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Dec 25, 2022 16 tweets 6 min read Read on X
Dass Rolf #Mützenich weit davon entfernt ist, seine innere #Zeitenwende zu vollziehen, zeigen seine Aussagen im Interview mit der @tazgezwitscher. Sie zeugen von verzerrten Wahrnehmungen, die #Russland ausnutzt, um seinen #Angriffskrieg zu führen
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taz.de/Archiv-Suche/!…
Problematisch und vielsagend schon der Einstieg. Er habe nicht gedacht, so Mützenich über diesen Krieg, „dass sich Menschen das hier noch gegenseitig antun“.
Diese abstrahierende Sprache verschleiert die Verbrechen der Russen und die eindeutige Antwort auf die Schuldfrage.
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Überaus effektiv, so führt Mützenich vor, ist Putins Mad-Man-Strategie: Je monströser die Drohungen, desto größer die Furcht im Westen, zum direkten Kriegsbeteiligten zu werden.
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Bezeichnend auch, dass er auf Fragen antwortet, die nicht gestellt wurden. Der atomare Schutzschirm gilt eben nicht für die Ukraine. AKK hat deshalb nicht über mehr Atomwaffen geredet, sondern über die Aufrüstung der UA vor dem 24.2. Dann hätte Putin neu kalkulieren müssen.
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Es darf natürlich nicht das Mantra „Aber die Amis!“ fehlen. Denn wen außer ein paar Neocons kann Mützenich meinen, wenn er über „siegesbesoffene“ Politiker spricht? So lässt sich gut von eigenen Illusionen ablenken, die deutlich langlebiger waren (bzw. sind).
Zentral für ein Segment der Sozialdemokratie ist das vulgär realpolitischen Argument, nicht zu „moralisch“ zu agieren. Das ist ein Strohmann: Es geht in erster Linie um Regeln der IB (Du sollst deinen Nachbarn nicht überfallen).
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Besonders lustig ist, wie Mützenich die Angstobsession vor einem Atombomben-Einsatz durch Russland zum Element einer „Scholz-Doktrin“ stilisiert. Ihm ist vermutlich nicht aufgefallen, dass Deutschland der wichtigste Resonanzboden für diese Drohungen Putins ist.
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Ja, und was soll man von der außenpolitischen Kompetenz eines Mannes halten, der störrisch an seinen Illusionen festhält und dazu Kalendersprüche von Egon Bahr zitiert, der 2014 zu den wichtigsten Apologeten des russischen Angriffes auf die Ukraine zählte?
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Typisch ist der komplette Blackout, wenn es darum geht, wie ein Waffenstillstand erreicht werden soll, bei dem auch die territoriale Integrität der Ukraine gesichert bleibt. Denn Mützenich weiß ja, dass Putin die Gebiete nicht freiwillig hergeben wird.
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„Ich hoffe“, „ich wünsche“, „gut wäre es“ - wohlgemerkt: wir lesen hier das Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden der Kanzlerfraktion. Der sich von der Realität weder seine Illusionen noch seine außenpolitischen Modelle kaputtmachen lassen möchte.
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Und was meint er hinsichtlich der Ukraine damit, er hoffe, dass sich „die Kriegsparteien sich gleichzeitig über Maßnahmen verständigen, um diesen Krieg weniger grausam zu machen“? Soll sie weniger Invasoren töten, auf deren hohe Opferzahl er explizit hinweist?
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Wenn es ein „reflexhaftes“ Verhalten gibt, dann die Forderung nach diplomatischen Gesprächen, ohne dass konkretisiert wird, worüber denn verhandelt werden soll. Dummerweise gibt es aus diesem Krieg nur zwei Ausgänge:
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Entweder der vollständige Rückzugs Russlands oder das Signal, dass Eroberungskriege im 21. Jh. erfolgreich sein können. Dann können wir davon ausgehen, dass Russland sich zu neuen Kriegszügen ermuntert fühlen wird. Und vielleicht wird dereinst gefragt „Mourir pour Tallinn?“
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Mützenichs vorletzte Antwort läßt besonders tief blicken - offenbart sie doch eine Unkenntnis der Ukraine, die er durch wenige Reisen hätte korrigieren können. Stattdessen dominierte bei ihm bis zum Februar anscheinend das Bild von der zerrissenen Ukraine.
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Und die letzte Antwort wieder: Hoffnung… Für einen führenden Politiker, der sich offensichtlich lieber vom Schicksal führen läßt, erscheint mir das ein bisschen wenig. Welche konkreten Ideen er hat - der langjährige außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion - Fehlanzeige.
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P.S.: So empörend und (vorsichtig formuliert) wenig durchdacht ich die meisten Aussagen von Mützenich in diesem Interview ich übrigens auch finde, meine ich dennoch, dass man in der Sache hart argumentieren kann, ohne ausfallend zu werden.

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Aug 17
Wolfgang Richter hat für die @FES_ROCPE argumentiert, die neuen US-#Tomahawk in D erhöhten die Gefahr eines Atomkrieges. Auch in diesem Interview mit führt der Sicherheitsexperte seine festsitzenden Scheuklappen und Logikfehler vor.
Einige Anmerkungen.
1/ macroskop.eu
Wie Masala treffend fragt, stellt sich die Frage, warum die Russen wochenlang um Kyjiw gekämpft haben, wenn sie es gar nicht einnehmen wollten. Bezeichnend ist in diesem Zusammenhang, dass Richter seine Einschätzung ausgerechnet auf den Text des Istanbul-Kommuniqués stützt.
