Nachdem unsere @SZ-Analyse von Stereotypen in Kinderkleidung auf so viel Interesse gestoßen ist, hier ein kleiner Blick hinter die Kulissen und auf den Ablauf einer Datenrecherche bei der Süddeutschen Zeitung 🛠️🧵 #ddj
@SZ Die Idee: Das Thema ist im Grunde kein neues. Als Datenjournalist*innen kann es aber ein spannender Ansatz sein, eine gefühlte Wahrheit mit Daten zu wieder- oder belegen. Für mich pers wurde das Thema aktuell, als ich im letzten Jahr eine Tochter und viele rosane Geschenke bekam.
@SZ Inspirationen für Thema und Gestaltung: Diese tolle SZ-Analyse zu Gender-Klischees in Kinderbüchern von @sebitsch, @cutterkom, @MSchories und Kathleen Hildebrand von 2019 sueddeutsche.de/projekte/artik…
...dieses Visual Essay von @ThePuddingBrand zu gegenderten Größen von Hosentaschen bei Erwachsenen pudding.cool/2018/08/pocket…
...und ein Twitter-Post zu unterschiedlich langen Shorts je Geschlechterkategorie, der leider nicht mehr online ist.
Das Team: Bei einer gemeinsamen Konferenz von Datenteam und Visual Desk schlugen wir das Thema vor und bildeten ein Projektteam. Unsere Kolleg*innen @FelixEbert und Patricia Jung übernahmen die Datenbeschaffung, Datenjournalistinnen @bbbrille, @nasablowski und ich die Analyse.
Gemeinsam mit @SophieMenner und @vorsamer besprachen wir die Ergebnisse und wie wir die Geschichte erzählen würden. Berit und Barbara schrieben am Ende auch den Text und führten zur Einordnung unserer Analyse ein Expertinneninterview mit @AlmutSchnerring.
Julia Kraus half uns bei den Infografiken, @FelixHunger und Isabel Kronenberger übernahmen die Gestaltung. Die Schlussredigatur vom Storytelling machte Christian Albrecht.
@FelixHunger Die Analyse: Wir haben mehr als 20T Kleidungsstücke der Onlineshops von H&M, Zalando und About You analysiert. Ausgewählt haben wir diese, weil sie Marken führen, die laut der Iconkids-&-Youth-Studie „Trend Tracking Kids 2022” von 6-9 Jährigen als „am coolsten” bewertet wurden.
In die Auswertung flossen alle Bilder und Produktinformationen, die unter den Kleidungskategorien „Shirts” und „Shorts” für Jungen und Mädchen unter zehn Jahren angeboten wurden.
Diese Altersklasse haben wir genommen, da es hier statistisch noch zu keinen großen körperlichen Unterschieden zwischen den Geschlechtern kommt. Jungs sind zwar im Schnitt etwas größer, könnten aber einfach früher zur größeren Größe wechseln.
Hosenlänge: Da die Maße der angebotenen Hosen nicht flächendeckend angegeben waren, haben wir das Verhältnis Länge/Breite aus den Produktbildern berechnet. Dafür wurden diese zunächst mit #RStats in Silhouetten umgewandelt, von denen dann Umrisse extrahiert werden konnten.
Produktbilder, die das Kleidungsstück nicht komplett und glatt auf dem Hintergrund liegend zeigten, wurden aussortiert. Das betrifft beispielsweise Shorts, die auf den Bildern von Models getragen oder durch weitere Produkte wie Shirts verdeckt werden.
Damit es nicht zu Verzerrungen kommt, wurden auch Latzhosen und Highwaist-Hosen von der Analyse ausgeschlossen. Die Stichprobe besteht bei Mädchen aus 1700 und bei Jungen aus 2106 Hosen.
Für die grafische Darstellung wurden die Umrisse auf dieselbe Breite gesetzt und die Hosenbündchen übereinandergelegt. Die in den Grafiken hervorgehobene, mittlere Hose ist diejenige mit dem medianen Verhältnis von Länge und Breite.
