Ich habe vorhin gelesen, dass sich jemand beschwert hat, dass man im Chirurgie-PJ immer Haken halten muss und es keinen Unterricht gibt.
Dazu möchte ich was sagen.
Wenn man aus dem Studium kommt und ins PJ geht, hat man mal Anatomie gehabt und auch mal Chirurgie theoretisch. Mir ist der Chirurgiekurs an der Uni nicht im Kopf geblieben, kann den Grund haben, dass Chirurgie, wie Stricken oder Basteln, im Kopf vielleicht interessant, aber
recht sinnlos ist. Ich bin Kopf-Hals-Chirurgen, das belächeln unsere „richtigen“ Chirurgen ja ein bisschen, ich habe aber auch mal Unfallchirurgie gemacht. Wenn man im PJ anfängt, weiß man übers Operieren so gut wie nichts. Man hat noch nie in einem Menschen rumgeschnitten,
kennt das Leben im OP nicht, kann nicht nähen und kennt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch die Schritte und landmarks der OP nicht, bei der man jetzt plötzlich assistieren soll. Das ist total normal und macht überhaupt nichts. Um zu lernen, wie das alles funktioniert, muss
man es MACHEN. Das bedeutet aber zwangsläufig, dass man erstmal gar nicht viel machen kann. Es geht nicht damit los, dass man eine Neck Dissection durchführt, sondern dass man Haken und Klemmen hält. Und das nicht nur im PJ, sondern auch in der weiteren Ausbildung, das ist
auch völlig richtig so. Man muss sehr gut wissen, was man da macht, es erklärt sich von selbst, warum das so ist. Assistentieren ist manchmal langweilig, aber die Assistenz ist kein Quatsch, sondern ein enorm wichtiger Job. Nur wenn die Assistenz gut ist, kann der Operateur gut
operieren. Diese Aufgabe ist für die chirurgische Ausbildung unabdingbar. Ja, es gibt Operateure, die nicht dauernd was erklären. Man kann mitunter nicht permanent reden, weil es kompliziert ist. Aber es gibt genauso Operationen, bei denen der Operateur oder der andere Assistent
viel erklären und viel zeigen. Wo es ein nettes Gespräch mit den KollegInnen aus der Anästhesie gibt. Wo man auch nähen kann. Ich durfte am Ende des Tertials Materialentfernungen machen. Bei uns gab es im PJ keinen Unterricht zusätzlich, fand ich auch gut. Man lernt, während
man was tut. In jedem Tertial. Das Leben im PJ ist das Leben in der Klinik. Das ist keine Uni-Veranstaltung mehr, sondern ein Eintauchen in die schlecht besetzte, unangenehme Welt unseres Gesundheitswesens. Ich hatte zwei Tertiale in einem kleinen Haus, in dem die Besetzung
gut war, an der Uni war das nicht so, da haben wir als StudentInnen zeitweilig auch Stationen allein gemacht mit einem Assistenten im Backup. Klar hätte der das irgendwie alleine machen können, aber wir waren ein nettes Team und es war gut so. Genauso hatte ich
als Ärztin im Krankenhaus dann StudentInnen, mit denen wir in katastrophalen Besetzungssituationen den Laden gut gerockt haben. Und natürlich verteilt man dann Aufgaben nach Können, die StudentInnen dürfen keine Angehörigengespräche führen, können in der Zeit aber Serologien
abnehmen und durchaus auch einen Verband neu machen etc.. Es wird in den nächsten Jahren mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht so sein, dass die Personalsituation sich deutlich bessert, und es wird oft so sein, dass irgendwelche Unterrichtseinheiten ausfallen. Letztlich kommt es,
wie auch anschließend im Beruf, auf das Team an, mit dem man da arbeitet. Und genauso wie anschließend im Beruf gibt es gute und blöde Leute. Wird sich nie ändern.
Jetzt bin ich sehr abgeschweift. Ich wollte eigentlich nur sagen, dass Haken halten gar nicht so blöd ist.
Ich wünsche auf jeden Fall allen Neuen eine gute Zeit im OP, und vielleicht gibt es ja die/den Eine/n, die/der da auch ein bisschen länger bleiben möchte.
Ich bin jetzt alt und weiß alles besser und habe auch gar keine Ahnung. Ich schreibe trotzdem, weil ich jetzt irgendwelche Gaslighting-Vorwürfe bekomme, weil ich was zum PJ, aber auch zum Gesundheitssystem an sich geschrieben habe.
