Für alle, die immer um ihre #Freiheit zittern: kleiner Thread zur #Gurtenpflicht. 1974 wurde sie - zunächst noch sanktionslos - eingeführt. Obwohl ich erst acht war, kann ich mich gut an die heftigen Diskussionen erinnern. 1/n
In der Öffentlichkeit wurde genau so heftig gestritten, wie in der Familie. Der Gurt berge ein Gesundheitsrisiko (Druck auf den Oberkörper), bei Unfällen könne er sogar noch gefährlicher sein (Strangulation) und ansonsten bringe er nichts. 2/n
Besonders heftig wurde kritisiert, dass der Staat unsere #Freiheit einenge: Wenn ich mich gegen den Gurt entscheide, sei es auch meine freie Entscheidung, Verletzungen oder den Tod zu riskieren. 3/n
Dass der Sozialstaat für die Behandlungskosten aufkommt, wollte diese Leute nicht akzeptieren; dass sie vielleicht ein anders benötigtes Krankenbett belegen ebenso wenig. 4/n
1984, bei Einführung von Strafen, flammte die Diskussion mit den gleichen Argumenten wieder auf. Besonders skurril empfand ich Leute, die einem Arzt eine Befreiungsbescheinigung entlockten. (Diese Ärzte aber auch!) 5/n
Die Parallelen zu heute sind klar erkennbar. Und wieder schreien Viele, dass der Staat nicht in ihre #Freiheit eingreifen darf. Irrtum, der Staat hat genau die Aufgabe, in wichtigen Fällen die Freiheit des Individuums einzuschränken. 6/n
Das Recht auf #Freiheit des Einzelnen ist nicht absolut, es wird durch die Rechte anderer Individuen und der Gesellschaft als Ganze eingeschränkt und eben das regeln unsere demokratischen Institutionen. Und das hat jede/r zu akzeptieren. 7/n
Kleines Detail am Rand: wer ohne Gurt durch ein Fremdverschulden verletzt wird, bekommt weniger #Schmerzengeld Ähnliches gibt es bei ungeimpft Erkrankten (leider) nicht (die bekommen auch kein Schmerzengeld, ich weiß). /fin
Kleine Korrektur eines Tippfehlers: es war 1976 und ich war dennoch acht!
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Experten und Expertinnen bei den Staatsanwaltschaften: ein kurzer Erklärungsfaden: Traditionell gab es nur Staatsanwälte (=Juristen mit Richterausbildung und -prüfung), Kanzleipersonal (~Sekretariat; Beamte und Vertragsbedienstete) und 1/n
Bezirksanwälte (=bei der StA ausgebildete Fachkräfte ohne Studium, die vor dem Bezirksgericht die StA vertreten). Für eine Expertise (IT, Rechnungs-, Bank- oder Finanzwesen, etc.) musste die StA immer externe Gutachter beauftragen. 2/n
Diese Gutachter sind nach wie vor für die Verhandlung gut und nötig, haben aber im Ermittlungsverfahren Nachteile, weil sie eben nicht „im Haus“ der StA sind. Im gesamten Justizressort (ohne Justizanstalten) gab es aber keine Stellen für angestellte Experten. 3/n
Ich bin seit mehr als zwei Jahrzehnten Staatsanwalt und nicht Mitglied in einer politischen Partei. Ich habe auch kein Naheverhältnis zu einer solchen. Das ist mMn nicht mit unserem Beruf vereinbar. Gegen Politiker haben wir genau so objektiv zu ermitteln, 1/x
wie gegen alle anderen, die Couleur ist mir dabei wurscht. Unser Berufskodex (wie der der Richterschaft) empfiehlt dementsprechend die Enthaltung von jedweder parteipolitischen Tätigkeit und fast alle halten sich daran. Bis auf eine Handvoll hat niemand ein Parteibuch. 2/x
Den Blödsinn mit der „roten Verschwörung“ bei der StA höre ich seit Jahren und lese ihn leider auch regelmäßig in einer (!) Zeitung. Es bleibt aber ein Blödsinn. Natürlich sind auch wir #Staatsanwälte (oft) politisch interessierte Menschen. 3/x