Farben: Um herauszufinden, wie sich die Farben der für Mädchen und Jungen angebotenen Shirts unterscheiden, haben wir mehr als 17 000 Produktbilder mit Machine-Learning-Modellen von Google Cloud Vision nach ihren dominierenden Farben ausgewertet.
Die zehn das Produktbild am stärksten dominierenden Farben wurden anschließend einer Farbpalette von 139 Farben der Hauptfarben Rot, Orange, Gelb, Grün, Cyan, Blau, Lila, Weiß, Braun und Schwarz zugeordnet. Hier arbeiteten wir mit #rstats und Python.
Für die grafische Darstellung wurden die Hauptfarben Schwarz und Weiß ausgeschlossen. Für die Treemaps wurde das Vorkommen der Farben nach Geschlechtern summiert: Kommt eine Farbe häufiger als dominierende Farbe vor, nimmt sie eine größere Fläche auf der Visualisierung ein.
Für einen Überblick der Muster haben wir einen Algorithmus zur Mustererkennung der Google Cloud Vision API verwendet. Weil dieser aber recht unspezifisch ist (zB nur „Wirbeltier” statt „Hund”), verlassen wir uns für Details und Motive verstärkt auf die Angaben der Händler.
Sprüche: Viele Shirts für Kinder sind außerdem mit Sprüchen beschriftet, oft mit Aufforderungen wie „Play more” und „Inspire others”. Zu besonders häufigen Begriffen auf der Kinderkleidung in der Stichprobe gehören „good” und „day”, „summer” und „world”.
Um herauszufinden, welche Begriffe die Kleidung von Jungen und Mädchen unterscheiden, wird in den Wortwolken ein Augenmerk auf sogenannte distinktive Begriffe gelegt: solche, die bei einem Geschlecht besonders häufig vorkommen und bei dem anderen Geschlecht (fast) gar nicht.
Beispiel: Das Wort „love” kommt mehr als 200-mal auf Kleidungsstücken für Mädchen vor, aber nur etwa 70-mal auf solchen für Jungen. „dreamer” kommt 41-mal bei Mädchen vor, bei Jungen nur einmal.
Diese Wörter werden daher als besonders kennzeichnend für Kleidungsstücke von Mädchen und Jungen bezeichnet. Begriffe, die besonders kennzeichnend sind, werden in der Wörterwolke besonders groß dargestellt.
Ein Expertinneninterview führten wir mit @AlmutSchnerring, der Autorin von "Die Rosa-Hellblau-Falle". Sie ordnete unsere Ergebnisse ein und konnte zB auf Studien verweisen, die das Argument, die Anbieter würden schlicht auf die Nachfrage reagieren, entkräftigten.
Eine Datenrecherche wie diese ist immer Teamwork, von der Idee bis zur Veröffentlichung und dem Instagram-Reel. @SZ-ler aus verschiedenen Ressorts und Teams haben dafür zusammengearbeitet – und ich freue mich auf unsere nächsten gemeinsamen Projekte! sueddeutsche.de/projekte/artik…
Wichtige Korrektur: Der richtige Twitter Account von meinem tollen Kollegen Felix Ebert ist @femeb!

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@SZ @hmdeutschland @Zalando @aboutyou_com While boys are mainly offered 🟦blue shades at H&M, Zalando and About You, almost every second shirt for girls is pink. This picture is most extreme in H&M's collection.
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Neue @SZ-Datenanalyse: 🩳 Hotpants für Mädchen, Shorts für Jungen? Das Angebot bei 👕 Kinderkleidung ist von Stereotypen bestimmt. Warum das ein Problem ist – und zwar für Mädchen und Jungen (SZ+) #ddj #dataviz mit @bbbrille, @nasablowski und @vorsamer sueddeutsche.de/projekte/artik…
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