Ich mache seit fast 20 Jahren Medizin und arbeite in unserem Gesundheitswesen. Ich habe immer in freundlichen Abteilungen gearbeitet, habe aber selbstverständlich die Auswirkungen unserer Gesundheitspolitik zu spüren bekommen. Ich war wütend, überfordert und kaputt. Ich war
auch wütend auf die KollegInnen, die immer in der Ambulanzküche rumgeheult haben, weil alles so schlimm sei, die man aber nicht dazu bewegen konnte, etwas Sinnvolles dagegen zu tun. Konzepte zu entwickeln, Ideen zu haben, gegenüber dem Chef oder der Verwaltung geschlossen
Wow, jetzt sind hier so viele Fragen aufgetaucht, dass ich mit der Beantwortung im Moment nicht mehr hinterherkomme. Vieles davon habe ich aber schon mal aufgeschrieben:
Ich kann nicht das Buch ins Netz stellen, aber ich zeige Euch einfach das Inhaltsverzeichnis. Einige Sachen, die hier gefragt wurden, sind da genauso abgehandelt, wie ich hier auch rede. Und es gibt immer ein paar fun facts.
Nachdem hier sehr bizarre Erste-Hilfe-Maßnahmen bei Nasenbluten aufgetaucht sind, will ich einmal bisschen was zur Entstehung und Therapie des Nasenblutens erklären.
Mit Tipps für zuhause!
Nasenbluten kennt fast jeder in irgendeiner Form. Wie bei allen anderen Blutungen ist auch beim Nasenbluten (lat. Epistaxis) irgendwo ein Blutgefäß offen. Nasenbluten wirkt oft sehr bedrohlich, weil gefühlt 5 Liter Blut aus der Nase kommen (es ist gar nicht so viel).
Damit man überhaupt verstehen kann, warum man welche Maßnahmen ergreifen soll, eine grobe Anatomie-Erklärung. Die Nase ist wie ein Tunnel mit einer Wand in der Mitte. Diese Wand ist die Nasenscheidewand, und jeder kann sie fühlen, wenn man z.B. in der Nase bohrt.
Die umfangreiche HNO-Diagnostik war bis auf einen isolierten Tinnitus unauffällig.
Ich fragte sie nach Begleitsymptomatik, sie sagte, es gäbe Probleme bei der Arbeit.
Ich screene jede/n Tinnitus-Pat. auf Depressionen. Ihr Score ergab hier deutliche Hinweise.
Ich besprach mit ihr in mehreren Terminen die therapeutischen Optionen und traf sie regelmäßig zur psychosomatischen Grundversorgung, wo sie auch ihre erhebliche Belastungssituation erzählen konnte. Wir hatten einen engmaschigen und guten, oft auch fröhlichen Kontakt.
Ein ganz herzliches Willkommen an alle neuen Follies!
Zu diesem Account:
Hier postet eine Mutter/Ärztin/noch ein paar andere Sachen.
Ich freue mich über alle, die im Kopf flexibel und neugierig sind und Absurdes mögen.
Kurzer Thread.
Nicht zurecht komme ich mit Nazis, Tunnelblickmenschen, Querleugnern, Homo- und Transfeindlichen und anderen Kleingeistern. Instant block, diskutiere auch nicht mehr. Ich bin, wie viele andere, begeistert, selbstunsicher, mitunter erschöpft und mitunter ganz lustig.
Hier gibt es immer mal zum Teil unterhaltsame, zum Teil aber auch ein bisschen traurige Kunst. Ich kann unfassbar nervige GIF-Battles und sehr gruselige Gemälde.
Ich gebe Einblicke ins Gesundheitswesen, überlasse aber in allen Fragen, die meine Kompetenzen überschreiten, anderen
Ich habe es so satt.
Rant 🧵
Wieder ungefähr 7 oder mehr Leute ohne Absage nicht erschienen. Das sind 14 Termine in den letzten 2 Tagen.
Einer hat sich gestern angemeldet, wurde am Ende des heutigen Programms noch eingeschoben- nicht erschienen.
In den letzten 2 Wochen hatten wir in der Praxisbelegschaft Todesfälle im Familienkreis und alle MFAs sind heftig erkrankt. Eine unserer MFAs ist (coronanegativ) in der ersten Woche noch krank zur Arbeit gekommen, damit die Termine stattfinden konnten.
Unser Azubi hat gestern
die Praxis allein geschmissen mit meinem Kollegen, der auch nicht fit ist.
Ich habe in der Praxis geheult nach dem Todesfall, aber ich habe gearbeitet. Einen Nachmittag war ich nicht da wegen der Trauerfeier.
Wir haben die Praxis einen einzigen Tag schließen müssen, weil