Dass Rolf #Mützenich weit davon entfernt ist, seine innere #Zeitenwende zu vollziehen, zeigen seine Aussagen im Interview mit der @tazgezwitscher. Sie zeugen von verzerrten Wahrnehmungen, die #Russland ausnutzt, um seinen #Angriffskrieg zu führen 1/
Problematisch und vielsagend schon der Einstieg. Er habe nicht gedacht, so Mützenich über diesen Krieg, „dass sich Menschen das hier noch gegenseitig antun“.
Diese abstrahierende Sprache verschleiert die Verbrechen der Russen und die eindeutige Antwort auf die Schuldfrage.
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Überaus effektiv, so führt Mützenich vor, ist Putins Mad-Man-Strategie: Je monströser die Drohungen, desto größer die Furcht im Westen, zum direkten Kriegsbeteiligten zu werden. 3/
Bezeichnend auch, dass er auf Fragen antwortet, die nicht gestellt wurden. Der atomare Schutzschirm gilt eben nicht für die Ukraine. AKK hat deshalb nicht über mehr Atomwaffen geredet, sondern über die Aufrüstung der UA vor dem 24.2. Dann hätte Putin neu kalkulieren müssen. 4/
Es darf natürlich nicht das Mantra „Aber die Amis!“ fehlen. Denn wen außer ein paar Neocons kann Mützenich meinen, wenn er über „siegesbesoffene“ Politiker spricht? So lässt sich gut von eigenen Illusionen ablenken, die deutlich langlebiger waren (bzw. sind).
Zentral für ein Segment der Sozialdemokratie ist das vulgär realpolitischen Argument, nicht zu „moralisch“ zu agieren. Das ist ein Strohmann: Es geht in erster Linie um Regeln der IB (Du sollst deinen Nachbarn nicht überfallen). 6/
Besonders lustig ist, wie Mützenich die Angstobsession vor einem Atombomben-Einsatz durch Russland zum Element einer „Scholz-Doktrin“ stilisiert. Ihm ist vermutlich nicht aufgefallen, dass Deutschland der wichtigste Resonanzboden für diese Drohungen Putins ist. 7/
Ja, und was soll man von der außenpolitischen Kompetenz eines Mannes halten, der störrisch an seinen Illusionen festhält und dazu Kalendersprüche von Egon Bahr zitiert, der 2014 zu den wichtigsten Apologeten des russischen Angriffes auf die Ukraine zählte? 8/
Typisch ist der komplette Blackout, wenn es darum geht, wie ein Waffenstillstand erreicht werden soll, bei dem auch die territoriale Integrität der Ukraine gesichert bleibt. Denn Mützenich weiß ja, dass Putin die Gebiete nicht freiwillig hergeben wird. 9/
„Ich hoffe“, „ich wünsche“, „gut wäre es“ - wohlgemerkt: wir lesen hier das Interview mit dem Fraktionsvorsitzenden der Kanzlerfraktion. Der sich von der Realität weder seine Illusionen noch seine außenpolitischen Modelle kaputtmachen lassen möchte. 10/
Und was meint er hinsichtlich der Ukraine damit, er hoffe, dass sich „die Kriegsparteien sich gleichzeitig über Maßnahmen verständigen, um diesen Krieg weniger grausam zu machen“? Soll sie weniger Invasoren töten, auf deren hohe Opferzahl er explizit hinweist?
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Wenn es ein „reflexhaftes“ Verhalten gibt, dann die Forderung nach diplomatischen Gesprächen, ohne dass konkretisiert wird, worüber denn verhandelt werden soll. Dummerweise gibt es aus diesem Krieg nur zwei Ausgänge: 12/
Entweder der vollständige Rückzugs Russlands oder das Signal, dass Eroberungskriege im 21. Jh. erfolgreich sein können. Dann können wir davon ausgehen, dass Russland sich zu neuen Kriegszügen ermuntert fühlen wird. Und vielleicht wird dereinst gefragt „Mourir pour Tallinn?“
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Mützenichs vorletzte Antwort läßt besonders tief blicken - offenbart sie doch eine Unkenntnis der Ukraine, die er durch wenige Reisen hätte korrigieren können. Stattdessen dominierte bei ihm bis zum Februar anscheinend das Bild von der zerrissenen Ukraine. 14/
Und die letzte Antwort wieder: Hoffnung… Für einen führenden Politiker, der sich offensichtlich lieber vom Schicksal führen läßt, erscheint mir das ein bisschen wenig. Welche konkreten Ideen er hat - der langjährige außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion - Fehlanzeige.
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P.S.: So empörend und (vorsichtig formuliert) wenig durchdacht ich die meisten Aussagen von Mützenich in diesem Interview ich übrigens auch finde, meine ich dennoch, dass man in der Sache hart argumentieren kann, ohne ausfallend zu werden.
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Es ist einigermaßen erschütternd anzusehen, wie der einstige Großdenker #Habermas seine Weltanschauung durch die Realität eben nicht erschüttern lässt - und auch gar nicht merkt, dass er die Argumente von #Trump teilt, der ihm der neue Gottseibeiuns ist.
