden für Ersterwerber immer größer geworden sind.

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Im Ergebnis droht die Wohneigentumsquote erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik nachhaltig zu sinken.

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Die Vorteile von selbst genutztem Wohneigentum im Hinblick auf Altersvorsorge und Eigentumsstreuung sind bekannt (s.u.). Die Vorzüge ausreichender Freiräume haben sich im Lockdown gezeigt (s.u.).

Eine Erhöhung/Stabilisierung der Wohneigentumsquote wäre also kein Selbstzweck.

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Soll der Weg in die eigenen vier Wände erleichtert werden, muss aber zunächst durch Neubau oder Schaffung von Teileigentum im Bestand ein ausreichendes und eigentumsaffines Angebot geschaffen werden.

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Dem stehen restriktive Baulandvergabe sowie Umwandlungsverbote in ETW entgegen.

Beides wirkt preistreibend sowohl im Bestand wie auch beim Neubau.

Niedrigere Erwerbskosten beim Bau oder Kauf von Immobilien bilden daher das Fundament einer beherzten Eigentumspolitik.

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Damit aber nicht genug: Viele junge Haushalte scheitern trotz passender Angebote an der Überwindung der Finanzierungshürden.

Selbst dort, wo hohe und steigende Kaufpreise dank Niedrigzinsen noch finanzierbar geblieben sind...

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...erleiden potentielle Erwerber spätestens wegen der gestiegenen Transaktionskosten Schiffbruch:
Grunderwerbsteuer, Notargebühren und Maklercour-tage sind nämlich nicht mit Fremdkapital finanzierbar.

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Dank Niedrigzinsen gelingt es jungen Menschen aber immer seltener, den davon galoppierenden Kosten hinterher zu sparen.

Eine Senkung der Transaktionskosten, bei der Grundsteuer etwa durch Herabsetzung der Steuersätze oder die Einrichtung von Freibeträgen für Ersterwerber...

/9
...wäre daher das zweite Standbein für eine nachhaltige Eigentumspolitik.

Eine Senkung der Transaktionskosten führt immer zu einer höheren Eigenkapitalquote und senkt damit die Eigenkapitalhürde (denn der Preis legt prozentual immer weniger zu als das Eigenkapital).

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2⃣ Freiräume der Wohneigentümer

Wohnungen sind ein besonderes Gut. Sie sind unteilbar und die Umzugskosten sind sehr hoch.

Als direkte Folge reagiert man bei Familienzuwachs, Auszug von Haushaltsmitgliedern oder bei Einkommensveränderungen nur zeitverzögert

/11
Im Ergebnis wohnen vor allem ältere Haushalte in „zu großen“ und Familien in „zu kleinen“ Wohnungen.

Große Wohnungen sind also im Bestand vorhanden, werden aber oft von Senioren bewohnt und stehen jungen Familien nicht zur Verfügung.

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Verfügbare Familienwohnungen entstehen daher vor allem im Neubau.

Ein Wohnungstausch im Bestand wird zwar immer wieder diskutiert, ist aber selbst mit „Zwang“ oder „Umzugsprämien“ für Senioren kaum umsetzbar.

Denn...

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...gerade im Alter wollen die Haushalte ihre gewohnte Umgebung mit ihren gewachsenen Netzwerken nicht verlassen:

„Einen alten Baum verpflanzt man nicht“.

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Insofern zeigen die großen Pro-Kopf-Flächen so mancher Senioren allenfalls langfristige Potentiale für zukünftig frei werdenden Wohnraum auf, aber keinesfalls eine Verfügungsmasse, die kurzfristige Knappheiten beseitigen kann.

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Der Neubau großer Wohnungen ist deswegen die beste Familienpolitik und die Bildung von Wohneigentum ein Teil der Lösung.

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Die Nachholeffekte Infolge der hohen Neubauzahlen nach der Wiedervereinigung und der damit einhergehenden Eigentumsbildung in den neuen Ländern waren enorm.

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Zwischenzeitlich konnten daher die anfänglich sehr großen Ost-West-Differenzen der Wohnflächen deutlich verkleinert werden.

Die schließende Schere zeigt sich vor allem beim Vergleich der 40- bis 49-jährigen Haushalte, die erst nach 1990 das Elternhaus verlassen...

/18
...und häufiger als ältere Generationen im Neubau wohnt.

Im Ergebnis besitzt mehr als die Hälfte dieser Altersklasse eine große Wohnung mit mehr als 80qm (56%). Das ist im Westen kaum öfter der Fall (63%).

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Es zeigt sich: vor allem jüngere bzw. vor allem Eigentümer beziehen Neubau und es dauert Jahrzehnte, bis durch nachrückende Generationen auch bei Älteren eine Angleichung der Lebensverhältnisse stattfindet.

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Es zeigt sich auch: Wer selbst genutztes Wohneigentum besitzt, dem steht üblicherweise eine größere Wohnfläche zur Verfügung als Mieterhaushalten. Die größere Fläche bietet vor allem auch mehr Platz und damit eher ein eigenes Zimmer für jedes Haushaltsmitglied.

