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Mar 8, 2022 23 tweets 9 min read Read on X
Im Nordosten haben sich die Russen reorganisiert und rücken auf Kiew zu. Sie haben 1 lokales Übergewicht, doch die Ukraine hat sich hier verstärkt. Was wird aus Chernihiv, das unmittelbar vor der Einkreisung steht? Der Krieg ist im Kiewer Vorgarten, Tag 13.
Der heutige Vormittag und Morgen steht im Zeichen humanitärer Evakuierungen. Die Kriegsparteien haben eine Waffenruhe in mehreren Städten vereinbart, damit Zivilisten fliehen können. Doch die Waffenruhe ist brüchig. Hoffen wir, dass alles gut geht.

Die Flucht ist auch nötig, denn das Putin-Regime bombt die Städte in Grund und Boden. Gestern starben Dutzende Zivilisten. So wurde z. B. eine Bäckerei mit wartenden Menschen (Nähe Kiew) getroffen, 13 Tote.
In Sumy wird nach Überlebenden gesucht:
Schön zu sehen, dass die Spenden von Feuerwehren in Baden-Württemberg offensichtlich da angekommen sind, wo sie gebraucht werden (@SWRAktuellBW).
Auch die schwer umkämpfte Stadt #Okhtyrka in der Region Sumy hat sich in der Nacht verändert.
JETZT: In Sumy sind Schüsse aus Richtung des humanitären Korridors hörbar:
Ein jetzt bekanntgewordenes Video vom 28.02. zeigt den Beschuss eines Zivilfahrzeugs durch einen russischen BMP-2 bei Marakiv (westlich von Kiew).
Ein Rentner-Paar wurde getötet. Zur falschen Zeit am falschen Ort, das ist ein #WarCrime.
Heute ist Frauentag und ich sehe bei Twitter viele Posts, Bilder und Videos von privilegierten Frauen, die jammern. Und dann sehe ich dieses Video und denke, wie weit entrückt unsere Realität ist. Ganz viel Respekt zum heutigen Tag den ukrainischen Frauen:
Zu sehen ist übrigens Taktik-Training von ukrainischen Freiwilligen in den Wäldern von Liev.
JETZT: Interview mit dem Bürgermeister von #Charkiw.
Neue Lieferungen von Javelin, NLAW und schwedische Pansarskot 86 und Pansarskot 86BU erreichen die ukrainischen Verteidiger.
Mittlerweile wurden 17.000 Stück verschiedenster Baureihen ausgeliefert. Gegen die Materialübermacht der Russen braucht die #Ukraine mehr davon!
Konvoi mit Hilfsgütern vermutlich auf dem Weg nach #Mariupol. Unterdessen kommen immer wieder Berichte rein, dass die designierten Routen beschossen werden. Die Evakuierungen laufen schleppend.

Bilder von diesen Gütern wollen wir nicht sehen: Verlegung offenbar einer Fallschirmjäger-Einheit in Gomel, Belarus.
Beobachtung: Es tauchen immer mehr Bilder von russischen Fahrzeugen auf, die nicht im Kampf- bzw. Wintertarn lackiert sind, sondern im typischen Parade-Oliv mit rotem gestreiften Stern an den Flanken. Es wurden auch schon Paradeuniformen mit Mützen und Orden gefunden. Soso...
Hier übrigens sehr schön zu sehen. Die Parade anlässlich des Jahrestags des Sieg über Nazi-Deutschland 2021:
Dieses Video zeigt: Nach ziemlich genau sieben Tagen sind auch deutsche Panzerabwehrwaffen in der Ukraine angekommen. Ob die Panzerfaust 3 in den Händen dieses etwas übermütig wirkenden Kombattanten richtig ist, weiß ich allerdings nicht.
Was man aber sagen kann: Noch sinnvoller wäre ein Einsatz im urbanen Umfeld anstatt im Feld. Aus Gebäuden heraus kann die rückstoßfreie Panzerfaust 3, die nur in der Nahdistanz effektiv ist, ihre Vorteile richtig ausspielen: Schnelles Nachladen und verdecktes Schießen. Hm.
Hintergrund: Bei Invasionsbeginn waren die ukrainischen Siedlungsgebiete in der Nacht noch beleuchtet. Das wurde mittlerweile geändert.
Das obere Bild wurde im Februar aufgenommen, das untere Bild im März. Aufgrund der Verdunklung erkennt man die Ukraine sehr deutlich.
Das ist eine wichtige Info, wenn man vermeintlich neue Videos analysiert. Sind Gebäude erkennbar, die nicht abgedunkelt sind, so handelt es sich höchstwahrscheinlich um ein Video aus den ersten Tagen der Invasion. Das ist gut zu wissen, da ältere Videos immer öfter zirkulieren.
JETZT: Die aktuelle Lage (Stand: 1.00 Uhr): Der oberflächliche Blick auf die Wikipedia-Karte zeigt keine größeren Veränderungen der Front. Doch der Schein trügt. Die Russen haben die westlich von Kiew gelegene Stadt Bucha erobert und erhöhen den Druck auf die südlichen Vororte.
Im Osten Kiews rücken russische Einheiten massiv weiter vor. Die Russen haben die letzten Tage erfolgreich genutzt, um Truppen und Nachschub neu zu organisieren. Zudem wurden sie durch frische Einheiten aus Belarus verstärkt. Die Lage ist für die Ukrainer sehr gefährlich.
Die ukr. Einheiten in der nordöstlich gelegenen Stadt Chernihiv drohen abgeschnitten zu werden. Ein geordneter Rückzug ist ohne Hilfe nicht mehr möglich. Es ist davon auszugehen, dass die östlichen Randbezirke Kiews in den nächsten 48-96 Stunden von den Russen eingekreist werden.
Morgen weitere Infos hierzu und zur Lage in den anderen Gebieten.

