Im #NSU20-Prozess setzte die Staatsanwaltschaft #Frankfurt heute ein deutliches Zeichen: An Aufklärung scheint sie nicht interessiert zu sein. Anstatt unbefangen zu ermitteln, greift sie den LKA-Zeugen an, der akribisch gegen Polizist Johannes S. ermittelte. Details im Thread 👇
Am 15. Prozesstag hatte Nebenklagevertreterin v. d. Behrens erklärt, die Version der Staatsanwaltschaft, der Angeklagte habe bei der Polizei angerufen und sei dadurch an die Daten Betroffener gelangt, habe keine Grundlage mehr. Bericht zum 15. Prozesstag: linksfraktion-hessen.de/rechtsterror/n…
Die Staatsanwaltschaft #Frankfurt entgegnete heute, es sei nicht nachvollziehbar, wie v. d. Behrens darauf komme. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Angeklagte durch Anrufe an die Daten gekommen sein könnte, v.d.Behrens picke sich die "Rosinen" aus den Zeug*innenaussagen.
Wie die Staatsanwaltschaft selbst mit wichtigen Zeug*innenaussagen umgeht, zeigte sie im Anschluss an die Erklärung. Vom gut vorbereiteten LKA-Zeugen Holger T., der im 1. Revier #Frankfurt ermittelte, wollte sie nachdrücklich wissen, ob er einen Beschuldigten richtig belehrte.
Die Staatsanwaltschaft #Frankfurt hinterließ heute den Eindruck, dass sie Johannes S. schützt, der menschenverachtende Bilder verschickte und im Verdacht steht, ein rechtes Drohfax geschickt zu haben, aber den Zeugen angreift, der genau das beim LKA ermittelte und heute aussagte.
Aber von vorn: Die Zeugenaussagen von Holger T. heute im #NSU20-Prozess lenkte den Verdacht für das erste Drohfax an Seda Başay-Yıldız erneut auf den Polizisten Johannes S. vom 1. Polizeirevier #Frankfurt.
Die Ermittlungsgruppe von T. konnte herausfinden, dass die Abfrage der Daten von Seda Başay-Yıldız unter dem Login der Polizistin D. getätigt wurde. Daraufhin sei deren Handy beschlagnahmt worden und die rechte Chatgruppe "Idiotentreff" wurde entdeckt.
T. berichtete, zum Zeitpunkt der Abfrage am 2.8.2018 sei Frau D. eingeloggt gewesen, die „selbst gar nicht ausschließt, dass sie die Abfrage gemacht“ habe – sie könne sich jedoch nicht aktiv erinnern. Die Abfrage habe 6 Minuten gedauert, „da hat sich jemand die Zeit genommen“.
T. sagte, das 1. Revier sei räumlich so aufgeteilt, dass es aufwändig und auffällig sei, wenn sich dort ein Unbefugter aufhalte, weswegen er überzeugt sei, dass Angehörige der Dienststelle die Abfrage gemacht haben müssen.
T.: Die Streife von Johannes S. und seinem Kollegen W. sei besonders aufgefallen, es gäbe keinen Zweifel, dass sie sich zum Zeitpunkt der Abfrage in der Dienststelle aufhielten. Aber niemand erinnere sich, wo sie waren. Es sei nicht auszuschließen, dass sie die Daten abriefen.
Das Protokoll über Einsätze von Johannes S. und seinem Kollegen W. war auffällig: Ein Einsatz wurde händisch eine Stunde vorverlegt. Diese Veränderung fällt in die Zeit, als das erste Drohfax an Başay-Yıldız gesendet wurde. Verdacht: Hier sollte ein Alibi geschaffen werden.
Auf dem Handy von Johannes S. wurden Anzeichen für rechtes Gedankengut gefunden. Bei einer Feier wurde S. karikaturenhaft in einer Naziuniform mit dem Dienstgrad Obersturmbannführer dargestellt. T. sagte, dies sei markant, da dieser Begriff auch in Drohschreiben verwendet wurde.
