Alleinerziehende und die "Vernichtung" ihrer Mietobergrenze
2 Personen bekommen die #Mietobergrenze für 2 Personen, egal ob es sich um ein Paar oder Elternteil und Kind handelt.
Der höhere Flächenbedarf von #Alleinerziehenden wird in der Tabelle nicht berücksichtigt...
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Familien mit nur einem Elternteil brauchen um sinnvoll leben zu können mehr Räume.
Ein Paar benötigt ein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer, also eine 2 ZKB.
Die Familie aus Elternteil und Kind braucht Schlafzimmer, Kinderzimmer und Wohnzimmer, also eine 3 ZKB.
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Daher sind Familien mit nur einem Elternteil bei der Wohnungssuche immer benachteiligt, wenn sie mit der normalen Mietobergrenze nach einer Wohnung suchen.
Sie haben insbesondere in angespannten Wohnungsmärkten kaum eine Chance, eine passende Wohnung zu finden.
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Häufig werden dann Notlösungen entwickelt. Typisch ist, dass der Elternteil im Wohnzimmer schläft, damit das Kind/die Kinder ihr Zimmer haben.
Ganz problematisch wird es bei 2 gegengeschlechtlichen Teenie-Kindern, die man nicht mehr in einem Zimmer unterbringen will/kann.
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Aber es gibt eine Lösung, mit der man die Mietobergrenze des #Jobcenter|s aushebeln kann.
Diese klingt zunächst kompliziert, ich will aber versuchen es (möglichst) einfach zu erklären...
Grundlegende Prinzipien der "Vernichtung" der Mietobergrenze sind folgende:
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1. Die Mietobergrenze richtet sich nicht nach der Anzahl der Personen, die in der Wohnung leben, sondern nach der Anzahl der Personen in der Bedarfsgemeinschaft.
2. Kinder, die ihren Bedarf mit eigenem Einkommen decken können, gehören nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft.
§7 Abs.3 Nr.4 ordnet Kinder der BG zu, wenn sie ihren Bedarf nicht selbst decken können.
Umkehrschluss: Können sie ihren Bedarf decken, gehören sie nicht zur BG.
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Zum Einkommen des Kindes zählt nach §11 Abs 1 S5 SGB II das Kindergeld, soweit es zur Deckung des Kinderbedarfs gebraucht wird.
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Außerdem bekommen Kinder von Alleinerziehenden Unterhalt oder alle unter 12 Unterhaltsvorschuss. Dieser ist nach §1 Abs1a Nr.1 UhVorschG aber auch bis 18 Jahre möglich, unter anderem wenn mit dem Unterhaltsvorschuss der Bedarf des Kindes gedeckt werden kann.
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Zuletzt brauchen wir eine weitere Sonderregelung - im Wohngeldrecht. Und hier wird es kompliziert.
Empfänger von Alg2 sind normalerweise vom Wohngeld als ganze Familie ausgeschlossen, nicht aber, wenn durch Wohngeld die Hilfebedürftigkeit überwunden werden kann.
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Da das Kind sich aber durch die Regelung zum Herauslösen aus der BG bei Bedarfsdekcung von dieser trennen kann, kann es seine Hilfebedürftigkeit mit "Kinderwohngeld" überwinden und ist damit auch berechtigt dieses zu beziehen.
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Beantragt die Mutter also nun Kinderwohngeld (und Unterhaltsvorschuss) kann das Kind seinen Bedarf mit Unterhalt(svorschuss), Kinderwohngeld und Kindergeld decken. Damit fällt es aus der BG und die effektive Mietobergrenze steigt.
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Beispiel zur Verdeutlichung:
Paul (14) lebt bei seiner Mutter Nora in Leipzig. Sie hat keine Arbeit und sie beziehen Alg2. Der Vater zahlt keinen Unterhalt.
Die Wohnung liegt mit 575€ Bruttokaltmiete+74€ Heizung um 125€ über der Mietobergrenze.
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Noras Bedarf nach dem SGB II:
449€ Regelbedarf
53,77€ Mehrbedarf Alleinerziehung
225€ Bruttokaltmiete (Mietobergrenze 450€/2)
37€ Heizkosten
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764,77€
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Pauls Bedarf nach dem SGB II:
376€ Regelbedarf
20€ Kindersofortzuschlag
225€ Bruttokaltmiete (Mietobergrenze 450€/2)
37€ Heizkosten
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658€
-219€ Kindergeld
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439€ vom JC
Zusammen haben sie
1203,77€ Alg2
219€ Kindergeld
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1422,77€
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Nach Zahlung der Miete bleiben ihnen 773,77€ zum Leben (inkl. Strom)
Beantragt Nora nun aber Unterhaltsvorschuss (314€) und Kinderwohngeld (206€ - berechnet mit wohngeld-mv.de/rechner), ergibt sich folgende Situation:
Paul deckt seinen Bedarf und es bleiben noch 18,50€ übrig. Damit fällt er aus der Bedarfsgemeinschaft und seine Mutter bildet nun alleine eine Bedarfsgemeinschaft.
Die 18,50€ darf er aber nicht behalten, diese werden nun zu Einkommen seiner Mutter.
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Für ihren Mietanteil gilt nun, da die Mietobergrenze nach Personen in der BG berechnet wird, die MOG für 1 Person. Die Mietobergrenze liegt für 1 Person bei 345€ Bruttokalt und ihr Mietanteil bei 287,50€ (575€/2Pers). Folglich wird ihr Mietanteil nun voll übernommen.
