Sehr bedenklich, was diese hervorragende @derspiegel-Recherche nebenbei über Amtsgerichte erzählt:
- Der notorische Reichsbürger Klaus Maurer, Autor des Szene-Bestsellers „Die BRD-Gmbh“ (2012), hat bis 2022 bundesweit als psychiatrischer Gerichtsgutachter arbeiten können. 1/
Offenbar erst 2020 ist ein Gericht in #Offenbach misstrauisch geworden - aber statt ihn aus dem Verkehr zu ziehen (bei der Kammer anzeigen, Rundschreiben an alle Gerichte), damit Bürger*innen sich nicht länger von einem Verschwörungs-Hetzer beurteilen lassen müssen… 2/
… hat man ihn dort wohl bloß nicht mehr beauftragt, achselzuckend. Schon im benachbarten #Frankfurt am Main hat er munter weiter Aufträge vom Gericht bekommen, und in anderen Städten auch. 3/
Erst jetzt, 2022, dank einer Intervention durch #Hamburg sind bundesweit alle Gerichte vor ihm gewarnt worden. Viel zu spät. Wie nennt man das? Dienst nach Vorschrift? Wäre das auch so gelaufen, wenn die Betroffenen keine psychisch Eingeschränkten gewesen wären? 4/
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Ich mag Avitall Gerstetter. Sie ist die Kantorin der @NeueSynagogeBLN in der Oranienburger Str., erste Frau in diesem Amt in Deutschland, eine sehr individuelle Sängerin. Aber was sie da in der @welt schreibt an Verächtlichkeiten über Konvertiten zum Judentum, geht gar nicht. 1/
Aufhänger ist Avitalls Entsetzen über den Fall Walter Homolka, über den jüngst zuerst die @welt berichtete. Zum Hintergrund: Homolka ist der Rabbiner, gegen den derzeit Ermittlungen laufen, weil er Rabbinatsstudenten sexuell bedrängt haben soll. 2/
Avitall weist nun darauf hin: Homolka ist, was eigtl. wenig zur Sache tut, Konvertit. Das ist nicht selten im deutschen Judentum. Der langjährige Generalsekretär des @ZentralratJuden, @Stjkramer, ist auch Konvertit. Die Rabbinerin Gesa Ederberg von der @NeueSynagogeBLN auch. 3/
Ein 42 Jahre alter Gefangener in der JVA Halle hat sich das Leben genommen. Er saß nur wegen einer sog. #Ersatzfreiheitsstrafe ein, also weil er zahlungsunfähig war.
Das Erlebnis, in ein Gefängnis eingewiesen zu werden, seine persönlichen Gegenstände und die Kontrolle über sein Leben abgeben zu müssen - dieses Erlebnis machen heute mehr Menschen wegen einer bloßen nicht bezahlten Geldstrafe als wegen einer Freiheitsstrafe.
Die sog. #Ersatzfreiheitsstrafe für Arme ist der häufigste Grund für Gefängnis in Deutschland geworden. An diesem Skandal wird die🚦nichts ändern, solange sie nur die Dauer der jeweiligen Haft halbiert, wie es bisher von @MarcoBuschmann geplant ist.
Hola @bild, ich nehme an, euch war nicht bewusst, was es mit dem Wort „Mauscheln“ auf sich hat, das ihr für den Bericht über @c_lindner verwendet. Drum erklär ich's kurz. #antisemitismus
Oft wird das Wort ohne böse Absicht verwendet - für schummlerisches Geschäftemachen. Aber es ist entstanden im 17. Jahrhundert, es ist abgeleitet von “Mauschel“, einer jiddischen Form des Vornamens Moses (auf Hebräisch „Moshe“).
Dieser Name wurde damals im deutschsprachigen Raum als Spottname für jüdische Händler oder auch allgemein für arme Juden hergenommen. Als „Übername“, wie Sprachwissenschaftler*innen sagen. So wie später - und ähnlich abfällig - auch „Ali“ für Türken.
Erstens: Ein Ordnungswidrigkeit-Bußgeld von zum Beispiel 100 Euro wird von dem einem als viel empfunden, von dem anderen als wenig. Bei Ordnungswidrigkeiten wird auf das individuelle Einkommen aber keine Rücksicht genommen.
Zweitens: Wer sein Bußgeld nicht bezahlen kann (weil zu arm), landet dann doch wieder im Gefängnis. So wie auch jetzt schon. Das nennt sich Zivilhaft. Es hat sogar den zusätzlichen Nachteil, dass die Schulden danach nicht „abgesessen“ sind. Sie sind weiterhin da.
Es ist ein Erfolg, dass @MarcoBuschmann die #Ersatzfreiheitsstrafe gesetzlich halbieren will. Das ist zwar noch nicht der große Wurf, aber dieser Schritt ist ein solcher No Brainer. Ein Stück Irrationalität wird verabschiedet. Endlich ist dafür Momentum da.
Nebenbei könnte man mal einen Blick auf die SPD werfen, die in 3 der 4 vergangenen Legislaturen das @bmj_bund hatte, aber in Fragen sozialer Ungerechtigkeit des Strafverfahrens kaum einen Finger gerührt oder sogar auf der Bremse gestanden hat.
Beispiel Pflichtverteidigung für Mittellose, hier gab es sogar aus Brüssel Vorgaben an Deutschland, die sozialer waren als die deutsche Rechtslage, aber unter SPD-Federführung ist das widerwillig und nur unzureichend umgesetzt worden.
Was ich ja nicht verstehe: Arme, die Geldstrafen nicht bezahlen können, verschwinden wochen- oder sogar monatelang hinter Gittern, ohne je eine/n Richter/in gesehen zu haben.
Das ist unsinnig und müsste als nächstes dringend geändert werden.
Es gibt hierzulande *eigentlich* verfassungsrechtlich verankert den Anspruch, dass jede/r Festgenommene spätestens nach 1 Tag einen Richter zu Gesicht bekommt. *Nur* bei #Ersatzfreiheitsstrafe gilt das nicht - sondern…
… oft kommt es vor, dass Menschen ihre Geldstrafe rein im schriftlichen Verfahren erhalten haben, weil sich die Justiz bei kleinen Delikten nicht die Mühe macht, einen Gerichtstermin anzuberaumen. („Strafbefehl“)