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May 28 13 tweets 2 min read
Selten so etwas Abstruses gelesen. 250 Seiten Polemik, wonach sämtliche Kritik am #Verfassungsschutz und dessen Arbeit ausnahmslos Quatsch sei.

Das Bedenkliche: Die beiden Autoren – Prof. und Dr. – unterrichte(te)n an Hochschulen der Polizei NRW und des Bundes.

Kostprobe? 1/x
„Angesichts den Taten eines Anders Breivig (sic), dem Angriff auf die Zeitungsredaktion Charlie Hebdo … wirkt die in der veröffentlichten Meinung … 2/
„…angestrengte Diskussion um Vorratsdatenspeicherung, Dateien und Datenschutzfragen längst wie eine kollektive narzisstische Störung.“ 3/
In der Tatsache, dass Verfassungsschutz-Agenten manchmal „Schnüffler“ genannt werden, sehen die Autoren die infame Unterstellung einer „bestimmten physiognomischen Eigenheit, z.B. eine überdimensionierte Nase“, … 4/
…und mahnen, bei einer solchen Zuschreibung nicht abänderbarer unsympathischer Züge „spricht man üblicherweise von Rassismus“ – bzw „gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit“. 5/
Die Autoren betonen, nur hierzulande würden Kritiker*innen immer so rumnerven. „Eine Debatte über die Zweckmäßigkeit nachrichtendienstlicher Mittel findet in Großbritannien nicht statt.“ 6/
Noch schöner: In GB würde über die Befugnisse der Dienste gar nicht diskutiert. „Ein Land mit einem gefestigten demokratischen Bewusststein und der entsprechenden selbstverständlichen Akzeptanz auch besonderer Institutionen braucht solchen Unfug nicht.“ 7/
(Was einigermaßen witzig ist, wenn man weiß, dass GB in Wahrheit nach den Snowden-Enthüllungen sehr viel stärkere Kontrollen der Geheimdienste eingeführt hat als D. But anyway.) 8/
Nach der Überschrift „Verfassungsschutzkritik als deutsches Befindlichkeitssyndrom“ gehen die Autoren in die Vollen. Seitenlang werden Kritiker des Verfassungsschutzes in Gruppen unterteilt und verspottet. 9/
Meine Lieblingsgruppe: Die "seriösen Juristen" der "Humanistischen Union" @humunion . Anführungszeichen im Original. So lautet tatsächlich eine Überschrift im Buch. 10/
Gönnerhaft schreiben die Autoren: „Fehlinterpretationen des Verhältnisses von Sicherheit und Freiheit können in unterschiedlicher Intensität und Ausrichtung den Hintergrund für eine Kritik rechtsstaatlicher Nachrichtendienste … bilden.“ 11/
„Das bedeutet nicht automatisch eine extremistische Motivation der Kritik…“, eine Fehlinterpretation ist es freilich trotzdem. 12/
Und schließlich, nice touch: Um zu unterstreichen, dass Politiker, die dem Verfassungsschutz reinreden und Vorschriften machen, Deppen sind, beginnt jedes Kapitel mit Zitat aus der TV-Serie „Yes Minister“, die von Politikern handelt, die dümmer sind als ihre cleveren Beamten.13/