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Das ist bestenfalls naiv. Die Russen hätten alles in diesen Text hineingeschrieben, was den Westen abhielte, mehr Waffen an die UA zu liefern. Es funktioniert bis heute. Dass es um die Existenz der Ukraine geht, ignorieren Richter & Co: dann müsste man ja entsprechend handeln.
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Read 12 tweets
Aug 14
Prof. Alfred Nordmann meint in der @faznet allen Ernstes, er stehe der russischen Zivilgesellschaft bei, wenn er mit weiterhin mit dortigen Kollegen kooperiere. Wohlgemerkt: es handelt sich dabei um Philosophen an *staatlichen* Unis.
Er gesteht zwar
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faz.net/aktuell/karrie…
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ein, sein Verhalten könne man als naiv ansehen. Das Ausmaß seiner Naivität aber ist ihm offenkundig nicht bewusst, wenn er irritiert von den „merkwürdigen“ antiwestlichen Ressentiments eines Kollegen schreibt. Diese richten sich ja nicht zuletzt gegen ihn - verkörpert er doch
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mit seiner Bereitschaft zu Toleranz und Selbstkritik jene Tugenden, die als westliche Dekadenz im putinschen Russland verachtet werden. Das „vage vorherrschendes Narrativ“ ist der Kern der imperialen Propaganda, die Nordmann mit seiner bloßen Anwesenheit kontern will.
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Read 7 tweets
Aug 13
Im Gespräch mit Moritz Küppers durfte #Wagenknecht im @DLF heute früh unwidersprochen ihre #Präventivkriegsthese ausbreiten. Sie sagte: „ In den letzten Jahren ist die Ukraine massiv hochgerüstet worden, und es sind ja auch US-Soldaten dort stationiert gewesen, insgesamt 4000
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NATO-Soldaten, es gab zwölf Militärbasen der #CIA; also - die USA waren sehr tätig in der Ukraine […] es war nicht die Wehrlosigkeit, sondern es war gerade die zunehmende Integration [der Ukraine] in die Strukturen der #NATO, die zu diesem Krieg geführt hat. das sagen ja auch
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alle Geheimdienstler, selbst der jetzige Chef des US-Geheimdienstes Burns.“

Schon allein die Lüge von der „Stationierung“ ist so dreist, dass man ihr hätte ins Wort fallen müssen. Sie stellt die Ukraine als Aufmarschbasis für einen zweiten Barbarossa-Feldzug gegen Moskau dar.
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Read 8 tweets
Jul 13
#Wagenknecht ist eine würdige Statthalterin Putins in Deutschland: Auch sie hat die #Eskalationsdominanz aufgrund ihrer Skrupellosigkeit, in Talkshows jegliche Regeln zu missachten, zu lügen, zu manipulieren, zu überschreien. Das ist alles bekannt - dass man sie dennoch weiter
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einlädt, verdeutlicht das strukturelle Problem dieses TV-Formats in D, das wirkmächtiger ist, als alle sozialen Medien: Schon vor 20 J hat Sabine Christiansen ihre Talkshow zu einer publizistischen Gladiatorenarena verkommen lassen, in der Manipulatoren wie Wagenknecht,
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Dampfplauderer wie Steingart und neoliberale Ideologen wie Merz alle vernünftigen Studiogäste zur Staffage gerieten, deren Anwesenheit bloß ein Alibi waren, um die wahren Showmaster umso heller in ihrer Aggressivität strahlen zu lassen.
Mit Blick auf den Krieg gegen die
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Read 6 tweets
Jul 12
Wer einen kurzen, plastischen Eindruck von der militärischen Bedrohung gewinnen möchte, die von #Russland für uns ausgeht, braucht nur einen Blick auf die Satellitenbilder des #Kaliningrad|er Gebiets zu werfen. Rechts: die Innenstadt von Kaliningrad. Und was sieht man links
1/ Image
oben im Foto? Eine riesige Militäranlage, ca. 2,5 km lang (der Durchmesser der Innenstadt beträgt etwas über 3 km). Ich bin kein Militärexperte, aber die Anlage hat sehr große Ähnlichkeit mit den sowjetischen Raketenabschuss-Einrichtungen, die man in den brandenburgischen
2/ Image
Wäldern rings um Berlin finden kann: Große Bunker (Grundfläche ca 60x60 m), keine Startbahn, dafür Betonflächen, von denen aus Raketen von mobilen Abschussrampen aus abgefeuert werden können.
3/ Image
Read 6 tweets
Jun 26
Eine der Hauptpersonen in meinem Buch über Kyjiw wird Konstantin Stepa (russ.: Steppa) sein – eine bemerkenswerte Person, die sechs politische Systeme durchlebte und für drei Geheimdienste gearbeitet hat – für die sowjetische GPU/NKVD, den deutschen SD und für die CIA.
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Geboren 1896 in der Nordukraine, studierte er zunächst in Poltawa, wechselte 1915 nach Petrograd, kämpfte 1916/17 im Ersten Weltkrieg und 1919/20 im Russischen Bürgerkrieg, und zwar auf Seiten der „Weißen“ u.a. in der Armee von General Denikin.
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1921 setzte er sein Studium fort, promovierte 1924 in Nizhyn über die „Dämonenlehre in der antiken und christlichen Literatur“ und begann anschließend dort als Dozent zu lehren - doch nicht nur das.
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