In diesem #WissKomm Thread möchte ich über Wärmeleitung, Isolation von Gebäuden und potentielle Schimmelbildung reden und euch das anhand dieses Bildes erklären.
Nicht wegrennen, ich erkläre das Stück für Stück. Man kann was lernen!
Zunächst mal vorne weg: Ich erkläre das möglichst einfach, im Detail ist es komplizierter. Ich bin auch kein Bauingenieur und kein Schimmelexperte. Physik und Mathematik dahinter sind aber #Verfahrenstechnik und #Thermodynamik.
Legen wir los:
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Wir nehmen mal an, wir haben in der Wohnung 20°C und draußen 0°C. Dazwischen liegt die Außenwand des Hauses. Durch diese Wand wird es Wärmeleitung geben. Das kann man in der Realtität im Prinzip nicht verhindern.
Wärme geht nach außen verloren --> wir müssen nachheizen
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Wärmeleitung bedeutet, dass eine bestimmte Wärmemenge Q (in Joule) pro Zeit (in Sekunden) gibt, in der Formel Q mit einem Punkt drüber bzw \dot_Q, die durch die Wand tritt. Haben wir, wie in der Wand, reine Wärmeleitung, kann man dies mit dem Fourierschen Gesetz berechnen
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Fouriersches Gesetz: \dot_Q=-lamda*(dT/dy)
\dot_Q…Wärmestrom
lamda…Wärmeleitfähigkeit
T…Temperatur
y…Längenkoordinate durch die Wand
(dT/dy)…Temperaturgradient durch die Wand
Ein Wärmestrom tritt aufgrund des Minus im Gesetz immer entgegen dem Temperaturgradienten auf
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Klingt kompliziert, heißt aber eigentlich nur, dass der Wärmestrom von der hohen Temperatur zur kleinen Temperatur fließt. Intuitiv verständlich, oder?
Ha! Und ihr behauptet immer, dass #Thermodynamik so schwer ist! Stimmt gar nicht ;-) Wieso?
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Was da oben steht ist im Prinzip der 2. Hauptsatz der #Thermodynamik nach Clausius:
Es ist nicht möglich ist, Wärme von selbst von einem kälteren zu einen wärmeren Körper fließen zu lassen.
lambda, also die Wärmeleitfähigkeit, ist eine stoffspezifische Größe.
Wieder plakativ: Dichtere Stoffe, wie Steine, haben ein großes lamda, weniger dichte zB poröse Stoffe wie Styropor eine kleines lamda.
Letzteres wird bei der Isolierung von Häusern genutzt
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Ich werde im folgenden häufiger mit dem Temperaturgradienten (dT/dy) argumentieren und dabei meistens den Betrag, also den positiven Wert, meinen, da die Erklärung vereinfacht.
Nun baue ich also eine Isolierung auf die Außenseite der Wand, dargestellt in hellblau.
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Mit der Isolierung muss der Wärmestrom sozusagen einen längeren Weg (y wird "größer") zurücklegen. Da die Temperatur innen und außen gleich bleiben soll, verringert dies definitiv den Wärmestrom.
Sinn der Isolierung: Sie verlangsamt der Austrag von Wärme aus der Wohnung
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Außerdem hier: 2 Stoffe mit unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit.
Da aber \dot_Q von innen nach außen konstant ist und lamda sich unterscheidet, müssen sich auch die Temperaturgradienten unterscheiden.
Kurz gesagt: lamda groß, Temperaturgradient klein und andersrum
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Gleiches gilt im Prinzip im hier grün dargestellten Fall, der eine Isolierschicht auf der Innenseite zeigt.
Ihr denkt: Haha, wer macht denn sowas?
Wer mal eine große Schrankwand oder eine Couch zu nah an eine Außenwand gestellt hat, sollte hier die Hand heben.
12/27
Nun wird ja aktuell häufiger über eine niedrigere Temperatur in der Wohnung im Winter gesprochen. Nehmen wir mal 17°C. Das wäre der orangene Fall. Auch ohne Isolierung reduziert das definitiv auch schon mal den Wärmestrom durch die Wand. An sich auch gut.
