#Marokko! Soll das Weiterkommen gefeiert werden soll oder nicht?
Klar: das erste afrikanische Land im WM-Halbfinale ist was großes - so wird es in Afrika auch gesehen.👍🏼
Ich will knapp erklären was der Hintergrund der Kontroverse ist (am Ende meine persönliche Meinung):
(1/29)
Was hat es auf sich mit Themen wie der #Westsahara, den #Berbern (#Amazigh) oder den #Palästina Flaggen. Und noch etwas mehr wie #Sportswashing und Monarchie. Die #Westsahara ist ein ehemaliges spanisches Kolonialgebiet, das in den 1970ern von Marokko besetzt wurde.
(2/29)
Dagegen wehrt sich deren Nationalbewegung, die #Polisario. Marokko hat das Land mit Siedlern geflutet, Widerstand erstickt. Die Sahrawis leben als benachteiligte Minderheit im eigenen Land, in #Flüchtlingslagern im Ausland und hinter einem von Marokko gebauten Erdwall.
(3/29)
Nach dem Spiel gegen Portugal sangen die marokkanischen Spieler ein nationalistischen Lied über die Westsahara. Für die marok. Monarchie ist die Westsahara wichtig. Sie sieht sich nicht als postkoloniale Nation, sondern als postkoloniales #Imperium
(4/29)
Ein wichtiges Paradigma: Befreiung vom Kolonialismus als Befreiung zur 'alten Größe'.
#Amazigh: "Scratch a Moroccan, find a Berber" gilt für die Herkunft fast aller Marokkaner:innen. Das Königshaus bildet sich was auf seine höchstedle arabische Abstammung ein.
(5/29)
25%+ im Land sprechen #Tamazgha. Sie leben eher in den armen Bergregionen, und haben u.a. 2011 für ihre Rechte demonstriert. Ein #Amazigh Bewusstsein gibt es (siehe Flagge u. Schilder), aber es erreicht in Marokko nicht das Ausmaß eines ethnischen Konflikts. (6/)
Viele vergessen gerne, dass Marokko eine autokratische Monarchie ist - btw mit BESTEN Beziehungen zu Frankreich und den USA. Auf der Monarchie gründet auch die koloniale Ideologie ggü. Der Westsahara und die Höherstellung des Arabischen. König Muhammad VI liebt Sport... 7/
Und insbesondere die Azaitar-Brüder aus #Köln in der #UFC7. Hier eine gute Recherche von @ZidanSports. Mit der WM dürfte der Fußball ins Zentrum getragen werden. Die Nationalmannschaft besteht größtenteils aus armen Migrantenkindern aus Europa. /8
Die #Palästina Flagge. Arabische Solidarität mit Palästina ist politisch tot, aber kulturell lebendig. Das Zeigen der Flagge durch das Team kann(?)als Widerspruch gegen die offizielle "Normalisierung" der (schon alten) israelisch/marok. Beziehungen 2020 gesehen werden. /9
Die wurde übrigens in übler Weise auf dem Rücken der Westsahara besiegelt, indem die USA im Austausch (als bisher einziges Land) die volle marokkanische Souveränität anerkannten (genseitige Verständigung durch illegale Besatzung ist auch so'n Ding).
/10
Hier übrigens marokkanische Werbung in Jerusalem für israelische Touristen "Willkommen in EUREM Land", Anspielung auf die marokkanisch-jüdische Geschichte (Marokko btw eines von zwei arabischen Ländern mit noch lebender jüdischer Gemeinde).
/11
Derzeit fungiert die #Palästina-Flagge eher als Symbol diffuser panarabischer Einheit-einer politischen Idee mit schlechter Bilanz, aber trotzdem ein legitimes Gefühl. Was genau mit der Flagge gemeint ist, bleibt unklar.. Klar ist, viel der deutschen Kritik bisher ist Cringe. /12
taz.de/Orchestrierte-…
Um @xileffff zu paraphrasieren: Kritik an der Rolle von "Palästina" fürs neukoloniale Marokko und neofeudale Qatar gerne - aber doch nicht so... /13
Und das hier ist auch seltener Cringe, ein hohes Level an Projektion (Ausbuhen im Fusball skandalös und klarer Beweis für unerträglichen Nationalismus!). @prof_mayer
/14
Meine eigene Haltung, die in einer Whatsappgruppe voller Marokko-begeisterter muslimischer Männer nicht so gut angekommen ist:
15/end
2 Anmerkungen:
Die Normalisierung zwischen arabischen Ländern und Israel ist super (!). Leider trägt sie in allen Fällen der #AbrahamAccords -Ära (Bahrain/Emirate/Sudan/Marokko) die unvermeidliche Handschrift autokratischer Mauscheleien. 2) die Thread-Zählung ist Banane gegangen.
• • •
Missing some Tweet in this thread? You can try to
force a refresh
Viele kritisieren Volker Beck, weil er die Besatzung im Westjordanlandes nicht illegal nennt.
Das ist aber nicht das Problem.
Für Becks Aussage gibt es Argumente, das Völkerrecht war auf "ewige" Besatzungen nicht ausgelegt und hat kaum Begriffe dafür ob sowas legal/illegal ist.
Die große Mehrheit der Völkerrechtler:innen hält die Besatzung für illegal, bedingt durch Dauer und "Verhalten" Israels. Das zeigt aber schon, dass es eine Grauzone gibt.
Das eigentliche Problem liegt woanders:
Wenn das UN-Besatzungsstatut im Westjordanland gilt, dann wird...
eine große Bandbreite von darüber hinausgehendem Verhalten Israels (Siedlungen, Annexionen) automatisch illegal, darüber gibt es wenig Diskussion (außer von Spinnern wie @LizasWelt).
Aus diesem Grund betrachten israelische Regierungen insb. seit dem Niedergang des Osloer..
Mein hottest take zum ganzen Thema: das Problem für "Israel/Palästina" ist weniger ein Mangel an Solidarität, sondern dass beide seit (Palästina seit den 1960ern, Israel seit den 2000ern) auf unterschiedliche Weise "zu viel" Solidarität aus den falschen Gründen genießen.
Bei Palästina ist das relativ selbsterklärend: Islamisten, (post) stalinistische Linke, arabische Nationalisten und Antisemiten haben der pal. Nationalbewegung die "Definition of insanity" aufgeschwatzt: immer das gleiche tun und ein anders Ergebnis erwarten (Gewalt).
Aber auch der nationalreligiöse Shift in Israel hat damit zu tun, dass Evangelikale u. auch rechte Jüd:innen aus den USA das kleine Land mit rechter und rassistischer Solidarität vollgepumpt haben, und sich auch in Europa und Indien eine rechtsdrehende Solidarität gebildet hat.