Fallzahlen, Hospitalisierungen, ITS-Betten und Zahl der Verstorbenen passen nicht (mehr) zusammen.

Ein Daten-Thread (mit vielen Fragen)
#ringenumdiewahrheit
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Links oben: Weil die Positiv-Rate hochgeht und aus den Meldungen der überlasteten Gesundheitsämter und Labors wissen wir, dass wir die Anzahl der tatsächlich stattfindenden Infektionen heute mehr unterschätzen als vor 3-6 Wochen (steigende Dunkelziffer).
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Links unten: Die Anzahl der Hospitalisierungen wächst deutlich langsamer als der Modell-Erwartungswert, der seit Juni wöchentlich die korrekten Zahlen vorhergesagt hat und somit kalibriert ist. Letzte Woche "fehlten" 3.700 Patienten (-27%).
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Rechts unten: Auch auf den Intensivstationen liegen ca. 30% weniger Patienten, als das seit Juni korrekt vorhersagende Modell erwartet hat. In dieser Woche fehlen bereits 3.400 Patienten, steil steigend.
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Rechts oben: ABER: schon vor 2-3 Wochen hatten wir 20-30% mehr Todesfälle, als nach den seit Monaten passenden Modellvorhersagen zu erwarten war. Anhand des Nowcasts (danke an @icestormfr dafür) sieht man, dass das wahrscheinlich nicht besser wird.
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Also: Selbst wenn mein Modell entweder nach oben oder nach unten von der Realität abweichen würde und entweder die Zahl der Toten oder die der Patienten korrekt wäre: wie erklärt sich das *Auseinanderlaufen* dieser Zahlen?
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Wo sind die mehreren Tausend Patienten pro Woche (25-30%), die nicht im Krankenhaus und auf Intensiv ankommen? Und warum versterben 15-30% mehr als bei den Fallzahlen zu erwarten war?
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These, die mir schlüssig scheint: Durch viele Einzelentscheidungen werden auf dem Weg von zu Hause bis auf die Bahre immer wieder Infizierte aussortiert, kommen gar nichts ins Krankenhaus oder auf ITS. Oder sie werden weniger lang/intensiv versorgt. Dadurch...
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Dadurch werden Patienten schlechter versorgt. Weil das System bereits überlastet ist und sich gar nicht anders zu helfen weiß, als "umzuschlichten" (Wichtig: Keine Kritik an Kliniken!).

Und am Ende steigt die Case-Fatality-Rate: Ein größerer Prozentsatz der Patienten stirbt.
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Wir hatten in der Pandemie bisher nur einmal eine ähnliche Situation, dass die Zahlen "auseinanderliefen", das war in der 2. Welle. Und da folgte eine heftige Welle unerwartet Verstorbener.
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Bemerkenswert ist dabei, dass mein Modell im Moment das Durchschnittsalter der Patienten und Toten sogar UNTERschätzt (rechnet also mit relativ gesünderen Infizierten, untere Reihe Grafiken), müsste also folglich bessere Zahlen haben als Realität. Aber CFR steigt steil an!
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Booster-Impfungen sind in meinem Modell zu optimistisch/zu beschützend modelliert (Modell verwendet gleiche Priorisierung wie im Frühjahr), das müsste Modellzahlen auch besser machen, nicht schlechter als Realität.

Wie anders erklärt man diese Entwicklung noch?

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28 Nov
Update Pandemie Modellrechnungen:
Wir können alle jede wenigstens etwas positivere Nachricht gebrauchen, die wir bekommen können, nach den Nachrichten der letzten Tage.
Also: Die aktuellen Entwicklungen lassen die Modellrechnung ein ganz bisschen besser aussehen!
Thread
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Deswegen kommt doch früher als gedacht ein Modellrechnungs-Update. Wer das lieber als leicht lesbaren Blog-Artikel lesen will, folgt bitte diesem Link:
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dirkpaessler.blog/2021/11/28/upd…
Aus zwei Gründen sind die Aussichten zumindest ein bisschen besser geworden:
1. Mit den neuesten Alters-Gruppen-Inzidenzen vom RKI vom Donnerstag konnte ich das Modell bei der Berechnung insbesondere der älteren Menschen genauer machen und...
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Read 22 tweets
26 Nov
@zdf berichtet über die Modellrechnungen von Prof. Kristan Schneider. Sogar richtig mit Zahlen und so, also eine gute Chance meine Amateur-Modellergebnisse mit einem Profi-Modell zu vergleichen.

