Ich bin Intensivpflegerin. Ich habe vor 4 Jahren meinen Beruf aufgegeben. Wieso und unter welchen Umständen ich zurück kommen würde, ein 🧵1/19 #pflegebrennt#Pflegenotstand@notruf_NRW
Ich bin eher zufällig in der Pflege gelandet. #IchBinArmutsbetroffen und die Pflegeausbildung in NRW war damals eine der besser bezahlten. Und ich mag (eher mochte) Menschen. Und helfen. 2/
Die Ausbildung hat mir Spaß gemacht, ich war ziemlich gut hab mit Bestnote abgeschlossen. Mein Examen habe ich auf einer neurologischen Intensivstation gemacht und da schon 2011 der Pflegemangel ein Thema war, konnte ich ohne Berufserfahrung nach der Ausbildung dort anfangen 3/
Ich hab irgendwann in eine Uniklinik gewechselt, hier in verschiedenen Fachbereichen gearbeitet (Unfallchirurgie, Kardiochirurgie, Innere..), bin Praxisanleiterin geworden und habe Auszubildende ausgebildet und Examen abgenommen 4/
Schon nach einem Jahr habe ich auf 30 Stunden reduziert- das war möglich, weil ich alleine stehend war und in einer billigen WG gewohnt habe, keine Familie unterstützen musste und es mir wichtig war, ein Privatleben haben zu können. 5/
Faktisch arbeitet man nämlich eigentlich immer mehr, als geplant, einspringen bei Ausfall ist die Regel. Überall.
Ich weiß, dass ich meinen Job gut gemacht habe. Ich bin empathisch, habe mich (freiwillig) fortgebildet, mein #ADHS sorgt dafür, dass ich in Stresssituationen 6/
absolut zuverlässig reagieren und Entscheidungen treffen kann.
Warum also aufhören? In den Jahren, in welchen ich auf Intensiv gearbeitet habe, hat sich die Situation immer weiter verschlechtert. Erfahrene, alte Kolleg*innen sind in Rente oder Teilzeit gewechselt, 7/
jüngere, erfahrene Kolleg*innen haben Kinder bekommen oder in ein anderes Fachgebiet ohne Schichtdienst gewechselt. Es war nicht selten, dass ich mit 2 Jahren Berufserfahrung die Dienstälteste war und mich für bis zu 15 schwerst kranke Menschen verantwortlich gefühlt habe 8/
Auch wenn auf unserer Intensivstation maximal 3 Patient*innen von einer Pflegekraft versorgt wurden: 3 Patient*innen sind zu viel! Wenn bei einem ein Notfall ist, ein anderer ins CT muss und der Dritte verlegt werden soll: 2 davon werden nicht versorgt. Manchmal für Stunden 9/
Das heißt: die Medikamente werden nicht verabreicht, die Beatmung nicht kontrolliert, die Verbände nicht gewechselt, die Flüssigkeitsbilanz nicht berechnet. Und hier habe ich noch nicht angefangen, von pflegerischen Tätigkeiten wie dem waschen oder lagern zu schreiben 10/
Nebenbei klingelt das Telefon, Ärzt*innen brauchen Unterstützung bei Eingriffen, meine Auszubildende möchte lernen, ein*e Kolleg*in braucht Unterstützung beim Umbetten. 11/
Irgendwo alarmiert ein Dialysegerät, die Angehörigen von einer neu aufgenommenen Patientin stehen vor der Tür, die Physiotherapeutin möchte wissen, ob sie einen Patienten mobilisieren darf. 12/
Nebenbei: dokumentieren, Medikamente beschaffen, Visite begleiten, OP Fahrt organisieren.
Ich pflege gerne. Und ich pflege gerne gut. Aber das ist in unserem aktuellen System unmöglich. Es ist nicht möglich, Patienten so schnell wie möglich von der Beatmung zu entwöhnen 13/
Es ist nicht möglich, regelmäßig Mundpflege durchzuführen. Es ist nicht möglich, eine atemstimulierende Massage durchzuführen. Es ist nicht möglich, Angehörige anzuleiten, die gerne bei der Pflege unterstützen würden. 14/
Beinahe nach jedem Dienst war ich froh, wenn meine Patient*innen noch leben. Es gibt wenige Dienste an die ich mich erinnere, nach denen ich dachte: heute hast du einen guten Job gemacht. Heute hast du gut gepflegt, gut ausgebildet. 15/
Dazu kommt noch: Sexismus, Rassismus, Ableismus an allen Ecken und keine Zeit, keine Energie, diese Diskriminierungen zu thematisieren, reflektieren, anzuprangern. 16/
Was müsste sich (für mich persönlich) ändern, damit ich zurück kommen würde? Die Arbeitszeit sollte nicht mehr als 30 Stunden bei vollem Gehalt betragen und auf Intensivstationen sollte es im Idealfall eine 1:1 Betreuung geben. So wäre gute Pflege möglich 17/
Pflege, die den Patient*innen bei der Heilung hilft und die Pflegenden nicht ausbrennt. Mir ist bewusst, dass dies mit dem aktuellen Mangel in der Pflege nicht machbar ist, aber dann muss daran gearbeitet werden: die Pflege muss aufgewertet werden 18/
Das Ausbildung System komplett überholt. Wir müssen darüber sprechen, wie wir uns organisieren können und unsere Macht tatsächlich einsetzen. Wir brauchen Mitspracherechte auf allen Ebenen: innerhalb der Krankenhäuser aber auch in der Politik. Es ist an der Zeit! 19/19
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I’d love to be just glad about all the help for refugees from #Ukraine all over Europe right now but I just can’t. Being involved in the movement against border violence since 2015, I am watching this and I want to scream. A thread. 1/6
In 2015 I witnessed how teargas was shot on people fleeing the war in Syria in #Idomeni. I saw fascist groups “protecting” the borders in Poland and other countries of the Balkans. 2/6
Alan Kurdi has been only one of thousands who drowned and for a second it seems like civil society cared. But instead of opening the borders and create a safe passage to Europe, #Frontex got their budget increased and the EU Turkey Deal got implemented. 3/6
Why did we end up in a situation, in which we were not able to move the #LouiseMichel safely anymore?
It all started with an official Mayday Relay by the aircraft #Moonbird and authorities that refused to act accordingly.
A thread! 1/x
#Moonbird reported an overcrowded Rubber boat, which was not moving anymore and was taking in water - in an official way, on an official channel.
The reported position was 25 nautical miles away from the #LouiseMichel which was heading north.
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We were searching a place of safety for 89 people who we had rescued before.
Even though the position was clearly inside a European SAR zone, no one replied to the Mayday call.
As seafarers, it was our responsibility to render assistance to whoever is in distress at sea.
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