Zwei Grafiken aus dem aktuellen ARD-Deutschlandtrend reichen aus, um das gesamte politische Dilemma der #FDP zu erklären und das Verhalten von Wolfgang #Kubicki gleich mit dazu.
Eine politische Analyse als 🧵 1/14
Die FDP verbindet in ihrer eigenen Wählerschaft unvereinbare Gegensätze. Solange sie in der Opposition ist gelingt es ihr gut, kommunikativ diese beiden Gruppen zusammenzuhalten. Tritt sie in eine Regierung ein, fallen die Gegensätze auseinander. 2/14
Das ist kein neuer Trend. Westerwelle gelang es mit dieser Strategie 2009 unvereinbare Gruppen miteinander zu verbinden. Die FDP schaffte 14,6 Prozent aus der Opposition heraus, weil sie sowohl von Business-Eliten als auch vom aufstiegsorientierten Prekariat gewählt wurde. 3/14
Weil man aber beiden Gruppen nicht gleichzeitig im Regieren gerecht werden kann, zerfiel die FDP in der schwarz-gelben Regierung und flog in der Folge sogar aus dem Bundestag. Man konnte es weder den einen noch den anderen Recht machen und schwankte zu sehr. 4/14
Der Wiederaufstieg der FDP unter Lindner gelang nur durch die Reaktivierung alter Business-Eliten und durch die sozikulturelle Ansprache neuer Zielgruppen, die Linder im Unterhemd in schwarz-weiß-Fotografie cool fanden und seiner Digitalisierungseuphorie glaubten. 5/14
Diese junge Zielgruppe hat aber in der Substanz ein anderes, gesellschaftsliberales Weltbild als die alten Business-Eliten, die viel reaktionärere Einstellungsmuster zeigen und dazu stark marktliberal eingestellt sind.
Für beide schlüssig zu regieren, fällt extrem schwer. 6/14
Ganz deutlich sieht man das beim Thema Einbürgerung (wie übrigens bei ganz vielen politischen Themen). Während Wähler anderer Regierungsparteien klar auf einer Seite stehen, steht es bei der FDP auf beiden Seiten gleich.
Egal wem man gefällt, man vergrätzt den anderen. 7/14
Das Problem für die FDP ist innerparteilich, dass beide Positionen damit auch gleich plausibel sind. Die pro Position hat gleich starke Argumente wie die contra-Position und beide Seiten bangen jeweils um ihre FDP-Wählerklientel. 8/14
Innerhalb der aktuellen Regierung gibt es für das Problem der FDP nur eine schlüssige Auflösung. Sie muss auf die Interessen derjenigen FDP-Wähler einschwenken, die auf Seiten der anderen Ampel-Parteien stehen. Sonst gerät die Ampel in den Dauerstreit. 9/14
Die Folge ist aber, dass die FDP riskiert die andere Hälfte ihrer Wählerschaft zu verlieren. Das sind genau diejenigen, für die Kubicki steht. Sprich, Kubicki muss gegen die Ampel schießen, weil sonst seine FDP nicht mehr seine FDP bleiben wird und er tut es folgerichtig. 10/14
Eine gesellschaftsliberale FDP braucht keinen Kubicki. Sie müsste ihn eher loswerden. Eine wirtschaftsliberale FDP braucht ihn. Sie würde ihn stärken.
Da in der Ampel alles strategisch Richtung Gesellschaftsliberalität weist, torpediert Kubicki aktiv diesen Kurs. 11/14
Wegen Leuten wie Kubicki (es sind mehrere in der Fraktion) bleibt die FDP unentschieden. Sie ist gleichzeitig stark für diese Regierung und gleichzeitig stark gegen diese Regierung. Das Resultat ist existenzbedrohend:
Nur 18% der eigenen Klientel finden die Ampel gut. 12/14
Wohlgemerkt findet es damit auch ein großer Teil derjenigen schlecht, der inhaltlich auf der Seite der Ampel steht. Der Grund ist recht logisch: Weil die FDP eben auch gegen die Ampel arbeitet - genauso wie dafür.
In Summe ist es einfach: Die FDP muss sich entscheiden. 13/14
Weil in der Fraktion aber beide Flügel repräsentiert sind, muss sie - will sie in der Regierung erfolgreich sein - eine Entscheidung treffen, die Leuten wie Kubicki auch noch eine Zukunft gibt. Sonst droht die Spaltung.
Eine extrem schwere Aufgabe für die FDP. 14/14
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#Bochum trendet heute Abend, weil die Polizei mit angehängtem Foto nach 6 jungen Männern fahndet, die wahrscheinlich eine Straftat begangen haben.
In Tweets überschlagen sich die Leute in Hinweisen darauf, dass es sich um 6 Jugendliche mit Migrationshintergrund handelt. 1/13 🧵👇
Gerne werden diese Tweets garniert mit dem Vorwurf, dass Straftaten Jugendlicher mit Migrationshintergrund (die meisten wurden hier geboren) in unserer Gesellschaft insbesondere durch Woke/Linke/Gutmenschen etc. totgeschwiegen würden.