13/27
Da ich ja noch etwas zum Schimmel sagen möchte, muss ich an dieser Stelle zum Mollier-h_1+Y-Diagramm kommen.
Ich gehe mal der Einfachheit halber davon aus, dass Schimmel auftritt, wenn Wasser in kondensierter, also flüssiger Form vorliegt.
14/27
Das Mollier-Diagramm sagt mir, unter welchen Umständen Wasser kondensiert. In der Luft ist ja dampfförmiges Wasser vorhanden. Daraus resultiert eine Luftfeuchtigkeit. Die Luftfeuchtigkeit PHI ist ein relativer Wert zwischen 0 und 1.
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Die relative Luftfeuchtigkeit bezieht bei einer bestimmten Temperatur den Anteil des Wasserdampfes in der Luft auf den maximal möglichen Anteil. Dieses Maximum ergibt sich aus dem Dampfdruck.
Wasser hat einen Dampfdruck von 1bar bei 100°C. Wasser kocht dann.
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Aber auch bei jeder anderen Temperatur verdampft Wasser mit einem dann niedrigeren Dampfdruck (dies ist der oben genannte "maximale" Druck").
Kennt jeder: Lasse ich ein Glas Wasser stehen, wird die Wassermege mit der Zeit abnehmen.
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Das Problem hier nun: Habe ich Luft mit einer gewissen realtiven Feuchte und kühle diese ab, wird das Wasser irgendwann kondensieren, weil kalte Luft weniger dampfförmiges Wasser aufnehmen kann.
Auch das kennt ihr, nämlich aus dem Kühlschrank.
18/27
An der kalten Rückwand bilden sich die Tropfen die dann abfließen und durch eine Öffnung nach außen geführt werden, wo das gesammelte Wasser an der Außenluft dann wieder, tadaa, verdampft.
Leider passiert etwas ähnliches auch eurer ggf isolierten Wand.
19/27
Das Diagramm zeigt mir nun, daß ich bei einer Temperatur von 20°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 0,6 ab einer Temperatur von 12°C Kondensation habe, also Schimmelgefahr habe.
Nochmal: Ich erkläre das sehr vereinfacht, hoffe aber, dass man so das Problem versteht.
20/27
Aus der vereinfachten Beschreibung soll klar werden, dass ohne Isolierung "mittelschnell" Kondensation auftreten kann, bei Isolierung innen am "schnellsten", bei Isolierung außen am wenigesten "schnell".
21/27
"Schnell" wird in meiner einfachen Betrachtung anhand der Schichtdicke DELTA_s bis zur Temperatur 12°C beschrieben.
Kleine Schichtdicke="schnelleres" Auftreten von Kondensation und andersrum
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Setzen wir nun 17°C Innentemperatur und eine gleiche Wasserdampfmenge in der Luft an, in der Konsequenz also eine relative Luftfeuchtigkeit von ca. 0,75, haben wir ohne Isolation im Vergleich zu 20°C ebenfalls ein "schnelleres" Auftreten von Kondensation.
23/27
Bevor mir die Expert:innen den Hals umdrehen: In der Realität reduziert sich die Temperatur nicht erst in der Wand sondern schon zur Wand hin, weswegen eben nicht irgendwo in der Wand die Kondensation auftritt sondern eben an der Oberfläche + dort auch der Schimmel auftritt
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Der Einfachheit halber habe ich es so versucht und hoffe, dass die Erklärung trotzdem etwas zum Verstehen beiträgt.
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Was kann man daraus lernen:
Warum ist Außenwandisolation gut? Sie verringert den Wärmstrom
Warum ist Innenisolation (Stichwort: Couch, Schrankwand) schlecht? Sie erhöht die Schimmelwahrscheinlichkeit
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Was sollte ich bei 17°C Innentemperatur beachten? Die Luftfeuchtigkeit sollte nicht zu hoch sein, damit es an der Wand nicht zu Kondensation und Schimmel kommt.
Ein #WissKomm#SciComm Thread zu Wärmeleitung, Isolation und Schimmelbildung
Fragen? Kommentare?
