Es war ein heißer Urlaub 2017 am Mittelmeer mit K1 +2, Hund und Wohnwagen.
Sehr heiß...
Wir werden es nie vergessen.
Der Platz war knochentrocken und die Parzellen klein. Immerhin waren die Nachbarn freundlich und die Kids (damals 9+10 J.) hatten schnell
1/
Kontakt. Das Wasser in der kleinen Bucht war saukalt und der Strand so rappelvoll, dass gefühlt jeder mit einer Arschbacke auf einem fremden Handtuch saß.
Eines Tages erfuhren wir in den Nachrichten, dass Plätze bei St. Tropez evakuiert werden mussten, weil es mehrere
2/
schwere Waldbrände gab. Aber das hatte mit uns ja nichts zu tun. Wir waren ein gutes Stück entfernt.
Abends, wir hatten gerade im Restaurant auf dem Campingplatz Pizza gegessen, roch es merkwürdig nach verbrannten Tannennadeln. Über der Hügelkette, die landeinwärts
3/
unseren Platz und noch zwei weitere umschloss, zogen dicke Rauchschwaden auf und am Ende des Platzes sammelten sich die Camper und guckten wie versteinert Richtung Hügel.
Mit lauten Sirenen kamen mehrere Löschzüge am Platz an und die Feuerwehrleute schlossen ihre Schläuche
4/
an der Hauptleitung an. Alle waren freundlich aber sehr kurz angebunden und konzentriert. Einer, der wie der Chef aussah, redete unentwegt ruhig und schnell in ein Funkgerät.
Von den anderen Campern konnte uns keiner sagen, was genau los war.
Etwa eine halbe Stunde später
5/
wurde es schlagartig heiß und hell. Es war schon spät am Abend. Der gesamte Hügel brannte, erst kaum zu erkennen, Minuten später mit Flammenbergen, mehrere Stockwerke hoch. Während die Menge, inklusive uns, wie in einem schlechten Katastrophenfilm
6/
einfach nur dastand und, unfähig zu irgendeinem Sinn stiftenden Verhalten, mit offenen Mündern glotzte, kam lautes Motorengeräusch.
Jetzt war klar mit wem der Funkkontakt gehalten wurde. Zwei große Löschflugzeuge flogen in Schleifen immer wieder über unseren Platz zum Meer,
7/
um Wasser zu sammeln und dann zur Hügelkette, um es über den Flammen, die unbeeindruckt davon weiter Richtung Campingplatz rasten, abzuwerfen. Immer wieder, Ladung für Ladung.
Wir liefen zum Wohnwagen, wo unsere Kinder schlafen sollten. Was natürlich jetzt nicht mehr möglich
8/
war. Mit unseren Nachbarn unterhielten wir uns leise, so dass die beiden nichts hören konnten, darüber, was zu tun sei. Von den anderen Campingplätzen kam ein Auto mit Wohnwagen nach dem anderen vorbei gerast. Die Menschen waren teilweise in Panik. Die Frau des Nachbarn
9/
meinte, die Schranke unseres Platzes sei geschlossen, aber wir könnten ihnen hinterher fahren. Ihr Mann würde im Zweifel mit seinem Ford Ranger einfach durchbrechen. Und in dem Moment war ich das erste Mal dankbar, dass es solche Autos gibt.
Mit unserem Plan wurde es nichts,
10/
die Feuerwehr hatte inzwischen den Platz abgeriegelt. Die Autos, die wegfuhren, kamen fast alle zurück. Das Feuer hatte alle Wege versperrt. Wir waren drauf und dran, einfach alles stehen und liegen zu lassen und mit Kindern und Hund zum Meer zu laufen. So weit rein wie
11/
möglich. Ich überlegte noch, wie ich das mit dem Auto und dem Wohnwagen der Versicherung erklären sollte und musste dann lachen, weil ich merkte, wie scheißegal das jetzt war. Was man für Gedanken so hat in solchen Situationen.
Letztlich blieben wir auf dem Platz bis es
12/
Asche regnete. Überall, alles voller Asche. Morgens um 4 Uhr etwa hatte es die Feuerwehr geschafft, den Brand zu beherrschen. Wir hatten kein Auge zugemacht und noch ab und zu beobachtet, wie ein paar Brandnester
13/
immer wieder aufflackerten. Auch am nächsten Tag noch. Die Feuerwehrleute waren schwarz wie Kohle und völlig fertig. Sie duschten auf dem Platz und blieben noch zwei Tage, bis alles in Ordnung war. Auf der Hügelkette stand kein Baum oder Busch mehr.
Die tatsächliche Angst
14/
kam erst ein paar Tage später. Als uns allmählich aufging, wie es hätte enden können. Und wir guckten unseren fröhlichen Kindern beim Planschen zu, die offensichtlich nicht eine Sekunde am Erfolg der Feuerwehrmänner gezweifelt hatten mit einem
15/
Urvertrauen, dass bei uns nicht mehr vorhanden war.