Nein, totgeschwiegen wird nichts. 2/13
Der Unterschied ist, welche Schlüsse wir ziehen: Unterstellt man, dass Jungs, weil sie Migrationshintergrund haben, zum Straftäter werden oder nicht? Nein, ein Migrationshintergrund führt definitiv & nachweislich nicht dazu, dass man Straftäter wird. 3/13
Der Diskurs in Deutschland ist in einer Frage sehr verzerrt: Fach- und Arbeitskräfte.
Wo immer sie fehlen - mittlerweile überall - wird der Ruf laut, man müsse mehr werben und die Arbeit attraktiver machen.
Dagegen habe ich gar nichts, es löst aber nicht das Problem: 1/9
Die Menschen, die hier fehlen, sind nicht geboren worden. Seit Jahrzehnten haben wir weniger Kinder in der nachfolgenden Generation als in der vorausgegangen. 2/9
Werbemaßnahmen locken keinen Menschen, der nicht geboren wurde.
Attraktivere Arbeitsbedingungen locken niemanden, der nicht geboren wurde. Trotzdem bleibt es richtig für bessere Arbeitsbedingungen zu sorgen. Das Ziel dabei ist mehr Lebensqualität und dieses Ziel ist gut.
3/9
2. Thread zum Thema #BILD heute:
Ich hatte berichtet, dass mich eine Person, die sich mir als BILD-Reporter vorstellte, mich stark übergriffig angegangen hatte.
Seither habe ich bemerkenswertes mit der BILD-Redaktion erlebt: Ein höchst konstruktiver Versuch der Aufklärung:
Bei BILD wurden heute mehrere Leute intern beauftragt, diesen Fall zu prüfen und zu schauen, wer das gewesen sein könnte, oder ob sich jemand einfach als Reporter ausgibt.
Dafür haben sich mehrere Führungskräfte von BILD bei mir gemeldet und um eine Personenbeschreibung gebeten.
Gerade bekam ich noch einen Anruf aus der lokalen BILD-Redaktion, die mit mir geklärt hat, dass sie keine Person in ihrem Personalbestand haben, die auf die Beschreibung passt.
Das ganze übrigens ohne jeden Vorwurf, sondern im gegenseitigen Interesse, dass so was nicht vorkommt.
An meinem Hochzeitstag war ich mit meinem Mann & Freunden spät abends noch in einer gay-Kneipe. Dort sprach mich eine Person an, die sich mir als BILD-Reporter vorstellte und er wolle jetzt O-Töne zur SPD. Ich sagte ihm, ich bin hier privat. Er meinte das sei ihm egal.
Ich ging weg, er mir hinterher. Auf die Aussage „bitte lassen Sie mich in Ruhe“ antwortete er „ich kenne Sie, ich habe ein Recht auf Antworten“.
Als meine anwesenden Freunde ihm sagten, er soll uns einfach lassen, hat er uns alle ungefragt gefilmt und als Faschisten beschimpft.
Dann hat er mehrere völlig unbeteiligte Gäste angerempelt, um zu mir durchzukommen. Später hat er mich eine Stunde am Stück pausenlos angestarrt, bis ich endgültig nach Hause gegangen bin.
„Danke“ für diesen Hochzeitstag.
Warum haben wir nicht nur öffentlich-rechtliche Nachrichten, sondern auch öffentlich-rechtliche Unterhaltung?
Ganz einfach, weil Geschichten/Narrative unser Bewusstsein sehr viel mehr prägen als Informationen.
Geschichten prägen Politik. 1/5
Sachinformationen haben wesentlich weniger Einfluss auf unsere Entscheidungen als Emotionen in Geschichten. Das liegt daran, dass Emotionen a) 200.000 Mal schneller verarbeitet werden als Sachargumente und b) dass Geschichten leichter im Gehirn abgespeichert werden können. 2/5
Das bedeutet in der Konsequenz, dass alle Argumente, die für öffentlich-rechtliche Sachinformationen sprechen umso mehr auch für öffentlich-rechtliche Unterhaltung sprechen.
Wir können in der Demokratie nicht wollen, dass Unterhaltung nur in privater Hand ist. 3/5
Die Legitimationsgrundlage des ÖRR ist nicht abhängig vom politischen Urteil einzelner Politiker wie Friedrich Merz.
Die Legitimation kann auch nicht mal eben entzogen werden. Sie fußt auf dem Grundgesetz Art. 5 und auf mehreren Urteilen des Bundesverfassungsgerichts. 1/5
1961 urteilte das Bundesverfassungsgericht gegen den CDU-Vorschlag eines "Deutschland-Fernsehen" in Form einer durch die Bundesregierung kontrollierten GmbH als Alternative zur ARD.
Das wäre nämlich ein kontrollierter Regierungssender gewesen. Das Verfassungsgericht urteilte: 2/5
- Der Rundfunk ist Ländersache
- Rundfunkanstalten genießen Programmautonomie
- Rundfunk ist staatsfern zu organisieren. -> Ergänzung durch Urteil 2014: Deshalb dürfen in den Aufsichtsgremien auch nur max. ein Drittel Politiker repräsentiert sein. 3/5