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Apr 6
1/17🧵
Um es mit Herbert Zimmermann, Kommentator des 1954er WM-Finales, zu sagen: "Was wir befürchtet haben, ist eingetreten".

Laut russ. Darstellung sind Truppenteile in die östlichen Bezirke der Kleinstadt Chasiv Yar eingedrungen. Die Schlacht um Chasiv Yar hat also begonnen. Image
2/17🧵
Zwar widersprach heute Morgen ein ukrainischer Bataillonskommandeur der Garnison von Chasiv Yar der russischen Darstellung, doch aktuelle Drohnen-Videos (s.u.) belegen den russischen Vormarsch auf die Kleinstadt, die vor der Vollinvasion Heimat von ca. 12.000 Menschen war.
3/17🧵
Und das war zu erwarten. Zwar liegt die Initiative im Bereich westl. von Bakhmut (zu Chasiv Yar ca. 15km) schon länger bei den Russen (s.u.), der Fall von Avdiivka schafft jetzt aber Rückendeckung für die Russen, um ihre Bemühungen zu intensivieren.
Read 18 tweets
Mar 31
1/n🧵
Vor zwei Jahren wurde #Bucha von den ukrainischen Streitkräften befreit. Der Vorort von Kyiv war 33 Tage von den Russen besetzt. Doch nur in dieser "kurzen" Zeit begingen die Besatzer hunderte Kriegsverbrechen. Einigen Opfern möchte ich ein Gesicht geben. #SayTheirNames🇺🇦😔 Image
Iryna Filkina, 52 Jahre alt, verbrachte die ersten neun Nächte des Krieges damit, für ihre Arbeitskollegen zu kochen. Am 5. März beschloss sie, mit dem Fahrrad nach Hause zu fahren.

Als sie in die Yablunska-Straße einbog, wurde sie von russischen Soldaten kaltblütig erschossen. Image
Oleh Verba war ein 54-jähriger Wachmann auf einer Baustelle. Er wurde ermordet, nachdem er sein Haus verlassen hatte, um Lebensmittel zu besorgen.

Ein Sack mit verstreuten Kartoffeln wurde auf der Straße neben seiner Leiche gefunden. Image
Read 14 tweets
Feb 12
Hinsichtlich seiner Ukrainepolitik bin ich bekanntlich ein scharfer Kritiker von ihm. Ich versuche dabei aber immer fair zu bleiben. Auch zu loben, wenn etwas aus meiner bescheidenen Sicht anzuerkennen ist. Z.B. kommentierte ich kürzlich seine bereits seit längerem beobachtbare neue Übernahme von Verantwortung anerkennend (s.u.).

Am Beginn der MSC-Woche überrascht er mich nun sogar noch mehr. Und das sehr positiv. Scholz wirkt wie ausgewechselt. Und zeigt endlich Führung und strategische Weitsicht. Ich will hier nicht zu euphorisch werden, denn noch fehlen Ergebnisse. Ich will hier aber anerkennen. Aus Fairness. Weil es um die gemeinsame Sache und nicht um parteipolitisches Geplänkel geht.