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Dieser höhere Wohnkomfort ist natürlich nicht ganz unabhängig von höheren Wohnkosten und damit eher mit hohem Einkommen zu erreichen.

Aber Wohneigentümer sind nicht nur einkommensstärker, sie wohnen vor allem auch weitaus häufiger außerhalb der Schwarmstädte...

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...und dort eher in Reihenhäusern, Doppelhaushälften oder im klassischen Eigenheim.

Anders als Etagenwohnungen bieten diese Wohngebäude mehr Möglichkeiten. Insofern sind dies auch familienfreundlichere Gebäudearten, die diesen zusätzlichen Wohnkomfort ermöglichen.

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3⃣ Vermögensvorsprung der Wohneigentümer

„Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr“ – das gilt nicht nur für die zweite Jahreshälfte, sondern auch für die zweite Lebenshälfte.

Selbst genutzte Immobilien sind eine sichere Altersvorsorge und geben darüber hinaus...

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...jungen Familien ein zuhause.

Ein Erwerb empfiehlt sich daher vor dem 50. Geburtstag, Tilgung der Kredite vor dem Ruhestand. Dies erklärt, warum es 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nur noch bei Älteren strukturelle Ost-West-Unterschiede bei der Immobilienquote gibt.

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Aber Wohneigentum muss nicht immer das freistehende Eigenheim bedeuten.

Vor allem urbane Eigentümer finden immer mehr Gefallen an Eigentumswohnungen (ETW).

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ETW sind im positiven Sinne Wohneigentum „light“ und bieten etliche Vorteile: Ähnlich wie bei Mietern nimmt ein Verwalter Sorgen ab, außerdem senken die geringeren Kosten die Eigenkapitalhürde und ermöglichen so auch urbanen Schwellenhaushalten einen frühzeitigen Erwerb.

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So lebt in Großstädten mittlerweile gut die Hälfte aller Selbstnutzer auf der Etage, in Landgemeinden dagegen nicht einmal jeder zehnte.

Fehlen bezahlbare und nachfragegerechte ETW im Bestand, kann dies drastische Folgen haben: ...

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In schrumpfenden Regionen wandern junge Familien in neu gebaute Eigenheime am Ortsrand, während innerörtlich der Geschossleerstand boomt.

In prosperierenden Regionen wird jungen Familien der Weg ins Eigentum versperrt. Preiswerte, innerörtliche ETWs fehlen derzeit...

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... vor allem dann, wenn der Bestand nicht eigentumsaffin ist (z.B. Großsiedlungen), aber auch als Folge scharfer Umwandlungsverbote.

Mit dem schwarmhaften Zuzug in Großstädte wird dieses Problem zusätzlich verschärft. Umso dringender sind junge Schwellenhaushalte...

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... dort auf ETWs in preiswerten Altbeständen angewiesen.

Dabei gehen im Übrigen keine Mietwohnungen verloren, wie oft unterstellt wird, denn es gilt: Jeder neue Selbstnutzer braucht auch genau eine Mietwohnung weniger.

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Das wahre Problem ist vielmehr die allgemeine Wohnungsknappheit, die aber nur durch mehr Neubau und mehr Bauland bekämpft werden kann.

Aber wie kommen die Selbstnutzer nun zu den vielfach höheren Vermögen?

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Es mag altmodisch klingen, aber sie sparen mehr.

Das macht sich vor allem darin bemerkbar, dass sie sich seltener zu Konsumzwecken verschulden, ...

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sich mehr Gedanken um die Altersvorsorge machen und deshalb auch öfter riestern. Hinzu kommt, dass sie auch mehr sparen können, weil insbesondere in der heißen Familienphase beide Lebenspartner erwerbstätig sind; das kommt bei Mietern seltener vor.

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Wohnungsmarktpolitisch sind Selbstnutzer oder Umwandlungen also ein Nullsummenspiel.

Nicht aber vermögenspolitisch.

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Denn selbst nutzende Wohneigentümer sind am Vorabend des Ruhestandes gegenüber vergleichbaren Mietern vielfach besser fürs Alter abgesichert.

Das Gesamtvermögen der Selbstnutzer ist dann fünfmal so hoch wie bei Mieterhaushalten.

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Das gilt im Übrigen für Selbstnutzer in Eigenheime (Faktor 5,5) genauso wie für Selbstnutzer in Eigentumswohnungen (Faktor 4,5).

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Und genauso gilt es für die sonst eher unter Hedonismusverdacht stehenden Großstädter.

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Und besserwissenden Finanzmathematikern sei gesagt:

Die Entscheidung für Wohneigentum ebnet den Weg für eine höhere Altersvorsorge und bedeutet #weitaus #mehr als die #schnöde #Entscheidung, bereits vorhandenes Kapital in die eine oder die andere Anlageform zu stecken.

/39
Allerdings ist immer mehr jungen Familien der Zugang ins Wohneigentum versperrt.

Das liegt an den niedrigzinsbedingten Preisanstiegen und Baulandmangel.

In den großen „Mieterstädten“ macht sich dies durch die zuzugsbedingte Knappheit besonders bemerkbar.

