Die kaum versteckte Hoffnung rechter Trolle & Kommentatoren, die #Affenpocken mögen doch bitte das neue #AIDS sein, ist... für diese Arschlöcher total folgerichtig, weil alle notwendigen Elemente in der Story drin sind. Dazu & der actual Story of #HIV/AIDS 1 kurzer Thread 1/x
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Zuerst mal: was „wissen“ wir über die Affenpocken (AP), sprich, was wird in den gängigen Medien darüber erzählt, was ist der „Diskurs“?

- der Name: „Affen“ werden als whitesupremacist, rassistisches Stereotyp genutzt, vgl. rassistische Beleidigungen schwarzer Fußballspieler
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D.h., dass „Affe“ in der whitesupremacist Imaginary „Europas“ im Grunde „das dunkle Afrika“ (mit John Conrad: the Heart of Darkness) repräsentiert: „zurückgeblieben“, „unterentwickelt“, einfach: näher an „Wilden“, dem „Naturzustand“, den Weiße schon längst überwunden haben.
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That maps neatly auf die Geschichte der Entstehung & Verbreitung von HIV/AIDS: "One of the features of the HIV/AIDS pandemic has been the re-emphasis of Africa’s place in the global imagination as the ‘diseased continent’ & the ‘dark continent’." tandfonline.com/doi/pdf/10.108…
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Das 2. Element des AP-Diskurses, das Rechten Arschlöchern gefällt, ist die Übertragungsweise: "Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist nur bei engem Kontakt möglich, kann aber durch Kontakt mit Körperflüssigkeiten auftreten, vermutlich auch im Rahmen sexueller Handlungen."
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Und last but not least freuen sich presumably alle rechten Trolle Deutschlands (meine tun dies auf jeden Fall), dass einige der 1. Fälle in Deutschland im modernen Sodom & Gomorrah auftraten, im perversen Berlin, *natürlich* in einer schwulen Sauna.

