@sterntv: Warum verbreitet ihr Falschinformationen zum Bürgergeld und den sozialrechtlichen Folgen?
Ihr vergleicht die Situation der Geringverdienerin aus 2022 mit dem Bürgergeld 2023.
1.Damit kommt ihr zwingend zum falschen Ergebnis und
2.rechnet ihr auch noch falsch...
1/23
Korrekte Berechnung Bürgergeld ohne Einkommen:
Bedarf:
502€ Regelbedarf
160€ Mehrbedarf Alleinerziehung
420€ Regelbedarf Sohn
318€ Regelbedarf Tochter
40€ Kindersofortzuschlag (2x20€)
940€ Miete und Heizkosten
-------
2380€ Bedarf
2/23
Einkommen:
500€ Kindergeld (2x250€)
214€ Unterhaltsvorschuss (nur für Tochter, Sohn zu alt)
------
714€ angerechnetes Einkommen, keine Freibeträge
-940€ Miete und Heizkosten
------
1440€ Geld zur Verfügung mit Bürgergeld
4/23
Korrekte Berechnung Situation mit Arbeit: 1. Sie soll mit Vollzeitarbeit nur 1260€ Netto verdienen. Das ist aber unmöglich.
Selbst bei Mindestlohn:
12€/Std x 40Std/Woche x 4,33 Wochen/Monat
=2080€ Brutto
Bei Steuerklasse 2 mit Kinderfreibetrag ergeben sich 1583€ Netto.
5/23
Auf Grundlage der angegebenen Zahlen ergibt sich folgender Umfang der Teilzeitstelle
Um ein Netto von 1260€ zu erhalten, verdient sie Brutto 1575€.
Bei Mindestlohn ergibt sich folgender Stundenumfang:
1575€ / 4,33Wochen/Monat /12€/Std = 30Std/Woche.
6/23
Da sie arbeitet und über 600€ Brutto im Monat verdient hat sie nach §1 Abs1a Nr2 UhVorschG Anspruch auf Unterhaltsvorschuss für ihren Sohn - 2023 in Höhe von 292€.
Ergänzend kann sie entweder Bürgergeld oder Wohngeld und Kinderzuschlag beziehen.
Zunächst zum Bürgergeld:
7/23
Berechnung Bürgergeld:
Der Bedarf bleibt identisch zur Berechnung ohne Einkommen:
502€ Regelbedarf
160€ Mehrbedarf Alleinerziehung
420€ Regelbedarf Sohn
318€ Regelbedarf Tochter
40€ Kindersofortzuschlag (2x20€)
940€ Miete und Heizkosten
-------
2380€ Bedarf
8/23
Einkommen Kinder:
500€ Kindergeld
214€ Unterhaltsvorschuss Tochter
292€ Unterhaltsvorschuss Sohn
------
1006€
9/23
Beim Erwerbseinkommen gibt es folgende Freibeträge:
100€ Grundpauschale
20% des Bruttos von 100 bis 520€
30% des Bruttos von 520 bis 1000€
10% des Bruttos von 1000 bis 1200€
10% des Bruttos von 1200 bis 1500€ (nur mit Kind)
10/23
Einkommen Mutter
1575€ Brutto
1260€ Netto
Freibeträge:
100€ (Pauschale)
84€ (20% v. 100-520)
144€ (30% v. 520-1000)
20€ (10% v. 1000-1200)
30€ (10% v. 1200-1500)
-------
378€ Freibetrag
Die Haushaltskasse enthält folgendes:
1260€ Netto Mutter
+ 500€ Kindergeld
+ 214€ Unterhaltsvorschuss Tochter
+ 292€ Unterhaltsvorschuss Sohn
+ 492€ Bürgergeld
---------
2758€ Haushaltseinkommen
-940€ Miete inkl. Heizung
--------
1818€ nach Mietzahlung
13/23
Berechnung der Alternative zum Bürgergeld mit Wohngeld und Kinderzuschlag:
Wohngeld 305€
Berechnung mit dem Rechner von Wohngeld-MV.de unter Annahme von Mietstufe 1 und 80€ Heizkosten (schlechteste denkbare Bedingungen)
14/23
Kinderzuschlag:
Der Elternbedarf setzt sich aus den Bedarfen der Eltern und einem prozentualen Anteil an den Wohnkosten zusammen (siehe Tabelle)
502€ Regelbedarf Mutter
160€ Mehrbedarf Alleinerziehung
592€ (63% von 940€ Warmmiete)
------
1254€ Elternbedarf
15/23
Da das nach den Berechnungsgrundlagen des Bürgergelds anzurechnende Einkommen (882€ - siehe Tweet 11) niedriger ist, als der Elternbedarf, wird davon nichts auf den Kinderzuschlag angerechnet.