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May 14
Grüße von der Jahrestagung der ⁦@NeueRichter⁩ in Stuttgart 🪩 und danke für die Diskussion 🚬 ImageImage
Wir waren uns einig: Peer pressure der Richterschaft und Erledigungsdruck von oben sind groß, nicht nur im Strafrecht. Aber das kann nie eine Ausrede dafür sein, Verfahren übers Knie zu brechen.
Definitiv braucht es mehr Mittel für die Justiz. Wo man die Strafjustiz kaputtspart, geht das zuvorderst auf Kosten der Armen. Reiche, die auf gute Anwälte zählen können, kommen dann noch klar. Ärmere viel weniger.
Read 4 tweets
Apr 7
In der zweitgrößten Stadt Deutschlands soll jetzt der Studiengang #Kriminologie weggespart werden. Also die Erforschung von Kriminalpolitik, bislang zugänglich auch für Polizist*innen. Ich erkläre mal, warum das völlig abstrus ist, @unihh #Hamburg
Kriminalpolitik greift so tief in die Grundrechte von Menschen ein wie sonst kaum eine staatliche Tätigkeit, gleichzeitig ist es der Versuch von dringend nötigem Schutz vor großem Unrecht. Ist die Art, wie der Staat das angeht, eigentlich sinnvoll? What works?
Es ist schön, wenn man sich da nicht bloß auf ein Bauchgefühl verlässt. Es ist wichtig, dass man da nicht blind Ideologien folgt. Sondern empirisch die Dinge überprüft. Das ist Kriminologie. Conditio sine qua non einer rationalen Kriminalpolitik.
Read 5 tweets
Mar 22
AfD, NPD und Pegida werben in sozialen Netzwerken dafür, als #Schöffen zu kandidieren. So die AfD Köln mit dem Slogan: „Werdet Schöffen und sorgt für Gerechtigkeit in Strafprozessen“,
Pegida schrieb: „Jeder tue was er kann, mit dem was er hat, da wo er ist“, die NPD: „Der Rechtsstaat braucht uns - werdet Schöffen!“
Schöffen entscheiden zahlreiche Straf- und Asylverfahren mit. Sie werden von Kommunen nominiert. Aber ein systematisches Screening auf Verfassungstreue gibt es bislang nicht. 2016 bezeichnete eine Berliner Schöffin auf Facebook Asylbewerber als „Halbwilde und Tiere“.
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Mar 12
Was unterscheidet die Verfolgung von 🥦💊Drogen so fundamental von der Verfolgung von echten Straftaten (Diebstahl⚡️, Körperverletzung 🧨 etc)? Kurzer Thread über #racialprofiling und ich würde ja v.a. sagen: #socialprofiling 1/
Wenn die Polizei bloß in der Wache sitzen und warten würde, dass jemand kommt und ein Drogendelikt meldet, sie könnte lang warten. „Opferloses Delikt“ heißt: (Fast) niemand stellt Anzeigen wegen Besitz, Verkauf etc. 2/
Die Auslöser für Ermittlungsverfahren sind also fast immer, dass die Polizei auf eigene Initiative hinausgegangen ist und geguckt hat - sog. verdachtsunabhängige Kontrolle. Und wen kontrollieren die Polizist*innen? 3/
Read 7 tweets
Mar 9
Apropos #Verdachtsfall...

Was ist von einer Partei zu halten, in deren Grundsatzprogramm es heißt: „Ein multikulturelles Neben- und Gegeneinander führt zu Intoleranz, Ghettobildung und Gewalt“? Einer Partei, deren Chef die Migration als „Mutter aller Probleme“ bezeichnete? 1/6
Was lässt sich über eine Partei sagen, deren führende Vertreter die Flüchtlingspolitik Angela Merkels als „Herrschaft des Unrechts“ bezeichnet haben – oder die gar ankündigten, sich „bis zur letzten Patrone“ gegen Zuwanderung in deutsche Sozialsysteme wehren zu wollen? 2/6
Das sind Äußerungen, die nicht von der AfD stammen. Sondern von Politikern der Union, die in den vergangenen 16 Jahren den Bundesinnenminister gestellt hat. Die letzten zwei stammen sogar vom langjährigen Vorsitzenden der CSU, der zuletzt 4 Jahre lang Minister war. 3/6
Read 6 tweets
Mar 8
Das bedeutet die „Verdachtsfall“-Entscheidung übrigens ganz praktisch für die AfD 🕵🏻‍♂️👇
Der Verfassungsschutz darf künftig die Kommunikation von wichtigen Akteuren der AfD heimlich mithören und mitlesen. Ein richterlicher Beschluss ist dafür nicht nötig. Die einzige externe Instanz, die zustimmen muss, ist ein kleines, höchst verschwiegenes Gremium…
Diese sogenannte G-10-Kommission – benannt nach dem Artikel 10 des GG, der eigentlich die Vertraulichkeit der Kommunikation schützt – tagt nur einmal alle paar Wochen in einem abhörsicheren Raum des Bundestages.
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