Ich hatte euch ja eine kleine Umfrage gegeben, wie so der emotionale Bezug von euch zu unserer Zukunft ist.
Wir Wissenschaftler experimentieren ja gerne. đź‘˝
Interessant:
“Nur” knapp weniger als die Hälfte von euch denkt, dass alles den Bach runter gehen wird.
Ein Thread 1/
Zuallererst, Meinungsumfragen (und Polls) sind oft mit statistischen, methodischen und konzeptionellen Problemen behaftet, also nehmt das Ganze nicht zu ernst. Vor allem Twitter hat da sehr wenig Aussagekraft. 2/
Aber nehmen wir die Meinungsfrage grob wie sie ist und sagen sind ca. 50% von euch die nicht mit Zuversicht in die Zukunft schauen. Im Durchschnitt ist das schonmal gar nicht schlecht für uns, denn größere Umfragen fanden den global Durchschnitt bei etwa 62% negativ.
3/
Unser RealSci_DE Abweichung kann jetzt natürlich am Zufall liegen, natürliche Schwankungen, geographische Unterschiede, zeitliche Unterschiede (die letzten Meinungsumfragen die ich gefunden habe darüber sind doch schon ein paar Jährchen her), oder echtes “Signal”.
4/
Was ich jedoch sehr erstaunlich finde, sind wie viele von euch auf “es wird besser”gedrückt haben. Um die 40%. Das ist richtig stark!
Ob sich das mit dem doch oft beschworenen germanischen #Weltschmerz vereinbaren lässt? :)
Also, was ist da los? 5/
Meine Theorie ist trivial: Soziale Medien stecken uns ja in “echo chambers” und Leute, die öfters mit Wissenschaft in Kontakt kommen, sind einfach positiver eingestellt weil ihre Informationsdiät nicht nur negative Nachrichten & Dystopien sind, sondern halt auch coole Wisskomm 6/
Wir sind also eine mehr oder weniger selbst-selektionierte Gruppe die sich auf einer Achse (wieviel #Wisskomm sie konsumiert) vom Durchschnitt der Masse differenziert.
Das ist erstmal eine Korrelation, keine Kausalität.
7/
Es gibt da auch noch einen ausführlichen Post von Max Roser von @OurWorldInData , der aufzeigt, dass Leute die besser über die Realität informiert sind, tendenziell einen positiveren Ausblick auf die Zukunft haben. ourworldindata.org/wrong-about-th…
8/
Wenn ihr jetzt 2 und 2 zusammenzählt, scheint es nicht unplausibel, dass an meiner Hypothese was dran ist. Vielleicht habt ihr selbst schon ein paar Mal gemerkt, dass andere ein total verzerrtes #Weltbild oft haben das ihr gar nicht nachvollziehen könnt?
8/
Vielleicht habt ihr auch die einschlägige Literatur verfolgt die zeigt, dass positiv eingestellt Leute schlauer sind bzw. das #schlaue Leute #positiver sind. Man kann das ja von beiden Seiten betrachten.
Auf jeden Fall eine gute Bestätigung noch dazu. 9/ inc.com/jeff-haden/sci…
Sorry, ich muss das jetzt beenden.
Wenn ihr mir bis hierhin emotional gefolgt seid, seid ihr mir schon auf den “Leim” gegangen, sozusagen.
Ist an meiner #Hypothese was dran oder nicht?
➡️ Wer weiß, die Datenlage ist absolut unklar und Meinungsumfragen helfen da nicht. 🚨🚨 10/
Trotzdem wird vielleicht der eine oder andere glauben, dass da dennoch was dran ist.
Eine spannende Geschichte die in unsere #Intuitionen spielt, die unsere #Identität bestärkt oder unser #Weltbild bestätigt wird von uns viel besser aufgenommen als alternative Erklärungen
11/
…vor allem wenn diese kompliziert, nicht intuitiv oder zu indirekt sind.
Unser Hirn versucht konstant, Muster und Erklärungen zu finden, auch für triviale Sachen wie
“warum zeigt der #Wisskomm Poll andere Werte als andere Umfragen”?!?
Da können wir gar nichts dagegen tun.
12/
Das neuronale Netz in unserem Hirn hasst es, #Unsicherheiten offen zu lassen, da sie kognitiv energieaufwendiger sind und daher #unangenehm. Kahnemann und Tsversky haben da ja ein tolles Buch darueber geschrieben, kann ich nur empfehlen. en.wikipedia.org/wiki/Thinking,…
Dieser Hass
13/
der Unsicherheit führt zu einem kognitiven Bias der uns anfällig macht, systematische Denkfehler zu machen die uns zu falschen Welt- und Selbstbildern führen.
Diese Pandemie der Unsicherheiten hat unser Bedürfnis nach schnellen Klarheiten nur verstärkt. doi.apa.org/fulltext/2020-…
Aber #schnelle Klarheiten sind meistens falsch, und wir wissen von der Psychologie, dass wenn sich ein falscher #Glaube erstmals festgesetzt hat, es schwierig wird, ihn danach wieder zu ändern wenn die Faktenlage klarer wird.
15/
Genau um diesen Kernpunkt wird es diese Woche noch öfters gehen bei mir.
Denn Wissenschaft funktioniert genau andersrum als menschliche Psychologie, man begrüßt die #Unsicherheit und lässt sie nur los wenn die #Fakten es verlangen.
