Heute vor einem Jahr, am 30.11.20, habe ich abends Fieber entwickelt. Am 01.12. wurde die #COVID19 Infektion bestätigt.
Interessierte nehme ich mit auf meine Reise. Mir fällt die Zeit, wo sich das alles jährt, gerade richtig schwer!! Also lasse ich es noch mal Revue passieren.
Zwei Wochen vorher war ich spontan aus meiner Rotation gerissen & auf die #COVID Normalstation versetzt worden. Mein Kollege war im Urlaub & die erste Woche war ich mit 16 Patienten alleine. Am 30. ging es mir im Dienst schon irgendwie komisch. Fiese Kopfschmerzen & eiskalte Füße
Am Heimweg stand ich so neben mir, dass ich erstmal in den falschen Bus gestiegen bin. Zum Glück war ich überall nur mit #FFP2 Maske unterwegs.
Zu Hause habe ich Fieber gemessen & war bei 38,4 °C, steigend. Damit war die Sache für mich klar. Ich habe nie Fieber.
Meine Kollegen wollten es zunächst nicht glauben. Meine Eltern waren 450km entfernt fertig mit den Nerven.
Am nächsten Tag hat mir eine Kollegin einen Abstrich vor die Tür gelegt & dann zu uns in die Klinik mitgenommen. Um 15:00 Uhr kam die Bestätigung.
Ich hatte so große Sorge, jmd. angesteckt zu haben. Zumal ich am 30. mit der Kollegin noch gemeinsam im Auto zur Klinik bin, wir beide ohne Maske. Wir waren unser Kontakthaushalt. Gott sei Dank habe ich aber niemanden angesteckt!!
Meine Freunde haben mich rührselig versorgt. Ich konnte kaum etwas essen, hatte Magen-Darm-Symptome & ständig Fieber. Ich habe mir eine halbtherapeutische Blutverdünnung gespritzt & für 5 Tage Azithromycin genommen. Mein größter Freund war Paracetamol & irgendwann auch Ibuprofen
und Novalgin. Das Fieber habe ich kaum noch runter bekommen. Mein Kopf hat überhaupt nicht losgelassen. Ich habe de facto kaum geschlafen, auch tagsüber nicht. Irgendwann war mir nur noch schlecht, der Geruchssinn komischerweise total gesteigert. Ich musste spucken, weil ich so
geruchsempfindlich war. Meine Blutwerte waren erst nicht schlecht. Da hatte sich mal gelohnt, dass ich mir linkshändig selbst Blut abnehmen konnte. Ab dem 5./6. ging es bergab. Ich wusste gar nicht mehr wohin mit mir. Ich hab es nicht mehr geschafft meinen Flüssigkeitshaushalt
auszugleichen & es nicht mehr geschafft die großen Tabletten zu schlucken.
Meine eigene Station hat am 7.12. ein Bett für mich freigemacht & einen Isotransport gerufen. Ich weiß nicht mehr, wie ich es geschafft habe zu duschen & ja, mich zu rasieren. Ich hab mich so geschämt.
Ich hab ewig gebraucht meine Tasche zu packen. Der Isotransport ist lange durch die Straßen geirrt. Ich war zu fertig, um vom Balkon aus zu winken.
Meine Kollegen mussten mir Zugänge legen. Ich war so exsikkiert, wir mussten mit Blau in der Ellbeuge anfangen. 🙈
In der 2. Nacht brauchte ich plötzlich Sauerstoff. Und auch damit war die Sättigung teils nur 91%. Ich hatte Panik davor den Sauerstoff hochzustellen. Damals haben wir ab 6 Litern Kontakt mit der Intensivstation aufgenommen. Meine Entzüngswerte stiegen trotz Breitband-Antibiose
immer weiter an. Im CT dann überall Covid-typische Infiltrate.
Mein persönliches Horrorszenario war, dass ich meine Eltern anrufen muss, um ihnen zu sagen, dass ich an eine Form der Beatmung muss. Das habe ich bis jetzt nicht ganz verwunden.
Ich habe dann Kortison bekommen.
In der Nacht habe ich nichts geschlafen. Wann immer ich mich aufgesetzt habe, musste ich derart Husten, dass ich dachte ich ersticke. Ich hatte Panik auf Toilette zu müssen. Mit Paracodin & Atemtechnik haben wir das dann langsam in den Griff bekommen.
In meiner letzten Fiebernacht bin ich aufgestanden und habe mir ein Handtuch patschnass gemacht und mich damit ins Bett gelegt. Trotz Paracetamol & Novalgin dachte ich, ich verglühe. Aus dem Bett zu kommen war immer schwieriger.
Damals waren die JAK-Inhibitoren en Vogue. Wir haben viel Erfahrung mit Ruxolitinib in unserer Abteilung und haben uns schließlich entschieden das zu versuchen. Ich habe mit 2x5mg angefangen. Das ging auch erst gut, aber nach einer Dosissteigerung auf 2x10mg hatte ich dann
plötzlich erhöhte Leberenzyme mit Transaminasen >300, sodass wir Ruxo wieder abgesetzt haben. Durch das Kortison hab ich endlich entfiebert & die Entzündungswerte fielen.
Vom Sauerstoff wegzukommen war zunächst utopisch. Jegliche Atemübungen haben sooo unglaublich weh getan, ich hätte heulen können. Ich hab es kaum geschafft eines dieser Bällchen anzusaugen.
Aber ich hab fleißig trainiert. Ich musste viel an meine Leukämiepatienten denken, die
wochenlang stationär sind & sich oft unermüdlich auf kleinstem Raum bewegen, um sich etwas Fitness zu erhalten. Also dachte ich: Reiß dich zusammen, das musst du jetzt auch. Also habe ich immer 3-4x am Tag Sportübungen gemacht, inhaliert, Atemgymnastik etc..
Im CT hatte ich ordentlich Atelektasen. Die Kollegen der ICU meinten zu meinen Stationskollegen, ich soll wenn möglich auf dem Bauch schlafen. Beim ersten auf den Bauch Drehen, hab ich gedacht, ich ersticke. Aber dann wurde es von Tag zu Tag besser. Als ich irgendwann später
auf dem Bauch dann eine Sättigung von 97% hatte, hab ich fast geweint vor Erleichterung.
Ich konnte mich dann sehr langsam vom Sauerstoff entwöhnen. Am 19.12. sind meine Eltern die 450km gefahren, um mich abzuholen. Hab kaum die Wegstrecke bis zum Auto geschafft.
Was dann folgte war ein langer, harter Weg zurück. Und ich hatte einen mittelschweren Verlauf, keinen schweren!
4 Wochen später & ich wäre geimpft gewesen.
Die Impfquote meiner Kollegen ist dafür 100%!
Ja, es haben sich auch geimpfte Kollegen im Dienst angesteckt. Aber jeder hat
gesagt, dass er die Infektion nie ohne Impfung hätte durchstehen wollen.
Ich kann das nachvollziehen!
Ich bin jung & habe keine Vorerkrankungen. Mich hat es ordentlich erwischt. Ich bin jetzt noch unendlich dankbar, dass ich Glück hatte & es gut ausging. Auch wenn Lungen- und
Herzfunktion lange & viel Training gebraucht haben sich zu erholen.

Fazit ist:
#LasstEuchImpfen
#ImpfenSchuetzt #ImpfenRettetLeben
Ich wünschte, ich hätte damals schon die Chance gehabt! #COVID19 will man nicht haben!!!!

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