In der #Notaufnahme bitte ich meine Kolleg:innen immer wieder, an die „Surprise Question“ zu denken und sie regelhaft anzuwenden. Die "Überraschungsfrage" lautet: "Wärest du überrascht, wenn dieser Patient in den nächsten (6 oder) 12 Monaten stirbt?". #einfachMedizin
2/13
Die Antwort soll sich ausschließlich auf den klinischen Gesamteindruck d. Ärzt:Innendruck stützen, um die (6-) 12-Monats-Mortalität bei Patient:innen (mit lebensbegrenzenden Erkrankungen) vorherzusagen. Diese Frage hat schon in früheren Studien eine Sensitivität von 21-84 %
3/13
und eine Spezifität von 51-94 % gezeigt & ist möglicherweise besonders gut geeignet, um die Sterblichkeit in der unter Zeitdruck stehenden #Notaufnahme vorherzusagen.
Allerdings geht es mir hierbei nicht um „Spezifitäten“ und „Sensitivitäten“ oder darum,
4/13
diese Frage tatsächlich als Grundlage für unsere Entscheidungen zu nutzen. Es geht mir hierbei vielmehr um ein #Mindset, das vor allem auch in der #Notfallmedizin unglaublich wichtig ist. Es geht darum, offen für viele mögliche Therapieentscheidungen zu bleiben.
5/13
Oft müssen wir schnell & in initial unübersichtlichen Situationen wichtige oder sogar schwerwiegende Entscheidungen treffen. Natürlich geht es darum Leben zu retten. Keine Frage. Es geht aber tatsächlich auch um mehr als das.
6/13
Es geht darum, wirklich #Leben zu retten und nicht einen #Herzschlag zu erhalten und das dann als Leben zu bezeichnen. Es geht um #Lebensqualität. Es geht um #Perspektive. Es geht um das Respektieren des Patientenwunsches.
7/13
Es geht um das Leben über den einfachen Herzschlag hinaus. Und nur, weil wir viel tun können, um einen Herzschlag aufrecht zu erhalten, heißt das noch lange nicht, dass wir dadurch ein Leben retten. Und sich dieses Unterschieds bewusst zu sein, ist der erste wichtige Schritt
8/13
für eine (Notfall-)medizin mit Maß & Ziel. Das gilt allerdings nicht nur für Mediziner:innen. Es gilt für jeden Menschen. Denn jeder könnte mal betroffen sein.
Und um für diese wichtigen Momente gut vorbereitet zu sein, ist es wichtig, sich als Mensch auch darüber Gedanken
9/13
zu machen. Ich weiß, dass das schwierig ist. Wer denkt schon gern über seinen eigenen Tod nach, spricht gern darüber oder schreibt es sogar auf. Und dennoch: wir sind hier alle für uns selbst in der Verantwortung. Es gilt, uns unserer Sterblichkeit und unserer Wünsche,
10/13
Einstellungen zum Leben, über das Sterben und den Tod bewusst zu sein. Bestenfalls schreibt man das dann auch für alle nachvollziehbar auf, damit man diese Einstellungen, Gedanken und Wünsche dann auch als Ärzt:innen in medizinische Entscheidungen mit einbinden kann,
11/13
vor allem, wenn Patient:innen in solchen schweren Stunden selbst nicht mehr auskunftsfähig sind.
12/13
3 Kernbotschaften: 1. Setzt Euch mit Leben, Sterben und Tod aktiv auseinander. 2. Redet mit einer vertrauten Person darüber, damit sie in Eure Gedanken eintauchen & sie vollends verstehen & nachvollziehen kann und macht sie bestenfalls zur Vorsorgebevollmächtigten Person.
13/13 3. Schreibt eine #Patientenverfügung, die nicht nur Kreuze setzt, sondern Eure Gedanken, Wünsche, Einstellungen, Hoffnungen, Ängste, Lebensfreuden & Ansichten zu Chancen & Risiken so einbindet, dass man Euch als Mensch ein Stück weit kennen & verstehen lernt #einfachMedizin
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Die kurze Videosequenz zeigt ein schlagendes #Herz im #Ultraschall. Die Untersuchung wurde unter Notfallbedingungen im #Schockraum durchgeführt & diente der orientierenden Suche nach der Ursache eines schweren (Kreislauf-)Schocks, mit dem die Person durch den Rettungsdienst
2/x
in die Klinik transportiert wurde.
Die Herzspitze ist oben im Bild, die Herzbasis ist unten. Das Herz steht sozusagen auf dem Kopf. Zudem ist es auf dem Monitor spiegelverkehrt dargestellt. Die linke Herzseite ist also rechts im Monitor und umgekehrt. 3/x
Die Patient:innen sterben nicht, weil sie nicht essen, sondern sie essen nicht, weil sie sterben.
-Cicely Saunders
Ein eindrücklicher Satz, der einen unglaublich wichtigen Aspekt in der (Palliativ-)Medizin auf den Punkt bringt und Klarheit schaffen kann.
Thread 1/x
Allerdings ist der angesprochene Gedanke nicht nur für med. Personal, sondern insbesondere für Laien oft sehr schwer nachvollziehbar. Deshalb erkläre ich hierzu ein paar wenige Aspekte & gebe einen kleinen Denkanstoß in einfachen Worten. Also, was genau steckt dahinter?
2/x
Nahrungsaufnahme, also Essen & Trinken, ist das Natürlichste auf der Welt. Wir verbinden es nicht nur mit Genuss, Lebensqualität, Freude, Wohlstand, Energie, sondern auch mit purem Leben. Dementsprechend negativ fassen wir es natürlich auf, wenn der Eindruck entsteht,
3/x
Künstliche Ernährung & Flüssigkeitszufuhr hat eine enorme medizinische, gesellschaftliche & natürlich ethische Brisanz. Viele haben sich bewusst dafür entschieden & können auch über Jahre damit gut & wohl auch mehr oder weniger zufrieden leben.
1/9
Gleichzeitig bekommt diese künstl. Ernährung in vielen Momenten & v.a. auch in d. letzten Lebensphase nochmal eine ganz neue Brisanz.
Es ist ganz oft mein Eindruck, d. hier viel Fehlinformationen & auch Ängste im Raum stehen, d. einfach viel zu selten angesprochen werden.
2/9
Dies mag einerseits daran liegen, dass man nicht gern über seine Ängste spricht. Andererseits ist das Sterben & der Tod bis heute in D ein großes Tabuthema, auch wenn es wohl in den vergangenen Jahren schon ein wenig besser geworden ist.
3/9
#Sepsis hat keine Lobby. Ist das ein Problem? Klar! #Sepsis tötet! Und das gar nicht selten. Die Sepsis gehört zu den häufigsten Todesursachen in D.
Die gute Nachricht: d. Verlauf einer Sepsis kann durch frühes Erkennen & rasches Behandeln positiv beeinflusst werden.
Thread 1/23
Deshalb ist es wichtig, dass alle mal was davon gehört haben und zumindest grob wissen, worum es hierbei geht.
Also gibt es jetzt und hier für Laien und medizinisch Interessierte diesen kleinen Thread zum Thema #Sepsis. #einfachMedizin
2/x
#Sepsis wird auch als Blutvergiftung bezeichnet. Sie kann durch jede Infektion ausgelöst werden; also z.B. Lungenentzündung, Entzündungen im Bauch, den Harnwegen od. auch Infektionen, die entstanden sind, weil man sich verletzt hat & Erreger in d. Körper eingedrungen sind. 3/x