Auf dem Handy wurden zudem Fotos gefunden, die möglicherweise den jungen S. zeigen, wie er einen Hitlergruß zeigt. In einem Chat sei die Verwendung des Zitats „Ich reiß dir den Kopf ab und scheiß dir in den Hals“, aufgefallen, da dieser Satz in einem Drohschreiben fiel.
Auf S. iPad seien 2 Torbrowser installiert gewesen. Das erste Drohfax wurde über ein mobiles Gerät in einem Torbrowser versendet. Auch Aktivität und Interessen von Johannes S. seien bemerkenswert. S. habe durchschnittlich bis 30 Zugriffe pro Tag, am 2.8.2018 seien es 82 gewesen.
Der Polizist Johannes S. habe Artikel zu Başay-Yıldız gelesen. Der Google-Verlauf habe ergeben, dass nach der Anwältin gesucht wurde. Suche man eine bestimmte Begriffskombination, komme man zum Webauftritt, wo die Faxnummer steht, an die das erste Fax versendet wurde.
Johannes S. habe wenige Tage nach dem ersten Drohfax, am 15.8.2018, ein neues iPad aktiviert. Am 8.8. schrieb er seiner Mutter, er habe sein altes iPad verkauft, da es von 2012 sei. Auffällig: Der Dienstgruppenchat, in dem S. Mitglied war, sei bei ihm nicht mehr vorhanden gewesen
Der Zeuge berichtete von Überwachungsmaßnahmen gegen S.: Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), Durchleuchtung der E-Mails sowie Observation. Weiter berichtete er von der Hausdurchsuchung bei S. und seiner Familie am Stadtrand von #Frankfurt sowie einem weiteren Haus in #Kirtorf.
Sehr akribisch fragte die Staatsanwältin Neudeck danach, ob der Zeuge die Unterscheidung zw. dringendem und hinreichendem Tatverdacht kenne. Indirekt wurde dem Ermittler durch die Staatsanwaltschaft hier vorgeworfen, er habe S. während der Hausdurchsuchung nicht richtig belehrt.
Der #NSU20-Prozess wird am 30.5. vorm Landgericht #Frankfurt fortgesetzt.
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"Schwarzer Humor" auf dem 1. Polizeirevier #Frankfurt: Was die Beamt*innen im #NSU20-Prozess als "was Lustiges posten" darstellten, wurde von der Nebenklage klar als rassistisch und antisemitisch benannt. Die Vorsitzende Richterin hielt das nicht für verfahrensrelevant. Thread 👇
Zu Beginn wurde der Beamte Tim W. befragt. Er sei am Tag der Datenabfrage von Seda Başay-Yıldız (2.8.18) gemeinsam mit Johannes S. im Streifendienst unterwegs gewesen. Zum genauen Zeitpunkt der Datenabfrage sei er mit ihm an der Hauptwache im Einsatz gewesen.
Dies wurde durch das Gericht versucht, anhand eines Protokollzettels nachzuvollziehen, welche die Beamt*innen händisch ausfüllen und an ihren Vorgesetzten weitergeben. Dieser werde aus der Erinnerung ausgefüllt und könne deshalb auch manchmal falsch eingetragen worden sein, so W.
Durch den #NSU20-Prozess wird klar: Es wurde nicht ausreichend gegen mglw. beteiligte Polizist*innen ermittelt, ein Netzwerk wurde nicht in Betracht gezogen, die Betroffenen weder informiert noch ernst genommen. Wir haben die Erkenntnisse der letzten Wochen zusammengestellt.🧵
Im Prozess gegen Alexander M. in Frankfurt werden die Zusammenhänge und das Ausmaß der Drohmailserien erst durch die Aussagen der Betroffenen und die Aufklärungsbemühungen der Nebenklage klar. #NSU20
Nebenklägerin Martina Renner hat den Eindruck, als hätten sich verschiedene Drohserien einen „Staffelstab“ übergeben. So habe sie zunächst Mails von der „Nationalsozialistischen Offensive“ („#NSO“) bekommen, dann vom „Staatsstreichorchester“ und anschließend vom „#NSU 2.0″.
