Weil dieser Thread ja doch einige Aufmerksamkeit gefunden hat, möchte ich noch kurz auf drei häufige Fragen oder Anmerkungen eingehen, die es dazu gab, nämlich zum externen Energiebedarf von Raffinerien, zum Spotmarkt und zu Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung. (14/x)
1. Sind die Kosten der Raffinerien stark gestiegen, weil sie viel Strom und Erdgas benötigen? Davon gehe ich nicht aus. In der entsprechenden EU-Richtlinie steht, dass der Energiebedarf der Raffinerien komplett aus dem Rohöl gedeckt werden kann: (15/x) eippcb.jrc.ec.europa.eu/sites/default/…
In der Praxis wird trotzdem eine gewisse Menge Strom und Erdgas zugekauft, aber dies spielt bei den Gesamtkosten eine untergeordnete Rolle. Für die Herstellung eines Liters Benzin oder Diesel benötigt die Raffinerie etwa 1 kWh Energie. (16/x)
Und das ist die Gesamtenergie, nicht etwa Strom, wie oft zu lesen ist. Der benötigte Strom liegt eher in der Größenordnung von 0,04 kWh/Liter, spielt also keine Rolle. Viele Quellen dazu sind in diesem Beitrag von @UweRGGaertner zu finden: gaencon.de/.cm4all/uproc.… (17/x)
Wie viel Erdgas eingesetzt wird, ist wohl von Raffinerie zu Raffinerie verschieden, abhängig vom eingesetzten Rohöl und den Cracking-Prozessen. Doch selbst wenn 20 % der nötigen Energie aus externem Gas stammen sollten, fiele das kaum ins Gewicht. (18/x)
Denn die Gaskosten an der Börse sind zuletzt um etwa 1 €/MMBTU gestiegen (Quelle: finanzen.net/rohstoffe/erdg…). Das entspricht 0,34 Cent pro kWh. Wenn pro Liter Benzin oder Diesel 0,25 kWh Erdgas benötigt werden (s.o.), reden wir also von Mehrkosten von 0,1 Cent pro Liter. (19/x)
(Das ist jetzt natürlich eine grobe Schätzung. Aber selbst wenn die realen Gaskosten höher oder der Erdgasanteil noch größer sein sollte, würde dieser Posten beim Endpreis keine große Rolle spielen.) (20/x)
Auch die gestiegenen Kosten für den Transport des Benzins fallen nicht ins Gewicht. Ein Tanklaster mit 30.000 Liter Fassungsvermögen verbraucht 30 l Diesel/100 km. Wenn er 500 km unterwegs ist, um den Treibstoff auszuliefern, macht das insgesamt 1 Cent pro Lieter aus. (21/x)
Der jüngste Anstieg des Dieselpreises um 20 Prozent hat die Transportkosten also nur um etwa 0,2 Cent pro Liter Diesel oder Benzin verteuert. (22/x)
2. Ist der Spotmarktpreis für Rohöl der richtige Maßstab? Tatsächlich wird Öl natürlich nicht nur am Spotmarkt, sondern auch über längerfristige Verträge verkauft. (23/x)
Dabei sind die Preisschwankungen aber in der Regel geringer, so dass es nach meinem Verständnis noch weniger Grund für die Steigerung des Endkundenpreises gäbe. Insofern ist das kein Gegenargument, sondern es stärkt das Argument. (24/x)
3. Ist die Gewinnabschöpfung realistisch? Eine Sondersteuer auf Übergewinne ist juristisch anspruchsvoll, aber wohl durchaus möglich. (25/x)
Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hatte das letztes Jahr (aus Anlass der Corona-Pandemie) mal genauer angeschaut (via @lisapaus): bundestag.de/resource/blob/… (26/x)
Darin wird auch klargestellt, dass eine Besteuerung von Übergewinnen nur für die Zukunft, aber nicht rückwirkend möglich ist. Wenn es bezüglich der aktuellen Situation etwas bringen soll, müsste die Regierung also schnell tätig werden. (27/x)
Eine weitere schöne Darstellung der Preisentwicklung gibt es hier: (28/x)
Wenn die Regierung also unbedingt einen Benzinpreis begrenzen will, sollte es nicht der sein, den die Autofahrer an der Tankstelle bezahlen müssen, sondern der, den den Raffinerien kassieren dürfen. :-) (29/29)
Dieser ganze Thread sollte eigentlich an meinen ursprünglichen Thread zum Thema angehängt werden, aber dabei ist irgendwie was schief gegangen - sorry. Zu finden ist er hier:
Wer genau profitiert eigentlich am meisten vom jüngsten Anstieg des Diesel- und Benzinpreises? Dazu ein kleiner Thread mit einem Ergebnis, das mich selbst überrascht hat. (1/10)
Der Dieselpreis ist seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine von 1,67 auf 2,31 Euro gestiegen, also um 64 Cent pro Liter. Beim Superbenzin liegt der Preis mit 2,26 Euro pro Liter aktuell 45 Cent höher als am 23. Februar. (Quelle: benzinpreis-aktuell.de) (2/10)
Der Rohölpreis (Sorte Brent) ist seit Beginn des Kriegs aber nur von 85 auf 103 Euro pro Barrel (159 Liter) gestiegen; das entspricht einer Steigerung um 12 Cent pro Liter. (Quelle: finanzen.net) (3/10)
Der #Corona-Expertenrat der Bundesregierung hatte die geplanten Lockerungen an einen "stabilen Abfall" der Hospitalisierungen geknüpft.