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Jetzt zur Geschichte von HIV/AIDS, genauer, der Diskurse darüber. Denn wichtig ist: wenn wir von sexuell übertragbaren Krankheiten sprechen, sprechen wir weniger von medizinischen Fakten, sondern erzählen "morality tales": wer sich ansteckt, muss sich falsch verhalten haben.
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In den 1970er Jahren sahen sich die weißheteromännlichkapitalistischen Mehrheitsgesellschaften des Nordens einer Reihe von Krisen & Angriffen ausgesetzt: zur wirtschaftlichen Krise des Fordismus ("Nachkriegskapitalismus", Wohlfahrtstaat, etc.) kamen die Challenges durch...
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eine Reihe progressiver sozialer Bewegungen, allen voran natürlich die nationalen Befreiungs- & dekolonialen Bewegungen der bis dato als 3. Welt degradierten Länder des globalen Südens, aber auch: Umwelt-, Frauen-, Arbeiter*innen & queere Bewegungen. Die Normalität wackelte.
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Unter den verschiedenen countercultural movements waren schwule Männer oft die sichtbarsten, sind wir doch im Unterschied zu unseren lesbischen Genoss*innen for better or worse immer noch "Männer", dh qua Patriarchat sichtbarer, weshalb unsere offen gelebten "Perversionen"
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fielen den Normalos besonders negativ auf. Unser lebensweltlichen Radikalismus sagte, "wir bauen uns unsere eigene Lebensrealität, ja, wir ficken die ganze Nacht. Und: Mehrheitsgesellschaft, vielleicht könnt ihr verstockten Arschlöcher was von uns lernen - oder untergehen."
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Dann kam 1981, das Jahr, in dem die "AIDS-Panik" in den USA begann. Die meisten der Opfer der mysteriösen Krankheit waren MSM ("men who have sex with men"), und/oder African Americans. Schwuchteln & Schwarze. So ung: "Alles gut und schön, aber hey, jetzt verreckt ihr alle."
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Schwule communities erinnern sich nicht nur an die Zeit, in der man auf mehr Beerdigungen ging, als auf Parties - sondern auch an die Häme, den befriedigten Blick der Normalos als wir vor ihren Augen dahinsiechten, ausgemergelte Symbole der Strafe Gottes für unsere Sünden.
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Jedes Mal, wirklich jedes Mal, wenn ich diese Geschichte aufschreibe, kommen mir vor Wut Tränen in die Augen, will ich rausgehen, & einen Molli ins nicht existierende Zentrum des Normalwahnsinns werfen. And I wasn't even around then. Community trauma: we can never forget.
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Denn die Mehrheitsgesellschaft nutzte HIV/AIDS als Schild & Schwert, um die politisch-moralischen Angriffe der Bewegungen abzuwehren, ihre moralisch und politökonomisch eigentlich schon diskreditierte "Normalität" wieder herzustellen, denn siehe: all the others were dead.
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Die Parallelen zur heutigen Zeit sind klar: wir haben eine Transformationskrise zwischen 2 Phasen des Kapitalismus (damals Fordismus => Neoliberalismus, heute Neoliberalismus => post-earth Kapitalismus); moralische Delegitimation einer Normalität, die die Welt zerstört...
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Z.b. sind's ja bei der Klimakrise nicht die Perversen & Weirdos, die die Welt zerstören, sondern die Normalen & ihre ganz normalen imperialkapitalistischen Alltagspraxen(ja, linke Genoss*innen: auch das zur-Arbeit-gehen, I'm sorry to say, daher shoutout to @AufstandLastGen)
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Die von einer brüchigen & aggressiven weißen, cishet Männlichkeit bestimmte Normalität wird aber nicht nur durch globale ökologische Krisen infrage gestellt, dazu kommen zunehmende Sichtbarkeit & Selbstbewusstsein von Trans* & anderen queeren Subjekten, neue Feminismen...
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Politisch nimmt der Widerstand des Normalwahnsinns (aka Normalität) die Form neuer faschistischer Bewegungen an (Trumpism, Modi, Bolsonaro, Putin, etc), im Alltag basiert er auf einer ressentimentgeladenen "man wird ja wohl noch x sein/sagen/tun dürfen" cishet-Männlichkeit.
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Ich, ähm,... Tadzio Müller schrieb dazu in seinem Newsletter #friedlicheSabotage, dass die "amoralischen Sauhaufen" des globalen Nordens im Grunde wissen, dass ihre Existenz eine moralische Abscheulichkeit ist, eine Tatsache, die sie verdrängen müssen, um zu funktionieren.
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Wir leben also, vgl Lessenichs Konzept der "Externalisierungsgesellschaft", in einer "#Verdrängungsgesellschaft", & alles queere, trans, deutsche, die nicht auf dem kartoffelacker geboren sind, etc., was die Verdrängung infrage stellt, muss... weg. steadyhq.com/de/friedliches…
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In so einer Situation käme der rassistischen Normalomehrheit hierzulande eine Pandemie, die vor allem Perverse, "Andere" dahinrafft oder zumindest sichtbar entstellt (in morality tales immer das Zeichen des Bösen) gerade recht. Dieses Foto einer "schwarzen" Hand sagt alles.
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Ich hörte übrigens gestern abend zum 1. Mal von den Affenpocken, weil ich - genau, wie Ihr, liebe Trolle, Euch das vorstellt - eine Woche lang immer wieder Drogen genommen, mich durch halb Berlin habe ficken lassen. Warum sage ich das, warum bestätige ich Eure Vorurteile?
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Weil ich auf Eure Moralität scheiße. Weil es mir egal ist, ob Ihr Euch in Eurem Hass bestätigt fühlt. Weil es zwar wirklich äußerst unwahrscheinlich ist, dass ich die AP eingefangen habe (I'm more of a getting-fucked-outdoors than in Clubs-guy). Aber wäre dem so, würde das
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nichts am moralischen Bankrott & dem mit absoluter Sicherheit kommenden katastrophalen Zusammenbruch des von Euch so geliebten Normalwahnsinns ändern. Und weil ich stolz bin, eine "perverse Drogenschwuchtel" (Zitat: anon Hater) zu sein.

Denn es sind nicht mehr die 1980er:
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Es reicht nicht, die Zinssätze zu erhöhen (1979 war eine Zinssatzerhöhung der US Fed die Eröffnungssalve der neoliberalen Offensive, die den globalen Süden & die Arbeiter*innenbewegung stark schwächte), & ein paar Schwule verrecken zu sehen, damit alles wieder normal wird.
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Die globalen ökologischen Krisen, das Erreichen planetarer Grenzen bedeutet, dass Eure Normalität *nie wieder* normal werden kann. Sie ist - um ein Bild von oben aufzugreifen - in genau dem Zustand, in dem sich schwule und schwarze Körper im Endstadium von AIDS befanden:
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Sie ist ausgemergelt, jeglicher Legitimation beraubt, sie liegt siechend im Bett, hustet & kotzt Blut, das Blut der Abermillionen, die durch diese gewaltätige Normalität getötet wurden. Sie ist am krepieren.

Nicht die Affenpocken sind das Problem. Die Normalität ist es.

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