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Bedarf Nora ohne Mietobergrenze:
449€ Regelbedarf
53,77€ Mehrbedarf Alleinerziehung
287,50€ Bruttokaltmiete (reale Miete 575€/2)
37€ Heizkosten
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827,27€
- 0€ (18,50€ Kindergeld gehen zwar über, aber die 30€ Versicherungspauschale verhindert eine Anrechnung)
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Ein Blick auf die Haushaltskasse:
314€ Unterhaltsvorschuss
206€ Kinderwohngeld
219€ Kindergeld
827,27€ Alg2 (nur noch für Nora)
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1566,27€
Damit hat die Familie statt 1422,77€ nun 143,50€ mehr zur Verfügung - eine wesentliche Verbesserung.
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Diese Möglichkeit der Bedarfsdeckung ist eine Chance für Alleinerziehende, bei denen bereits die Miete abgesenkt wurde und auch bei der Wohnungssuche. In diesem Beispiel ließe sich eine Miete bis zu 612€ Bruttokaltmiete realisieren.
Das sind 162€ oder 36% über der MOG.
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Das Amt darf nicht zur Beantragung von Kinderwohngeld auffordern, wäre aber meiner Meinung nach dazu verpflichtet, über diese Möglichkeit zu informieren.
Z.B wenn bei die Miete nicht voll übernommen oder im Rahmen der Wohnungssuche nach der Mietobergrenze gefragt wird.
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Vorgehen: 1. Fristwahrender Antrag auf Wohngeld (inkl. explizitem Antrag auf Bildung und Teilhabe) (+fristwahrender Antrag auf Unterhaltsvorschuss) 2. Jobcenter informieren (Erstattungsanspruch) 3. Formular bzw. Formulare ausfüllen 4. Wechsel des Kindes zu Wohngeld (+UHV)
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Bei Fragen (und die wird es bei diesem komplizierten rechtlichen Konstrukt geben) wie immer bitte einfach melden...
Rechtsgrundlagen sind diesmal im Text/den Bildern enthalten.
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Mythos #Buergergeld #1 - die Familie mit 2 Kindern
Mit Bürgergeld wird sich Arbeit nicht mehr lohnen, diese Meinung wird aktuell von vielen vertreten...
Stimmt das? Eine faktenbasierte Rechnung.
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Die Familie hat 2 Kinder (6, 14 Jahre). Der Vater ist als Alleinverdienerund verdient 2819€ Brutto = 2145€ Netto.
Dazu kommt noch das Kindergeld von 438€ (Stand 2022)
Ein wichtiger Hinweis für alle, die vor Jahresende KiZ beantragen oder die einen noch nicht entschiedenen Antrag laufen haben.
Nur wenn ihr den Antrag bis 31.12. befristet, bekommt ihr ab 1.1. die Verbesserungen durchs Bürgergeld.
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Während eines laufenden Bewilligungszeitraums führen Änderungen im SGB II (wie die Erhöhungen der Regelbedarfe, der höhere Freibetrag aufs Einkommen) nicht zu einer Änderung bei der Höhe des Kinderzuschlags.
Hier ein Ausschnitt aus der Dienstanweisung zum Kinderzuschlag:
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Das wäre doof für alle, die jetzt im November oder Dezember beantragen und die dann für 4-5 Monate weniger Geld erhalten, als es bei einer Änderung wäre. Aber sie haben eine Möglichkeit:
Sie können ihren Antrag auf den 31.12. befristen und ab 1.1. einen neuen Antrag stellen.
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Es gibt eine weitgehende Pflicht der Sozialleistungsträger wie z.B. #Jobcenter oder #Sozialamt über Leistungen zu informieren.
Leider gelingt es den Behörden nur selten, diesem gesetzlichem Anspruch zu genügen.
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Zunächst gibt es nach §13-15 SGB I eine Beratungs-, Auskunfts und Aufklärungspflicht, die alle Sozialleistungsträger trifft.
Das SGB I und SGB X regeln die Grundlagen und das Verfahren für das gesamte SGB, das nach §68 SGB I auch Bücher umfasst, die nicht SGB ... heißen.
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§13 SGB I Aufklärung:
Diese Regelung bedeutet an sich, dass die Sozialleistungsträger die von Ihnen gewährten Sozialleistungen bewerben müssen. Sie müssen die Bevölkerung über ihre Rechte und Pflichten informieren.
Man könnte ja z.B. sowas machen:
Im Rahmen der 1.Beratung zum Bürgergeld hat die #noafd folgendes gefordert:
1. Zwangsarbeit
nach 6 Monaten Leistungsbezug mit 15Std Bürgerarbeit je Woche für Arbeitssuchende und alle mit Teilzeit unter 20Std/Woche
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2. Sachleistungen statt Geldleistungen
Als Sanktion z.B. bei der Verweigerung von Zwangsarbeit soll es statt Geld eine Geldkarte für Sachleistungen - also eine Art Lebensmittelgutscheine
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3. Verbot von Auslandsaufenthalten
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sollen sich grundsätzlich im zeit- und ortsnahen Bereich im Inland aufhalten müssen. Bei unerlaubter Ortsabwesenheit im Ausland soll auch bei einem Tag im Monat die Leistung für den ganzen Monat entfallen.
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Kinder die in finanziell (nicht sozial) schwachen Verhältnissen aufwachsen, sind durch die Gesellschaft sozial benachteiligt.
Das Bildungs-/Teilhabepaket soll die Auswirkungen der Finanzarmut abschwächen.
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Das Bildungs- und Teilhabepaket enthält eine Reihe an Leistungen für berechtigte Kinder, Jugendliche und manche jungen Erwachsenen:
Leistungsberechtigt für die Leistungen Nr. 1-6 sind Schüler an einer allgemein- oder berufsbildenden Schule bis 25 Jahre, die keine Ausbildungsvergütung erhalten, die Geld vom Jobcenter, Sozialamt, Wohngeld, AsylBLG oder Kinderzuschlag erhalten.