Bundeskanzler Scholz scheint endlich auf dem richtigen Weg angekommen zu sein. Und das freut mich sehr: Für die Freiheit. Für die Ukraine. Für unser gemeinsames Europa. 💪Image
Bei allen Lobeshymnen: Aufgrund der fortgeschrittenen Zeit ist die Hoffnung nun leider doppelt groß: Denn ist es (1) noch nicht zu spät für die tapfere Ukraine und werden (2) die Verbündeten nun auch mit Scholz mitziehen?

Alle müssen jetzt mitziehen. Und Willen braucht es auch.
Read 7 tweets
Feb 9
Du hast natürlich absolut recht, Thomas. Wer bei Putins Narrativ, dass Hitler-Deutschland und die Sowjetunion in den Zweiten Weltkrieg quasi von Polen genötigt wurden zustimmend nickt, dem ist nicht mehr zu helfen.

Man muss aber dazu sagen, dass dieses "Polen ist schuld"-Narrativ von Putin nicht ohne Kalkül angeführt wird. Erstens wird dieses Narrativ von der Kreml-Propaganda bereits seit Jahren innenpolitisch ausgespielt. Neu ist tatsächlich, dass Putin es erstmals auch in einem internationalen Kontext ausrollte. Das Ziel ist klar: Er will dem Ansehen Polens nun auch im Ausland schaden.

Zweitens und daran anschließend, ist Polen vermutlich mit Abstand der eindeutigste Verbündete der USA unter den EU-Staaten (vorher noch UK). Ja, geostrategisch ist für die USA Deutschland (noch) wichtiger, aber in Polen gibt es, anders als in Deutschland, auch eine echte Begeisterung in der Gesellschaft für die USA. Und polnische Regierungen versuchen seit über 15 Jahren fieberhaft näher an die USA zu rücken, was leider auch mit einer Entfremdung seitens der beiden wichtigsten polnischen Partner in der EU (Frankreich und Deutschland) verbunden war. Indem Putin dieses "Polen ist schuld"-Narrativ verbreitet, adressiert er gezielt die MAGA-Leute, die einen neuen US-Isolationismus befürworten. Denn spätestens seit dem 24.2.2022 fordert Polen sehr viel vom Bündnis ein. Mit seinem Narrativ bietet Putin den MAGAs an darauf zu antworten: "Jaja, so wie früher wollt ihr zum Krieg treiben. Uns als "Westmächte" in einen neuen Krieg führen".

Drittens und daran anschließend, bereitet sich Putin mit diesem Narrativ bereits in Ansätzen einen möglichen Casus Belli vor: "Wie damals provozieren die Polen wieder den Krieg in Europa, doch wir als Russland können angesichts der polnischen Provokationen (noch zu erfinden) nicht anders als anzugreifen. Wollt ihr im Westen wirklich für diese wilden Polen eure Bündnistreue erfüllen?" Ich mache mir da keine Vorhaltungen, Putin bereitet mit diesem "Polen ist schuld"-Narrativ genau solche heute noch absurd klingenden Kriegsbegründungen vor.

Viertens und damit abschließend gibt es eine Zielgruppe, für die dieses "Polen ist schuld"-Narrativ eben nicht absurd ist. Und das sind deutsche Rechtsextreme innerhalb und außerhalb der AfD. Denn für diese ist es ungemein entlastend, wenn der russische Präsident Hitler-Deutschland von der Alleinschuld am Ausbruch des Zweiten Weltkriegs entlastet. Dass doch Polen mit seiner feindseligen Außenpolitik und Unterdrückung deutscher Minderheiten den Überfall quasi provozierte. Dieser uralte Geschichtsrevisionismus begann unter Nazis direkt am 8. Mai 1945. Und genau daran knüpft Putin an und sichert sich so die AfD-Sympathien.