16/23
Der Unterhaltsvorschuss wird mit 45% mindernd auf den maximalen Kinderzuschlag angerechnet.
214€ UhV Tochter
292€ UhV Sohn
-----
506€
500€ Maximaler Kinderzuschlag (250€ je Kind)
-228€ (45% von 506€)
------
272€ Kinderzuschlag
17/23
Die Haushaltskasse enthält folgendes:
1260€ Netto Mutter
+ 500€ Kindergeld
+ 214€ Unterhaltsvorschuss Tochter
+ 292€ Unterhaltsvorschuss Sohn
+ 305€ Wohngeld
+ 272€ Kinderzuschlag
---------
2843€ Haushaltseinkommen
18/23
Da mit Wohngeld und Kinderzuschlag insgesamt höhere Leistungen fließen als mit Bürgergeld, hat sie Anspruch auf diese vorrangigen Leistungen.
2843€ Haushaltseinkommen mit Arbeit
- 940€ Miete inkl. Heizkosten
------
1903€ nach Mietzahlung
19/23
Durch diese falschen Berechnungen kam @sterntv auf das falsche Ergebnis, dass die Differenz bei nur 189€ liegen würde und insgesamt auf viel zu geringe Beträge.
Real liegt der Lohnabstand aber bei 463€.
Durch die falschen Berechnungen und die falsche Darstellung musste die Diskussion bei #sterntv in die falsche Richtung gehen.
Schade um die vertane Chance, faktenbasiert zu sprechen.
21/23
Danke für deinen Einsatz und die Beschreibung deiner Lage an @klein_nini, das hast du spitze gemacht.
Von @xsarahleee hätte ich mir erwartet, dass ihr auffällt, dass die Berechnung falsch sein muss.
Für @MarioCzaja war die Desinformation eine Steilvorlage.
22/23
Von @sterntv hätte ich eigentlich eine korrekte Berechnung erwartet...
Hat @MarioCzaja eventuell die Zahlen mitgebracht?
Sie passen voll in die Desinformationskampagne der @CDU und @CSU, mehr dazu hier:
Vorläufige Zahlungseinstellung wegen vorrangiger Leistungen
Einige Jobcenter stellen aufgrund nicht gestellter Anträge auf vorrangige Leistungen (Unterhaltsvorschuss, Alg1,...) vorläufig die Zahlung ein.
So wie hier geschehen:
Dafür gibt es 2 Gründe: 1. Es ist unangemessen, die Zahlungen vollständig einzustellen. Das Jobcenter hat nach §40 Abs3 SGB II die Möglichkeit, die Zahlungen teilweise (z.B. in Höhe des Unterhaltsvorschusses) einzustellen.
Diese Option wäre milder.
2/6
2. Die Vorschrift ist dazu da, Rückforderungen zu vermeiden und nicht dazu Leistungsberechtigten Druck zu machen.
Eine Rückforderung kann aber gar nicht entstehen, wenn das Amt seine Arbeit richtig macht.
3/6
) eine neue Version erstellt.
Leider weist auch diese weiterhin eklatante Fehler auf.
1/17
Die aktuelle Version ist unter ifw-kiel.de/fileadmin/Date… abrufbar.
