Der Bezirk Tamsweg (a.k.a. Lungau) im Herzen Österreichs weist seit Tagen die bundesweit mit Abstand höchste 7-Tages-Inzidenz auf (heute: 2.545, siehe Bild). Heute bin ich wieder auf einen besonders enervierenden Grund (unter vielen) dafür gestoßen. Dazu ein Thread. 1/7 !B
Vor knapp 3 Monaten habe ich schon von einer Impfgegnertagung erzählt, die im Juni (und auch schon 2020) ausgerechnet in Tamsweg stattgefunden hat - katholisch-traditionalistisch grundiert, initiiert vom ehem. Amtsarzt (!) des Bezirks. Näheres hier:
Dass auf dieser Tagung gefährlicher Unsinn verzapft wurde, kann sich ausrechnen, wer sich das Programm ansieht. WIE schlimm es war, habe ich erst heute erfahren - aus einer Corona-Verschwörungs-Postille, die eine Rede der Tagung abgedruckt hat, gehalten von Johann Wilde. 3/7
W. ist ein bekannter Name in der Anti-Abtreibungs-Szene & über die "Ärzte für das Leben" mit den Tagungsorganisatoren verbunden. Auf der Tagung bezeichnete er die Impfung u.a. als “Höllen-Cocktail” und behauptete 12.000 Impftote in den ersten sechs Monaten allein in Europa. 4/7
In Wildes Wahnwelt sind ein "Genozid" und eine "Impf-Euthanasie" im Gange und agieren "Ärzte wieder als Vollziehungsgehilfen [...] eines verbrecherischen Regimes". Zur Krönung richtete er Eltern aus, Impfung bedeute für ihre Kinder "Tod oder lebenslanges Siechtum." 5/7
Erklärt diese Rede nun die heutige Lage im Bezirk? Natürlich nicht. Aber es illustriert imho die lokale Mentalität, dass eine Tagung mit gemeingefährlichen Verrückten (& NS-Verharmlosern) wie Wilde mit Grußwort des Bgm. und ohne jeden öffentl. Aufschrei stattfinden konnte. 6/7
Schlusspointe: dass Vernunft dieser Tage nicht nur in der Provinz schweren Stand hat, zeigt d Umstand, dass am selben Tag (19.6.) die ~ selbe Rede auch auf einer Demo in Wien verlesen wurde: auf dem "Marsch für die Familie" (das @doew_at berichtete: doew.at/erkennen/recht…). 7/7
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Eine Paradoxie der politischen Debatte über die Pandemie und ihre Bekämpfung: genau jene, deren Geschäftsgrundlage im systematischen Schüren von Ängsten besteht, echauffieren sich nun über vermeintliche Angstmacherei. Ein kleiner Thread zum politischen Spiel mit der #Angst. (1/7)
Rechtsextreme Politik ist grundsätzlich immer Angstpolik: Menschen sollen sich maximal fürchten und sich gleichzeitig möglichst ohnmächtig fühlen. Genau dann suchen sie nämlich Zuflucht bei den erleuchteten starken Führern, die ihnen Schutz und Orientierung versprechen. (2/7) !B
(Diese Führer selbst fürchten übrigens nichts, denn v.a. anderen sind sie Männer™ und ist Angst - wie Masken, Impfungen, Rücksichtnahme auf sich und andere - etwas für Luschen. Maximal hat man Respekt, und was zu weich & zu schwach ist, kann/soll auf der Strecke bleiben.) 3/7 !B
„Kognitiven Antisemitismus“ ortet die Studie bei 9 (stark) + 9 (moderat) Prozent der österr. Bevölkerung (S. 30); „affektiven Antisemitismus“ bei 22 + 12 Prozent (S. 35). Beides niedriger als die Werte für HUN, POL oder GR, aber hoch verglichen mit West- und Nordeuropa. 2/11
Hier einige Items, die zum "kognitiven Antisemitismus" abgefragt wurden – jeweils mit den österreichischen Werten für starke und tendenzielle Zustimmung und den entsprechenden Durchschnittswerten über die 16 berücksichtigten Länder hinweg. 3/11
Als Thema weniger sexy als Verhaftungen und Chats, aber langfristig gesehen mindestens so wichtig: volle Solidarität mit den Protesten der Elementarpädagog*innen. Entlohnung, Anerkennung, und Betreuungsverhältnisse sind mies, zum Leidwesen von Pädagog*innen, Kindern & Eltern. /1
Ich hab mal eine Schmalspurausbildung zum Kindergruppenbetreuer absolviert. Bin unsicher, inwieweit sie mich für eine elementarpäd. Tätigkeit qualifiziert hat, aber was sie mir jedenfalls vermittelt hat, ist Respekt vor ihr und ihrer gesellschaftlichen Tragweite. Ein Beispiel: /2
Wollen wir, dass Kinder sich daran gewöhnen - es als normal erleben -, dass Erwachsene gegen ihren Willen, durch Einsatz eines Kraftvorteils, auf ihre Körper zugreifen? In einer Intimität, wie sie bei Pflegetätigkeiten gegeben ist? Genau das passiert nämlich, wenn zuwenige... /3
Ob es nun zwei-, drei- oder fünftausend Teilnehmer*innen waren bei #w1109 - angekündigt als "Megademo" nach monatelangem Atemholen erscheint mir das eher als (weiterer) Beleg, dass der Corona-Straßenprotest in Österreich im 1. Quartal 2021 seinen Zenith überschritten hat. 1/4
Damals betrank man sich im Coronademolager an den Mobilisierungserfolgen & war überzeugt, die Republik aus den Angeln zu heben. Rutter garantierte einen Regierungssturz binnen Wochen. Ich hab das hier (als grenzenlose Selbstüberschätzung) beschrieben: derstandard.at/consent/tcf/st… 2/4
Gefährlich scheint mir, dass mit schwächelnder Mobilisierung und abnehmender Euphorie die Bewegung auf den fanatisierten und sich blitzartig weiter fanatisierenden Kern zusammenschrumpft. Dessen Wortführer greifen in ihren Ansagen zunehmend ins apokalyptische Register. #w1109 3/4