Kurzfassung: Die Modellergebnisse sind beeindruckend ähnlich. 😎

Thread 1/x
Die Grafik zeigt die Überlagerung unserer beider Kurven. Die Peaks liegen bei Schneider 1-2 Wochen später als bei mir, die maximalen Höhen der beiden Extremfälle ("nix tun" und "Lockdown") liegen sehr ähnlich.
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Für die nächsten Wochen ist Schneider's Modell bei Szenarien mit Bremsung etwas pessimistischer als meins (steilere Kurven) und meine Lockdowns sind "stärker" als bei Schneider (sinken schneller und sind kürzer). Alles im Rahmen der vielen Modell-Unsicherheiten.
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Read 8 tweets
23 Nov
Modellrechnung: Was passiert mit bzw. ohne Lockdown? Und danach?

Ein Blick in die nähere Zukunft anhand von Modell-Szenarien mit und ohne Lockdown.

Spoiler: Nicht gut. Gar nicht.

Blogartikel und Thread
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Hier im Thread kommen nur ein paar Highlights, viel ausführlicher und als wohlformatierter Blogartikel hier zum Lesen (besser als bei Twitter):
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dirkpaessler.blog/2021/11/23/mod…
Es könnte sein, dass das hier für einige Zeit der letzte Blogpost mit Modellrechnungen sein wird. Zum Einen, weil unsere Datenqualität gerade komplett am abka**en ist (viele sind überfordert: Teststationen, Labors, Meldewesen, Kliniken)...
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Read 24 tweets
20 Nov
Aus Modellierer-Sicht befinden wir uns schon seit 2-3 Wochen im "Nebel", denn die realen Daten passen nicht mehr zu den Modell-Daten. Leider ist das kein gutes Zeichen: z.B. scheinen bereits ~30% mehr Covid-Patienten zu sterben als in Zeiten optimaler Versorgung
Ein Thread
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Die 3 Grafiken für Hospitalisierungen, ITS-Betten und Verstorbene zeigen die offiziellen Zahlen von RKI und DIVI (schwarz) im Vergleich zu den Zahlen, die mein Modell aus den historischen Fallzahlen und der Prognose der Fallzahlen für die nächsten 4 Wochen errechnet (blau).
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Klar zu sehen ist, dass das Modell sehr genau die historischen Patienten/Todeszahlen berechnen kann, außer bei hoher Belastung, also in Welle 2 und 3. Und eben jetzt. Die Abweichungen werden mehr und mehr. Was ist da los? Fehler im Modell?
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Read 16 tweets
19 Nov
Die Schallmauer ist bei "Mach 1" = 1200 km/h.

Corona-Schallmauer liegt auch in diesem Bereich: Eine regionale Inzidenz>1000 dürfte die Mauer sein, wo Lockdown unausweichlich wird (=> Sachsen, Oberösterreich, Salzburg => Lockdown angekündigt).

1000er-Schallmauer-Thread
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Inzidenz 1.000 bedeutet 1.000 Infektionen pro 100.000 Einwohner pro Woche.

Daraus ergeben sich 40 bis 60 Hospitalisierungen pro Woche, ca. 25 belegte ITS Betten und 9-11 Tote pro Woche. Pro 100.000 Einwohner.

Bei Inzidenz 2000 ganz einfach von allem das Doppelte.
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ABER: DE hat nur 33 ITS Betten pro Einwohner, AT 29. 2000er-Inzidenz geht also nicht.

Bayern liegt bei 628 und verdoppelt sich alle 2 Wochen, einige Regionen schon bei >1000.

Daraus leitet sich Vorhersage ab: @Markus_Soeder kündigt innerhalb 10 Tage Lockdown an.
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Read 5 tweets
17 Nov
Deutschland in der Pandemie ist wie ein Auto, dass auf einem langen Abhang zwischen vielen Fussgängern ins Rollen gekommen ist.

Drei Mal hatten wir es schon geschafft zu bremsen, zuletzt im Juni. Fast bis in den Stand.

Ein Metapher-Thread
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Ab Sommer haben wir nach dem Wieder-losrollen Stück für Stück die Bremsklötze ausgebaut (endlose Maßnahmen-Lockerungen, Kontaktverfolgung und Quarantäne faktisch aufgegeben), seit dem geht's bergab.
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Auch als das Auto schon merklich immer schneller wurde (Beschleunigung auf einer schrägen Ebene ist ein exponentieller Vorgang) hat sich keiner auf die Suche nach dem Bremspedal gemacht. Mehr und mehr Fußgänger werden verletzt oder überfahren. Trotzdem bremst keiner.
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