Sie vergleicht das Nettoeinkommen von Bürgergeldbeziehern mit Aufstockern, die Wohngeld in Anspruch nehmen, lässt aber aufgrund von Stigmatisierung ergänzendes Bürgergeld und Kinderzuschlag außer acht.
2/17
Nachvollziehbar ist es aus meiner Sicht, ergänzendes Bürgergeld als Stigmatisierung außer acht zu lassen, denn eine Aufstockung mit diesem stellt klar nur eine Subventionierung des Niedriglohnsektors dar.
Geschenke an #IchBinArmutsbetroffen e von Freunden/ Familie/ Fremden können vom #Jobcenter angerechnet werden, wenn sie als Geld zufließen, als Sache allerdings nicht.
1/8
Die Unterscheidung liegt an §11 Abs1 S1 SGB II:
"Als Einkommen zu berücksichtigen sind Einnahmen in Geld..."
Ausnahme sind nur Sachen, die im Rahmen einer Arbeit zufließen (§11 Abs1 S2 SGB II)
2/8
Wer also Menschen im Alg2-Bezug unterstützen will, kann dies am besten in Form von Sachgeschenken (auch Gutscheine sind Sachen) tun.
Leistungsbeziehende müssen sich keine Sorge um eine Anrechnung durch das Jobcenter machen.
Achtung: Beim Sozialamt gelten strengere Regeln!
3/8
Ein Arbeitsloser hat die Pflicht, für das #Jobcenter erreichbar zu sein und muss daher ortsanwesend sein.
Aber was bedeutet das eigentlich?
Und wen betrifft das eigentlich?
Hier ein paar Erklärungen, die man so vom Amt eher nicht bekommt.
1/14
Die Pflicht zur Ortsanwesenheit richtet sich nach der Erreichbarkeitsanordnung.
Die "EAO" besagt, dass ein Arbeitsloser werktäglich (Mo-Fr) postalisch erreichbar sein muss und Termine beim Jobcenter oder Vorstellungsgespräche wahrnehmen können muss.
2/14
Jetzt aber zu wesentlichen Infos:
Werktäglich "postalisch erreichbar" heißt, dass man Mo-Fr in der Lage sein muss, Briefe zu empfangen und zu lesen.
Das muss aber nicht zuhause sein, es ist auch möglich, dem Amt zu sagen, dass es Post an eine andere Adresse senden soll.
Das deutsche Sozialsystem ist sehr komplex. Dies hat den Nachteil, dass es für Laien unübersichtlich ist.
Der Vorteil aber ist, dass es dafür sehr viele besondere Lagen und Situationen abdeckt.
Hier eine Übersicht.
1/
Sowohl die grafische Übersicht als auch diese Auflistung ist extrem vereinfacht und soll nur dazu dienen, dass sich jemand, der noch nie mit diesen Themen zu tun hatte, einen allerersten Eindruck über die Leistungen verschaffen kann.
2/
Wohngeld
Diese bekommen Erwerbstätige, Alg1/Krankengeldbezieher, Rentner, Alleinstehende, Paare und Familien, die ihren Lebensunterhalt mit Wohngeld und ihrem sonstigen Einkommen absichern können.
Es ist vorrangig vor Arbeitslosengeld und Grundsicherung.
3/
#IchbinArmutsbetroffene müssen auf kleine Beträge achten, daher hier der Hinweis auf eine Feinheit.
Die Gastherme benötigt für ihren Betrieb Strom, dieser gehört eigentlich zu den Heizkosten und ist ein oft übersehener Heizkostenbedarf.
1/9
Betroffene in #HartzIV / #Grundsicherung, die eine (Gas)etagenheizung/Gastherme in Ihrer Wohnung oder die Heizung im Eigenheim betreiben, haben diesen Anspruch.
2/9
Beim Betriebsstrom für das Gerät handelt es sich nicht um Haushaltsstrom sondern um zusätzlich zu übernehmende Heizkosten.
Da der Strom normalerweise nicht separat gemessen wird, hat sich ein Richtwert von 5% der Brennstoffkosten als Summe für den Strom-Mehrbedarf etabliert.
3/9