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Vor allem Schwellenhaushalte scheitern dort auch am Mangel an eigentumsaffinen Bestandsimmobilien.

Das liegt an der historischen Baustruktur, aber auch an rechtlichen Einschränkungen bei der Bauplanung und der Ausweisung von ausreichend Bauland.

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Die meisten deutschen Großstädte sind eben wenig eigentümerfreundlich.

/42
Das Land mit dem höchsten denkbaren Wohlstand - das Schlaraffenland - hat ein Volksvermögen von null.

Hohe Bodenpreise sind Ausdruck der Knappheit, also Ausdruck der Armut, nicht des Reichtums.

/43
Deutschland verpasst gerade eine historisch einmalige Chance.

Mit Hilfe der Niedrigzinsen könnten breite Schichten der Bevölkerung hohe Vermögen bilden und die Ungleichheit bekämpft werden.

/end

#Mietkauf #Sozialkauf #Bauland #Grunderwerbsteuer
Und wer noch nicht genug hat,
hier die Langversion 😜

empirica-institut.de/fileadmin/Reda… Image

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Jul 27
DEM SCHWEINEZYKLUS GEHT DAS FUTTER AUS

Teil 2: Was machen jetzt die Mieten?

#Thread

tl;dr
Miete steigen, wo #Knappheit zulegt. Wird #Zahlungsfähigkeit überschritten, hilft #Transfer oder sinkt #Wohnqualität. Wo Miete nicht ausreichend steigt, drückt #Zinsanstieg Kaufpreis.

/1
1. Hintergrund

Zusammen mit womöglich explodierenden #Heizkosten könnte der abgewürgte #Bauzyklus zu erheblichen sozialen Konflikten führen.

Mieten bleiben v.a. dadurch bezahlbar und Mietbelastungen tragbar, weil die nominalen #Einkommen im Laufe des Zyklus ansteigen.

/2
2. Aktuelle Beobachtung: Trendumbruch bei Mieten

In Q2 zeigen sich zwei Trendbrüche: inserierte Preise für ETW steigen im Durchschnitt weniger als zuvor, inserierte Mieten stärker. Kein Trendbruch bei Eigenheimen (vgl. Abbildung).

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Jul 17
DEM SCHWEINEZYKLUS GEHT DAS FUTTER AUS

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#Thread

Nach 14 Jahren Aufschwung haben viele vergessen, dass der Wohnungsmarkt schon immer zyklisch war. Früher war es so: steigende Nachfrage ließ zuerst den Leerstand schwinden, ...

/1
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/2
Der Unterschied heute: zu wenig Bauland, verschärftes Baurecht und viel NIMBY-Verhalten, als Investitionsanreiz dienen sagenhafte Niedrigzinsen statt degressiver Neubau-Afa. Der Wohnungsbau sprang daher nur zögerlich an, Zinsanreize verpufften weitgehend in aufgeblasenen ...

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Read 32 tweets
Feb 15, 2021
neue Meta-Studie zum Sickereffekt

#Thread

/..
🅰️ Theorie

Der Sickereffekt hat 2 Komponenten (technisch & sozial),
die in 4 Dimensionen wirken:

▶️Laut technischem Sickereffekt machen Neubaubezieher anderswo eine Mietwohnung frei (graue Pfeile in Abb.). Dies ist weitgehend unbestritten.

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▶️Laut sozialem Sickereffekt ziehen in die frei gewordenen Wohnungen einkommensschwächere Haushalte (blaue Dimension), die so zu Mieten unterhalb des Neubauniveaus ihren Wohnwert verbessern (orange Dimension).

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Feb 6, 2021
Umwandlung von Nichtwohngebäuden in Wohnraum –
ein Lösungsansatz?

#Thread

@mieterbund @ImmoZeitung @MFabricius @hausundgrund_de

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Einerseits:

Grundsätzlich ist die Umwandlung von Nichtwohngebäuden in Wohnraum ein geeignetes Instrument, um sowohl fehlende Qualitäten als auch quantitative Engpässe zu beseitigen.

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Außerdem können durch Umwandlungen städtebauliche Missstände beseitigt oder ganze Stadtquartiere aufgewertet werden (externe Effekte).

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Read 21 tweets
Jan 29, 2020
Wien - Ein Paradies für Mieter?

Der #Wohnungsmarkt in #Wien besteht aus (mindestens) vier Teilmärkten.

Jeder unterliegt anderem Mietrechtsregime, die Unterschiede sind sehr groß.

„Die“ Wiener Wohnungspolitik gibt es daher nicht.

#Thread

/1
Teilmarkt 1/4: Private Altbauten
(rund 34% des Mietwohnungsbestandes)

Miethöhe 1917 als Notmaßnahme gesetzlich begrenzt.

Anpassung „Richtwertmiete“ folgt Kostenmietprinzip.

Kompliziertes Zu-/Abschlagssystem, zulässige Miethöhe oft unklar, tatsächliche Miete oft höher.

/2
Trotzdem wenig Streit, denn typischerweise erfolgt befristete Vermietung auf drei Jahre und befristete Verlängerung, wenn Vermieter-Mieter-Verhältnis ungetrübt...

/3
Read 26 tweets

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