Darum ein kurzer Hinweis an die Politik: Aktuell hat die Hospitalisierungsinzidenz den höchsten Stand seit ihrer Einführung erreicht. (1/2)
Auch im letzten MPK-Beschluss stand übrigens, dass die Lockerungen "auf der gegenwärtigen Lageinschätzung" (= sinkende Zahlen) "und Prognose" (= weiter sinkenden Zahlen) basieren und vor jedem Schritt überprüft werden soll, ob er "lageangemessen" ist... bundesregierung.de/resource/blob/…
Deutliche Verschiebung: Holzöfen produzieren inzwischen fast so viel Feinstaub (PM2,5) wie der Verkehr, wo der Ausstoß aus den Motoren stark zurückgegangen ist.
Als Konsequenz fordert @Umweltbundesamt-Präsident @DirkMessner, künftig darauf zu "verzichten, Holz zu verbrennen".
Weil es Rückfragen gab (und das Thema in der Pressemitteilung gar nicht vorkommt), hier zur Info das komplette Statement von @DirkMessner zum Thema Kaminöfen aus der heutigen UBA-Pressekonferenz:
So, jetzt hat @Karl_Lauterbach begründet, wie er auf den Impfstoffmangel im ersten Quartal gekommen ist. Kurzfassung: Mich überzeugt die Rechnung weiterhin nicht wirklich.
Langfassung: Siehe Thread. (1/10)
Zuerst zum Bedarf:
Lauterbach geht davon aus, dass bis zum Ende des ersten Quartals 70 Millionen Impfstoff-Dosen benötigt werden, davon 50 Millionen für Booster und 20 Millionen für Erst- und Zweitimpfungen. Das scheint mir faktisch unmöglich. (2/10)
Denn bisher geboostert sind Stand heute 23 Millionen Menschen. Mit weiteren 50 Millionen zusätzlichen Boostern käme man also auf 73 Millionen Geboosterte. Das wären 88 % der Gesamtbevölkerung (inkl. Kindern). (3/10)
Neuer Rekord: Mit fast 1,5 Millionen sind gestern in Deutschland so viele #Corona-Impfdosen verabreicht worden wie nie zuvor. Der 7-Tage-Mittelwert liegt nur noch knapp unterhalb von einer Million Impfungen pro Tag.
Mit 23 Millionen ist die Zahl der geboosterten Menschen jetzt ziemlich genau so hoch wie die Zahl derjenigen, die vor sechs Monaten ihre Zweitimpfung erhalten hatten.
Neben dem Rekord von 1,3 Millionen Booster-Impfungen ist gestern ein plötzlicher Anstieg bei den Erstimpfungen sichtbar - von 90.000 vor einer Woche auf 97.000 (plus noch ausstehenden Nachmeldungen) gestern.
Die Meldung vom plötzlichen Impfstoffmangel kann ich nicht nachvollziehen. Wenn die Angaben des @BMG_Bund von gestern stimmen, sind allein in den letzten Wochen sind fast 19 Millionen Impfdosen mehr ausgeliefert als verimpft worden.
Und in dieser und den beiden nächsten Wochen kommen laut BMG noch einmal über 40 Millionen Dosen dazu (wenn Moderna komplett zum Boostern genutzt wird). Das ist mehr, als man braucht, um alle bisher Geimpften zu boostern.
Die Zahlen, mit denen @derspiegel@Karl_Lauterbach zitiert, sind bei Biontech in den letzten zwei Wochen des Jahren um 1,3 Millionen Dosen geringer, bei Moderna dafür 2 Millionen Dosen höher. Auch das könnte also keine Knappheit begründen. Viele offene Fragen.