16/
Okay, danke fĂĽr die Aufmerksamkeit und sorry fuer das emotionale Achterbahn Experiment mit euch.
TL:DR Wir können nicht aus unserer Haut, aber wir können lernen, unsere Gier nach Klarheit zu zügeln und auf die Wissenschaft zu warten um weniger oft Falsches zu glauben.
/end
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Wie schon ein paar Mal angeklungen, die Natur kĂĽmmert sich wenig um unsere menschlichen Klassifizierungen.
Normalerweise lernt jeder in der Schule wie das mit der genetischer Vererbung so läuft, Mendel ⬇️, ein Allel von Mama/Papa, rezessiv dominant und so... kennt man ja. 2/
Aber neben dieser klassischen Vererbung gibt es auch ganz viele ausnahmen; z.B besitzen männliche Spermien keine mitochondriale oder chloroplast DNA, die kommen ausschließlich von der Mutter.
Dann gibt es genetischen Mosaicismus, Retroviren, DNA Rekombination... sprich
3/
Neuronen in Hirnorganoiden (gezüchtet aus Stammzellen) entwickeln #spontan eine elektrische Aktivität nach Monaten. Noch cooler: Sie beginnen, diese spontane Aktivität zu koordinieren mit dem was die anderen Neuronen so machen.
1/
Ich hatte ja gestern kurz über die unbekannte “Sprache”der Neuronen gesprochen. Um die Analogie fortzuführen, die Neuronen lernen nicht nur, miteinander zu sprechen, sondern zusammen zu singen.
Rhythmische Synchronisation.
Und das ist super weird! 2/
Stammzellen werden ja oft zuerst aus Hautzellen gewonnen und durch Yamanaka-Faktoren 🔽 “zurück programmiert”, bevor sie in andere Zelltypen (in unserem Fall Neuronale) umgewandelt werden können.
Wie kommt man so als #Wisskomm Angesteller in der Industrie unter?
FĂĽr alle, die nicht #Hanna sein wollen, aber auch die Wissenschaft lieben.
Ein kleiner 🧵: 1/
Zuerst, meine Position.
Ich habe momentan eine Position als 'Scientific Marketing Specialist', und wie ihr schon erkennen könnt, hat #wisskomm in der Industrie oft mit Marketing zu tun.
Ich weiĂź nicht wie es euch geht, aber ich hasste immer Marketing wie die Pest.
2/
Zum einen, da man natĂĽrlich verkaufen will und viele Marketing Tricks schlichtweg manipulativ, unehrlich oder so Klischee beladen sind, dass es einem das Herz zerreiĂźt.
Zum anderen, da der 'Inhalt' so hohl ist und stinklangweilig. Immer ist alles 'super', man habe 'das Beste' 3/
*Meine momentane Arbeit umfasst es, #Wisskomm für eine Firma zu machen; deshalb lässt es sich nicht ganz vermeiden, Material zu zeigen, dass zwar super erklärend ist, aber als '#Schleichwerbung' für die Firma gesehen werden könnte.
Deshalb versuche ich, so gut wie möglich nur öffentlich zugängliches/anonymisiertes Material zu zeigen dass in keiner Form irgendwie als Werbung gesehn werden soll, sondern nur für #Erklärungszwecke
Trotzdem werde ich solche mit "*§" markieren, dann wisst ihr Bescheid
Ich sehe schon, Hirn-auf-Chip interessiert euch.
Da werde ich morgen mehr davon zeigen, nur mal zur EinfĂĽhrung:
Hirn-auf-Chip beschreibt eine Technologie die biologische neurale Netzwerke (z.B Hirnschnitte, Organoide oder auch einfache Zellkulturen) auf einem Mikrochip setzt
1/
Da Neuronen elektrisch aktive Zellen sind, kann man den Ionenfluss der einem 'Aktionspotential' folgt (wenn die Neuronen 'feuern') durch Elektroden in der Nähe messen; man weiß vielleicht noch aus der Schule das solche Ionenflüsse Spannungsdifferenzen erzeugen.
2/
Diese Spannungsdifferenzen ('auch Spikes') genannt weil sie einen charakteristischen Ausschlag geben, sind ganz winzige Impulse die oft nur wenige Milisekunden bis Sekunden dauern, sie sind aber auch die Sprache die unsere Neuronen sprechen im weitesten Sinn.
3/
So, da bin ich wieder. Momentan pendle ich mit dem Zug zur Arbeit, was zwar etwas anstrengend ist, aber immerhin einige Zeit für #Wisskomm offen lässt. Sagt mal, worauf habt ihr gerade jetzt Bock?
Genomik Komik geht ĂĽbrigens so:
Zwei Ambystoma (Salamander) Weibchen wurden von einem Forscher gefangen. Die eine sagt: 'Heute gewinne ich die Chromosomenzählung aber!'. Die andere: '3 Heuschrecken das der Knilch zuerst den Chef holt'
Ich liebe dieses Beispiel, weil oft in der Biologie (und weiteren Wissenschaft) denken wir in Gruppierungen, Klassifizierungen, suchen Gemeinsamkeiten und Merkmale die generell gĂĽltig sind.
Und jedesmal wirft uns die Natur einen KnĂĽppel zwischen die Beine mit Dingen, die ...