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Jul 13 48 tweets 6 min read
Die Geschichte der #Arbeitsverweigerung ist lang und
...
das No, Nein, Nee stemmt sich gegen die Erzählung vom Ende der großen Erzählungen (Jean-François Lyotard, war kein Arbeiter). Das vom Popstarphilosophen getragene Bartleby-T-Shirt stellt den "I would prefer not to"-Satz an den Körper des Denkers, am Ende ist es Melvilles
Androhung des Verlusts des Körpers, das Verhungern. Diese Depression, Slavoj Žižeks eigene Verachtung des Köpers (, der nicht wichtig sei, wie we irgendwo im Interview (?) äusserte), der sich denkend und redend in den Herzinfarkt schwitzte, die individuelle Depression, und der
sich sorgende Arbeit"geber" (tatsächlich Käufer der Ware Arbeitskraft und also Nehmer) zeigen an, wie wenig reines Nichtstun mit dem kollektiven "Organisieren" zu tun hat, oder vielmehr, wie die Androhung des Körperverlusts der Politik des Yoga und der
Optimierung des Selbst entspricht. Das Paket hinzuwerfen unterscheidet sich vom Streich vieler gegen den Lohnarbeitszwang in der Qualität der Masse der Verweigerung. Melvilles Geschichte kann deshalb gelesen werden wie die Konsequenz der Sozialpartnerschaft, die kein genuin
deutsches Modell ist, im Nazismus aber dergestalt brutal tödlich "auf den Punkt" gebracht wurde. Das Kommando über die gesellschafflich immer in Resten und basal notwendige Arbeit zu übernehmen, um das Kommando aufzuheben für die Reproduktion und die Befreiung der Körper, die
der Pop doch immer nur in der Freizeit befreit, im Moshpit, im Wippen, Springen, Armehochreißen. Die Enteignung der Verfüger über die Zeit ist das Paket, das keine bedürfnisfingierende Ware mehr sein kann, wie der Ressourcenüberverbrauch der Warenproduktion zeigt. Hier
eine Berechnung: Die Legende von der Lohn-Preis-Spirale
oder
Kann unsere Bescheidenheit die Inflation stoppen? marxistische-abendschule.de.
Hier der Flyer*:
Die Legende von der Lohn-Preis-Spirale
oder
Kann unsere Bescheidenheit die Inflation stoppen?
Die galoppierenden Preise bei Heizung, Strom, Lebensmittel ... sind ein schwerer Schlag; besonders für die unter uns, die Niedriglöhne, kleine Renten oder
Arbeitslosengeld bekommen und schon unter den Coronamaßnahmen am stärksten leiden. Die Tariflöhne sind 2021 um 1,7% gestiegen, die Preise aber um 3,1%. Also, 1,4% Reallohnverlust im letzten Jahr. Inzwischen (im März 22) wachsen die Preise sogar schon um deutlich über 7%.
Aber die Europäische Zentralbank beruhigt: Die Inflation wird abflauen, „denn mit höheren Löhnen sei kaum zu rechnen“. Soll heißen: Da sich die Arbeitenden und die Gewerkschaften sich wohl vernünftigerweise zurückhalten, sei es mit den Preissteigerungen bald
vorbei. Steigen die Löhne wider Erwarten doch, dann allerdings wäre sie da, die Lohn-Preis- Spirale.
Was ist dran an dem „Narrativ“ von der Lohn-Preis-Spirale?
Dass da was mit der „Lohn-Preis-Spirale“ nicht stimmen kann, sieht man schon am Namen. Denn warum heißt sie nicht „Preis-Lohn-Spirale“, obwohl die Arbeitenden doch in 99 von 100 Fällen, genau wie heute, den Preissteigerungen nur mit Mühe hinterherhinken?
Und wieso sollte es ein Grund für weitere Preissteigerungen sein, wenn die Arbeitenden beim Lohn genau die 7% zurückholen, die sie vorher an die Verkäufer der von ihnen produzierten Waren durch 7% Preisanstieg verloren haben? Eigentlich ist damit nur der
Reallohn gesichert und wir sind quitt.
Quitt sind wir aber noch nicht, denn es fehlt die Arbeitsproduktivität in der Rechnung. Die Arbeitsproduktivität, also die Menge der hergestellten Waren pro Arbeitsstunde, steigt nämlich im
„verarbeitenden Gewerbe“ jährlich um etwa 2%. Bei 7% Inflation und 2% höherer Produktivität kann der Chef jetzt also nicht nur 100, sondern 102 Stück zu einem um 7% höheren Preis verkaufen. Seine Einnahme steigt so um gut 9%. Bei Lohnerhöhungen von 9% hätten wir also
gerade mal das Verhältnis Löhne zu Umsatz gehalten. Einen Grund für Preissteigerungen hätten wir noch immer nicht geliefert.
An der Lohn-Preis-Spirale ist noch etwas viel Grundsätzlicheres faul
Dem kommen wir mit zwei Überlegungen näher: Die Lohn-Preis-Spirale enthält die Annahme, dass höhere Löhne jederzeit auf die Verkaufspreise übergewälzt werden können. Wenn solche Preiserhöhungen aber jederzeit auf dem Markt durchsetzbar wären, warum
sollten Unternehmen dann auf Lohnerhöhungen warten, um die Preise zu erhöhen? Unternehmer wären blöd, wenn sie nicht, unabhängig von den Kosten, jeden Spielraum, den der Markt für Preiserhöhungen bietet, auch nutzen.
