Keynote von @LarsMecklen zu @pruefungskultur:
Ausgangspunkt ist die Einsicht, dass Prüfungen alles beeinflussen und teilweise überschreiben, was Lernen wertvoll, wichtig und lustvoll macht. #wildcampenbw
@LarsMecklen@pruefungskultur Medienwandel führt zu Komplexitätssteigerungen ➡️ Gesellschaft wird komplexer und muss sich darauf einlassen. Das ist der Kontext der Frage, was eine »zeitgemäße Prüfungskultur« ist – zunächst also eine hinreichend komplexe.
Kritikpunkte an traditioneller Prüfungskultur: (1) Gedächtnis als einzige Wissensquelle ist Kennzeichen der Oralität (2) Handschriftlichkeit in Prüfungen ist Verschriftungsform der Literalität (3) soziale Isolation ist Gegenteil der für Digitalität entscheidenden Vernetzung
»Erfahrung, dass Vernetzung Qualität einer Situation erhöht, wird durch Prüfungssituation zerstört. Als Bild: Wer etwas alleine trägt, kann niemals so viel tragen, wie wenn das gemeinsam mit anderen geschieht.«
Prüfungen sind heute so wie sie sind, weil Verantwortliche experimentell-naturwissenschaftlich Rückschlüsse über nicht-beobachtbare Lernprozesse ziehen wollen.
Dazu müssen verschiedene Variablen kontrolliert werden, die für alle genau gleich sein müssen.
Der Versuchsaufbau der Prüfung produziert das erwartete Ergebnis. Erfüllt es die Erwartungen nicht, wird der Versuchsaufbau modifiziert – oft werden deswegen zusätzliche Stressoren eingebaut, wie z.B. Zeitdruck. So entstehen simulierte Kompetenzen.
Lösungsvorschlag von @LarsMecklen:
Formative Gespräche über Lernen und tatsächlich vorliegende Kompetenzen. Mittelpunkt der Prüfungskultur ist die Kompetenz von Lehrenden, einschätzen zu können, was Lernende können.
Ergebnis ist, dass Lernkultur und Prüfungskultur zur Deckung kommen, es keine Differenz gibt zwischen dem, was/wie Schüler*innen lernen und was von ihnen in künstlichen Prüfungssituationen verlangt wird.
Über Zwischenschritte sollten Prüfungsformate geöffnet werden. Denkbar wäre z.B. Schüler*innen wählen zu lassen, wann sie geprüft werden, damit sie ihr Können zeigen können.
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Die »Mami«-Geschichte ist ein Lehrstück, wie schlechter rechter Journalismus Menschen empört, statt nachdenken zu lassen.
Worum gehts?
Ein Dienst der Stadt Zürich hat einen Newsletter verschickt. Darin steht wohl, es wäre sinnvoll, Elternteile von Kindern nicht »Mami« zu nennen.
Wie ist das gemeint?
Gemeint ist, nicht generisch zu sagen: »Hast du Mami gefragt?«, »Das muss s’Mami entscheiden.«, wenn man
a) nicht weiß, in welchen Verhältnisse ein Kind lebt
b) nicht weiß, wer zuhause ist und entscheidet.
[Hier kommt das Principle of Charity ins Spiel: Guter Journalismus rekonstruiert die sinnvollste Version einer Aussage. Schlechter rechter Journalismus konstruiert immer die ungünstigste Interpretation.]
In einem Monat finden an den Zürcher Gymnasien die Aufnahmeprüfungen (ZAP) statt. Dieses Jahr gibt es u.a. zwei Änderungen, die deutlich machen, wo die Probleme einer restriktiven Aufnahmepraxis durch eine selektive Prüfung liegen.
Ganz grundsätzlich ist das Problem, dass der Kanton Zürich den Zugang von Jugendlichen an allgemeinbildende Schulen künstlich beschränkt. Aus ökonomischen Gründen. Deshalb braucht es Selektion, die nur unfair sein kann.
Ein Lossystem, das ich letztes Jahr ins Spiel gebracht habe, würde das für die Bevölkerung deutlich machen. Wie auch immer: Aktuell entscheidet eine Kombination auf Prüfungsleistung, die sozial normiert wird, und Vorschlagsnoten.
Der Umfrage-Trick zum Gendern:
Weil in einer NZZ-Umfrage viele Teilnehmende dem Gender-Stern nicht zustimmen, soll er verboten werden.
In dieser Vorstellung stecken mehrere Fehlargumente:
(1)
Verwaltungen sollten nicht so schreiben, wie es sich die Mehrheit wünscht, sondern wie es für die Bevölkerung am besten ist. (Und es ist wahrscheinlich am besten, wenn alle Personen mitgemeint sind.)
(2) Wenn eine Mehrheit eine Meinung hat, ist das kein Grund, andere Verfahren zu verbieten. Bei Sprache ist die richtige Lösung immer die liberale: alle Menschen so sprechen und reden lassen, wie sie es möchten und sinnvoll finden.
Das Interview mit Andrea Franc und der Umgang damit ist ein Lehrstück für das Versagen des Schweizer Qualitätsjournalismus. 🧵
(1/11)
Andrea Franc ist Historikerin, die mehrmals Aufträge für »economiesuisse« durchgeführt hat. Der Wirtschaftsverband hat ihr die Publikation einer Monografie mit Übersetzung ermöglicht. dg.philhist.unibas.ch/de/personen/an…
(2/11)
»economiesuisse« fordert seit über 10 Jahren, die Schweizer Hochschulen sollten sich stärker am Arbeitsmarkt ausrichten und dazu z.B. Studiengebühren erhöhen (indem sie z.B. lohnabhängig oder rückzahlbar gestaltet werden).
Heute war Notenabgabe.
Ich habe eine neue Praxis, die ich kurz vorstellen möchte – und drei Probleme, die ich nicht lösen kann. #notenade 🧵
Ich spreche mit allen Schüler*innen (oder schreibe) ihnen. Dabei gebe ich ihnen eine wertschätzende Rückmeldung zu ihren Leistungen im letzten Semester, erwähnte, woran ich mich besonders erinnere, was mich gefreut hat etc.
Ich teile ihnen dabei auch ihre Semesternote mit, die ich aber nicht rechnerisch begründe, sondern versuche, gesamthaft plausibel zu machen. (Das gelingt mir nicht immer, zumal die Schüler*innen sich untereinander vergleichen und Noten »brauchen«.)