Im #NSU20-Prozess zeigte sich gestern, dass die Polizei nicht nur nicht richtig ermittelt hat, sondern auch Betroffene nicht über die Gefährdung informierte: Ferat Koçak erfuhr erst wegen seiner Aussage von weiteren Drohungen gegen ihn. Unser Thread zum 7. Prozesstag👇
Bei ihrer heutigen Vernehmung haben Anne Helm und Ferat Koçak die Auswirkungen der #NSU20 Drohschreiben auf ihr Leben beschrieben und einen möglichen Zusammenhang mit der rechten Anschlagsserie in Neukölln betont. Dabei kamen auch einige Fragen zur Arbeit der Polizei auf.
Helm sagte, dass sie die hess. Polizei auf diesen Zusammenhang hingewiesen hat, da sie selbst Betroffene der Anschlagsserie war. Koçak sagte, dass er vom LKA nur über eine einzige Drohung informiert wurde, diese Woche erst habe er von weiteren erfahren. linksfraktion.berlin/aktuelles/pres…
Alles richtig gemacht? Der Mord an Walter #Lübcke wurde weder verhindert noch vollständig aufgeklärt! Beim Lübcke-Untersuchungsausschuss konnte sich heute ein eigenes Bild von den Behörden-Behauptungen gemacht werden. Es zeigt sich: Die Ermittlungen haben große Lücken. Thread👇
Der erste Zeuge des Tages war Oberstaatsanwalt Dieter Killmer, der die Ermittlungen beim GBA nach dem Mord an Walter #Lübcke leitete. Er vertrat den GBA auch im Prozess zum Mord an Lübcke und zum Angriff auf Ahmed I., der vor einem Jahr endete.
Zur Erinnerung: Der Prozess zum Mord an Walter #Lübcke und zum Angriff auf Ahmed I. endete mit einem Quasi-Freispruch für Markus Hartmann wegen Beihilfe zum Lübcke-Mord und einem Freispruch für Stephan Ernst wegen des Angriffs auf Ahmed I.
Im Urlaub mit Heises und zu Gast beim "Schild & Schwert"-Festival - im #FretterodeProzess sagte heute ein "unpolitischer" Schulfreund von Nordulf Heise aus. Der zweite Zeuge, ein NPD-Funktionär, war plötzlich "vernehmungsunfähig", als es um die Arische Bruderschaft ging. Thread👇
Eigentlich sollte heute der Polizeibeamte erneut als Zeuge erscheinen, der laut Berichten nach seiner Aussage am 7. Prozesstag den Verteidiger Nahrath gefragt haben soll, "War das in Ordnung, was ich gesagt habe?". Der Beamte wurde nun auf den 6.12. umgeladen.
Den ersten Zeuge des Tages, Aaron Ar., präsentierte die Verteidigung als "unpolitischen" Schulfreund des Angeklagten Nordulf Heise. Er war am Tattag (29.4.2018) auf dem Anwesen Heises, weil er dort übernachtete. Fotos der angegriffenen Journalisten zeigen dort ihn um 13:12 Uhr.
"Es können von diesem Ort aus Straftaten ausgehen." Am 7. Tag des #FretterodeProzess wurden vier Streifenpolizisten befragt, die am Tag des Angriffs im Einsatz waren. Die Aussagen zeigten eklatante Mängel in den Ermittlungen direkt nach dem Tatgeschehen auf. Details im Thread 👇
Beide Streifenwagenbesatzungen wurden zunächst zur Unfallflucht nach #Fretterode gerufen und auf dem Weg zum Tatort nach Hohengandern abberufen. Dort hatte die ranghöchste Polizistin die Lage unter Kontrolle und beide Streifenwagen sollten das Tatfahrzeug suchen.
Durch die Betroffenen war zumindest der Name von Bruno sowie seine Adresse bekannt. „Besser kann man‘s ja gar nicht haben!“, so einer der Beamten. Welcher Streifenwagen zuerst vor Ort war, darüber gab es widersprüchliche Aussagen.