Außerdem, warum widersetzen sich Unternehmer Lohnforderungen eigentlich so hartnäckig, wenn sie sich jederzeit durch einen Preisaufschlag schadlos halten können? Mit dem Widerstand beweisen sie praktisch, dass sie das nicht können und Lohnforderungen als
Angriff auf die Höhe ihres Profits sehen.
Damit sind wir beim Kernpunkt: Die These von der Lohn-Preis-Spirale blendet die Konkurrenz zwischen den Unternehmen und den Gegensatz von Lohnarbeit und Kapital aus:
er Lohn richtet sich im Großen und Ganzen danach, was zum Leben reicht und bei schlechter Arbeitsmarktlage reicht‘s möglicherweise gerade mal zum Überleben. Welchen Wert dann die für diesen Lohn gekaufte Arbeitskraft dem schon in den Vorprodukten
steckenden Wert pro Stunde zusetzt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Nehmen wir an, dass eine Arbeitsstunde in der Endmontage dem Auto einen Wert von 100 € zusetzt. Bekommen nun die dort Arbeitenden einen Stundenlohn (einschließlich Nebenkosten) von 25
€, dann beträgt der Gewinn des Unternehmens pro Arbeitsstunde 75 €; je nach Konkurrenz auf dem Automarkt mal mehr, mal weniger.
ehmen wir weiter an, die Kollegen in der Endmontage glauben nicht länger der Erzählung, dass die Preise bald wieder sinken werden. Statt abzuwarten, bis die Inflation sie ruiniert, setzen sie deshalb einen Brutto-Lohnanstieg von satten 10% durch. Dann steigen ihre
Löhne auf 27,50 € und gleichzeitig sinkt der durchschnittliche Gewinn auf 72,50 € pro Arbeitsstunde. Karl Marx hat diesen Gegensatz von Lohnarbeit und Kapital so ausgedrückt: „Wenn der Arbeitslohn fällt, so steigt der Profit; und wenn der
Arbeitslohn steigt, so fällt der Profit.“[1]
Mit anderen Worten: Lohnerhöhungen, die über die Preissteigerungsrate und die Steigerung der Produktivität hinausgehen, bedeuten eine Umverteilung des von den Arbeitenden erzeugten Reichtums zu Gunsten der Lohnarbeit und zu Lasten des Profits. Wer
bitte - außer natürlich die Kapitalisten und Aktionäre - sollte was dagegen haben?
Doch ein Körnchen Wahrheit? - Nachfrageüberhang durch höhere Löhne
Tatsächlich führen steigende Löhne zu einer höheren Nachfrage nach den Konsumgütern, die Arbeitende so brauchen. Kommt die Produktion dieser Waren nun nicht schnell genug hinterher, entsteht auf dem Konsumgütermarkt vorübergehend ein Spielraum für
Preiserhöhungen. Der dadurch lockende Zusatzgewinn wird das Angebot aber schon bald an die erhöhte Nachfrage anpassen, so dass die Preise wieder sinken. Außerdem: Da die höhere Nachfrage aus dem höheren Lohn kommt, muss umgekehrt die Nachfrage, die aus
dem Profit gespeist wird, entsprechend sinken. Was also auf der Seite der Lohnarbeit an Kaufkraft gewonnen wird, geht auf der Kapitalseite verloren. Da die Gesamtnachfrage aber konstant bleibt, können von ihr auch keine allgemeinen Preissteigerungen ausgehen.[2]
Der Zweck der Legende und wie damit umgehen?
Mit dem Widerstand gegen Lohnforderungen verteidigt das Kapital schlicht seinen Profit. Das von Wirtschaftsweisen und Presse verbreitete Narrativ von der Lohn-Preis-Spirale dient schlicht dem gleichen Zweck. Ihre Fake-Botschaft lautet: Lohnkampf bringt
nichts. Preissteigerungen machen alle Erfolge wieder zunichte. Deshalb, liebe Sozialpartner der Gewerkschaft, haltet die Füße still, das hilft uns allen ...
Karl Marx, der berühmte Vordenker der Sache der Lohnabhängigen, war im Gegenteil der Meinung, dass diese „die gelegentlichen Chancen zur vorübergehenden Besserung ihrer Lage“ unbedingt nutzen sollten. Wenn nicht, würden sie schnell zu einer „Masse ruinierter
armer Teufel“. Allerdings sollten sie zugleich nach einem Ausweg aus einem System suchen, das sie immer wieder zu einem „unvermeidlichen Kleinkrieg“ „gegen die Gewalttaten des Kapitals“ und „die Marktschwankungen“ zwingt. Den Zusammenhang
zwischen notwendigem Kleinkrieg und Ausweg sieht er so: „Würden sie in ihren tagtäglichen Zusammenstößen mit dem Kapital feige nachgeben, sie würden sich selbst unweigerlich der Fähigkeit berauben, irgendeine umfassendere Bewegung ins Werk zu setzen.“[1]
[1] Karl Marx, „Lohn, Preis, Profit“
[2]In dieser Argumentation geht es um die Frage, welchen Einfluss Löhne auf die Nachfrage und die Preise haben. Reale Gründe für eine preistreibende höhere Nachfrage werden hier ausgeblendet. Ein solcher aktueller Grund ist etwa: Der Staat (z.B. für
Rüstungsgüter) und über staatliche Transferleistungen auch Private gehen mit Unmengen frisch gedruckten Papiergeldes einkaufen. Von dieser nicht durch die vorangehende Wertproduktion verursachten erhöhten Gesamtnachfrage gehen durchaus inflationäre
Tendenzen aus. Das hat aber mit einer Lohn-Preis-Spirale nichts zu tun.
Ein Flyer der MASCH e.V.

-> marxistische-abendschule.de//wp-content/up…

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