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Okay, mal kurz #WissKomm zur #Rheologie/#Viskosität
Dies beschreibt gemeinhin die Fließfähigkeit von Fluiden, also Gasen und Flüssigkeiten (Link zu Beschreibung von Fluiden im Thread).
Man kennt Newtonsche Fluide, zB Wasser verhält sich so...
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...vereinfacht heißt das, dass die Fließfähigkeit nicht davon abhängt, welche Kraft auf das Fluid ausgeübt wird. Sie hängt zB von der Temperatur aber ggf auch von der Dichte ab.
Hier kurz beschrieben, was Fluide sind:
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Bei #nichtNewtonschen Fluiden ist es so, dass die Kraft, die auf das Fluid ausgeübt wird, Auswirkungen auf die Fließfähigkeit hat. Platt gesagt, kann sich eine Flüssigkeit wie ein Flummi verhalten, Kraft durch Elastizität gespeichert und wieder abgegeben werden.
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Leute, die häufig Eis essen haben eine höhere Sonnenbrandwahrscheinlichkeit.
Trägt man in ein Diagramm an der x-Achse das eine und an der y-Achse das andere auf, wird man zwar Ausreißer sehen aber trotzdem einen Trend erkennen,
nämlich wenig Eis, seltener Sonnenbrand...
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...viel Eis, häufiger Sonnebrand. Ich kann eine Korrelation zwischen den Größen herstellen.
Was ist eine Korrelation? Das ist eine Gleichung, ein mathematisches Modell, mit dem ich möglichst gut meine Messwerte treffen möchte.
I mostly showed you #bubbles rising in aqueous systems. Not so often discussed, also in literature, are bubbles rising in organic phases.
Here's an Argon bubble rising in dichloromethane (DCM).
What is the difference? #fluiddynamics#chemicalEngineering
A 🧵1/8 #SciComm#WissKomm
Other liquids have different material properties. The density of DCM is larger in comparison to that of water by more than 30%. The viscosity is less than half than that of water, and the surface tension is about 1/3 compared to water.
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All of this leads to another rising behavior, rise velocity, shape of the bubbles, rising path, and so on.
In literature, organic phases are less discussed as using these usually leads to much stronger safety precautions.
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Ja, ich gebe zu, es war eine komische Frage, aber wenn ich euch sage, dass #Membrandestillation das Prinzip eurer "#Funktionsjacken" ist und die Firma GoreTex eben genau das Prinzip nutzt, dann habe ich vielleicht eure Aufmerksamkeit :-) Stick with me
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Zwei Sachen müssen wir wissen. 1. Ich fange mal mit der #Membran an. Der Einfachheit halber spreche ich hier mal nur von porösen Filtern. In euren Jacken sind also Löcher, trotzdem ist sie wasserdicht, wieso? Zum Einen sind die Löcher sehr klein, Porendurchmesser so ~200nm,...
...zum anderen ist das Material #hydrophob. Das bedeutet, es ist wasserabweisend. Vielleicht kennt ihr den #Lotusblüteneffekt, da ist das ähnlich. Man spricht davon, dass flüssiges Wasser die Oberfläche nicht gut benetzen kann, Tropfen perlen ab....
Ich gehöre zu einer sehr kleinen, glücklichen Minderheit an der Uni, die sagen kann: #IchBinNichtHanna Stellvertretend werden zB bei der Diskussion über das #BerlHG Leute wie ich als abschreckende Beispiele dargestellt. Wer sind denn Leute wie ich? #IchbinHanna
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Die unbefristeten Leute, die ich kenne,
- sind tragende Säulen in der Lehre
- vermeiden langfristigen KnowHow Verlust
- sorgen für reibungslose Übergänge bei LehrstuhlinhaberInnenwechsel
- engagieren sich in der akademischen Selbstverwaltung
- sind Sicherheitsbeauftragte
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- kennen sich extrem gut mit administrativen Dingen bei der Uni und bei Mittelgebern aus
- schreiben an fast allen Projektanträge mit, selbst wenn sie nicht als PI erscheinen
- sind an der Antragsphase bei Stipendiaten mitbeteiligt
- sind ERASMUS+ Beauftragte
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