Ich wünsche niemandem ein ähnliches Erlebnis. Aber selbst den größten Vollpfosten auf dem Platz war in dieser Nacht klar geworden, dass etwas nicht stimmt mit unserem Klima. Offenbar ist Lernen durch
16/
Erfahrung für einige das Einzige, was hilft. Hoffentlich nicht für eine Mehrheit.
17/17
#KlimakriseISTjetzt
#Klimawandel

• • •

Missing some Tweet in this thread? You can try to force a refresh
 

Keep Current with What would Hopper do? 🇺🇦

What would Hopper do? 🇺🇦 Profile picture

Stay in touch and get notified when new unrolls are available from this author!

Read all threads

This Thread may be Removed Anytime!

PDF

Twitter may remove this content at anytime! Save it as PDF for later use!

Try unrolling a thread yourself!

how to unroll video
  1. Follow @ThreadReaderApp to mention us!

  2. From a Twitter thread mention us with a keyword "unroll"
@threadreaderapp unroll

Practice here first or read more on our help page!

More from @arnebanani

Jul 25
Apropos #Eigenverantwortung.
Wie sieht's in unserer Stadt Oldenburg gerade aus?
Ein Überblick.
Die drei Krankenhäuser.
Das Evangelische:
Personal, hoher Krankenstand. Spürbare Leistungseinbußen. Gerade erfahrenes Pflegepersonal krank. Schließung von Betten wegen Überlastung
des Restpersonals. Geplante OPs werden verschoben oder abgesagt. Notaufnahme besonders angespannt. Teilweise Weiterverlegungen. Belastungsgrenze ist deutlich überschritten. Personal versucht dies durch hohes Engagement und viel persönlichen Einsatz zu kompensieren.
1/
Das Klinikum:
Krankenquote in der Pflege 10%. Tendenz steigend. Normal zwischen 7 und 8%. Hohe Flexibilität wird abverlangt. Elektive Eingriffe werden durch hohe Anzahl von Notfallpatienten verschoben. Im Einzelfall sehr belastend für die Patienten. Leiter Rainer Schoppik
2/
Read 7 tweets
Apr 19
Manche Menschen haben keine Chance.
Hab in den 90ern mal nebenberuflich als Dolmetscher in Berlin bei Asylverfahren für Flüchtlinge aus Liberia gearbeitet. Waren zahlreiche Nigerianer dabei. Die haben natürlich gelogen, was das Zeug hielt. Die meisten wurden durch geschicktes
1/
Befragen entlarvt. Sollte jetzt eigentlich meine Einstellung geändert haben. Jein. Ich habe Menschen weinen und zusammenbrechen sehen. Ich habe Menschen gesehen, die sich ihre T-Shirts auszogen, um Narben, Brandwunden und andere, noch schlimmere Verletzungen zu zeigen. Ich
2/
habe bittere Armut gesehen. Dinge, die man nicht erfinden kann. Natürlich ist mir klar gewesen, dass nicht alle aufgenommen werden können, auch wenn ich es gerne getan hätte. Und ich habe mich für die Familien gefreut, die mit ihren Kindern hier beschützt wurden vorm
3/
Read 5 tweets

Did Thread Reader help you today?

Support us! We are indie developers!


This site is made by just two indie developers on a laptop doing marketing, support and development! Read more about the story.

Become a Premium Member ($3/month or $30/year) and get exclusive features!

Become Premium

Don't want to be a Premium member but still want to support us?

Make a small donation by buying us coffee ($5) or help with server cost ($10)

Donate via Paypal

Or Donate anonymously using crypto!

Ethereum

0xfe58350B80634f60Fa6Dc149a72b4DFbc17D341E copy

Bitcoin

3ATGMxNzCUFzxpMCHL5sWSt4DVtS8UqXpi copy

Thank you for your support!

Follow Us on Twitter!

:(