Es ist viel zu lang geworden! Danke für's lesen bis hierhin. Ich hoffe, dass ich ein bisschen deutlich machen konnte, dass Putin mit diesem Narrativ nicht nur seinen Wahnsinn zeigt. Denn m.E. glaubt er wirklich, was er da sagt. Er verfolgt damit auch ein Kalkül. Und das gar nicht mal ungeschickt. Er will unsere Gesellschaften destabilisieren und Misstrauen unter den westlichen Verbündeten säen. Lassen wir das nicht zu!
Zusatz: Was ich wirklich gut finden würde, wenn man aufgrund von Putins Aussagen in diesem Interview in Deutschland und anderen NATO-Staaten wirklich verstehen würde, warum sich Polen so existenziell von Putins Russland bedroht fühlt. Warum Polen so massiv aufrüstet. Warum Polen so stark im Bündnis für die Unterstützung der Ukraine wirbt. Warum wir uns im Bündnis genau dieser Leitlinie Polens anschließen und warum wir noch enger zusammenrücken sollten.

Ich glaube nämlich (siehe oben), dass die Polen recht haben. Und mit ihnen übrigens auch unsere baltischen Partner. Putins Russland ist nämlich nicht zu trauen. Wir brauchen Stärke und Einheit im Bündnis. Und zwar jetzt sofort.
Ja, absolut. Und genau wegen dieser Frechheit von Putin schreibe ich mir ja hier die Finger wund.

Denn Polen war im Zweiten Weltkrieg das Land, das am längsten besetzt war. Prozentual hat es die meisten Todesopfer unter seinen Staatsbürgern zu beklagen.
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Jan 27
Ich gewinne beim sog. #BSW immer stärker den Eindruck, dass sich da LINKE-Abgeordnete nur gefunden haben, um sich dem absehbaren Mandatsverlust (LINKE unter 5) im Bundestag ab 2025 zu entziehen. Wilde Patchwork-Programmatik nur nach Stimmungen, offen zu allen (!) politischen Strömungen, Gründung kurz vor der Europawahl (letzte ohne Hürde).

Bei aller größtmöglichen politischen Distanz: Ich verstehe nach dem heutigen Tag auch den Ärger der Linksfraktion besser. Diese Ausgründung ist schlicht unkameradschaftlich, weil es ohne die #LINKE die Ressourcen/Aufmerksamkeit dazu nie gegeben hätte. Die Fraktion wurde gesprengt, Mitarbeiter mussten entlassen werden. Ganz übler Stil. Und in diesem Geist wurde das BSW nun gegründet. Kein Gewinn für die Parteienlandschaft.
Ich sage es mal so: Bekanntlich mache ich der PDS/LINKE allerschwerste Vorwürfe. Ich werfe ihr vor, dass sie als PDS in den 1990er/2000er Jahren durch ihren spalterischen Populismus ("Osten ist Opfer, Westen verachtet uns") nicht nur dem zusammenwachsen..
...des wiedervereinigten Deutschlands in gegenseitigem Respekt massiv geschadet hat. Sie hat damit letztlich auch den Nährboden für die frühen Wahlerfolge der AfD bereitet. Die AfD dockt im Osten genau auf diesen PDS-Narrativen des "zukurzkommens", des "Missachtet werdens" an.
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Jan 3
Selbstverständlich kann die Union auch mit der AfD koalieren. Eine Koalition bilden, die bürgerliche Politik für Deutschland macht.

Dafür braucht die AfD nur Höcke und alle Vertreter des Flügels rauswerfen. Die Junge Alternative komplett auflösen. Neue Bundes- und Landesvorstände wählen. Durch Mitarbeit mit den Behörden eine Aufhebung aller Verdachtsfälle in den Landesverbänden erreichen. In das Grundsatzprogramm ein Bekenntnis zur Europäischen Union, zur Integration, zum Euro und zur NATO aufnehmen. Das wichtigste aber: Man darf nicht mehr den Eindruck von der AfD haben, dass sie die demokratische Verfasstheit unseres Staates und seiner Institutionen beseitigen will. Dann können wir zumindest mal über eine Koalition reden. Auf geht’s AfD! Ach das wollt ihr nicht? Na dann. 🤫
Richtig, sie wäre dann quasi wie eine zweite CDU, nur eben nicht christdemokratisch, sondern nationalkonservativ. Sie wäre dann eine verlässliche Kraft im Mitte-Rechts Spektrum, demokratisch, auf dem Boden des Grundgesetzes und republikanisch. Das alles ist sie heute nicht.
Die AfD war bereits zweimal klinisch tot. Vor 2015 und vor 2020. Sie verlor LTW in Serie, flog auch aus welchen raus. Im Bund sank sie in Umfragen auf unter 8 Prozent (mit 13 Prozent im BT).

Es ist jeweils die diffuse Unzufriedenheit mit den übrigen...
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