Einige Anmerkungen: 1/
Besonders krass tritt die gedankliche Nähe zwischen Trump und Habermas gleich am Beginn des Essays zu Tage. "The war should have never happened", sagt der Machthaber im Weißen Haus ständig - und auch Habermas tut so, als sei es an Washington gewesen, den Krieg zu verhindern. 2/
Pikant ist dabei, dass Habermas den Europäern unterstellt, sie seien "ohne eigene Zielsetzung" in diesen Krieg gegangen. Diese Frage nach den angeblich fehlenden "Zielen", ist seit 2022 häufig aufgeworfen worden, und ich habe sie nie verstanden: Reicht Habermas denn das Ziel,
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"Man fragt sich auch selbst, ob man im Prozess der Politikberatung als Wissenschaftler immer die richtigen Hinweise gegeben hat", sagt Herfried #Münkler im Gespräch mit der @SZ zum Krieg gegen die #Ukraine, Drohnen, Trump etc. Selbstkritik vom Großdenker?! Gucken wir mal hin. 1/
So viel vorweg: Natürlich stellt Münkler keinen einzigen seiner "Hinweise" in Frage - und die unvorbereiteten Stichwortgeber @baumstieger und @AGorkow erst recht nicht. Er meint nur, dass er seine Ratschläge vielleicht nicht mit der "nötigen Verve" gegeben habe, zB zu Drohnen: 2/
@baumstieger @AGorkow Dann wollen wir sehen, was er (öffentlich) gesagt hat. Und siehe da: Die "Schlachtfelder" kamen z.B. in seinem Interview mit der FAZ 2015 überhaupt nicht vor. Vielmehr diskutiert er Drohnen nur mit Blick auf asymetrische Kriege - mit einem vielsagenden Vergleich: 3/
Bei @ulfposh sind die demokratischen Sicherungen endgültig durchgebrannt und so begeistert er sich über Trumps bonapartistische Machtdemonstration aka „Hyperexekutive“ und wünscht sich eine CDU-AfD-Regierung. Ein paar Anmerkungen. 1/
Den Hitlergruß von Musk kann nur „kontextfrei“ nennen, wer den antisemitischen Tsunami auf Twitter und das automatische Abspielen der Videos von Alex Jones ignoriert. Aber vielleicht ignorieren Ulf und Anna das gar nicht, schließlich finden sie das neue „X“ ja „aufregend“. 2/
Beim Heizungsgesetz ging noch die Welt unter, weil ein *Entwurf* nicht passte. Jetzt hingegen rückt Poschardt das parlamentarische Prozedere an sich rhetorisch in die Nähe jüdischer Verschwörungen (er lässt Trump sprechen, stimmt ihm aber inhaltlich zu). 3/
Klar - wenn ein Interview auf die Weise geführt wird, wie er es selbst sonst dem ÖRR z.B. im Fall von Habeck unterstellt (anbiedernd und mit Suggestivfragen als Stichwortgeberin), dann fühlt sich @ulfposh wohl. Im Gespräch über sein #Shitbürgertum vollzieht er einen geradezu 1/
performativen Widerspruch, indem er sich - einen hochbezahlten leitenden Angestellten eines Milliardärs, der mit dem reichsten Mann der Welt im Kontakt steht - als Underdog und "einfachen Wähler" geriert.
Immerhin pflegt der die gleiche Cui-bono-Logik wie verpeilte Querdenker. 2/
Ihn irritiert gar nicht, dass seine nette Gesprächspartnerin selbst wenig von Meinungsfreiheit hält, da sie Kritik als damit inkompatibel begreift. Poschardt selbst wiederum hält sich mit historischen Fakten gar nicht auf - wildes Psychologisieren reicht doch auch! 3/
Oliver Conradi und @SchullerKonrad haben ein aufschlussreiches Interview mit #Wagenknecht über #Putin, Ukraine, NATO geführt - aber angesichts des Lügen-Tsunamis stellt sich mir die Frage, wie sinnvoll Gespräche sind. Sie kommt mit zu vielen Aussagen durch; die bleiben hängen: 1/
Problematisch sind v.a. die klassischen Fake News, die Wagenknecht verbreitet und denen nicht widersprochen wird. Dann nehmen Leser an, es seien Fakten. Hier: in der UA stationiertes US-Militär und CIA-Basen. Die waren nicht nur keine Ursache des Krieges - es gab sie nicht! 2/
Nebenbei erklärt Wagenknecht dann auch den Krieg in Afghanistan und in Libyen zu völkerrechtswidrigen Kriegen - obwohl beide Interventionen mit Mandaten des UN-Sicherheitsrates durchgeführt wurden. In Libyen waren es zudem FR und GB, die vorgeprescht sind, nicht die USA. 3/
Am Leben von Maria Gruzdova, die in meinem Buch über #Kyiv in den 1930/40er Jahren eine wichtige Rolle spielen wird, lässt sich ablesen, wie Menschen im #Stalinismus gebrochen und Opfer zu Tätern gemacht wurden. Werfen wir einen Blick in die Personalakte dieser NKVD-Agentin: 1/
Darin hat sich ein Dokument erhalten, das am Beginn des Prozesses ihrer Anwerbung steht. Es handelt sich um den Bericht eines Geheimdienstmitarbeiters vom Sept. 1937, der sein erstes Treffen mit ihr an diesem Tag schildert. Gruzdova war für den NKVD interessant, weil sie über
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ihren Lebensgefährten, den 1910 geborenen Literaturredakteur Nikanor Jaruta mit vielen ukrainischen Schrifsteller:innen bekannt war. Jaruta war Ende 1936 verhaftet worden. Der NKVD-Mitarbeiter beschreibt, wie zurückgezogen Gruzdova lebte und wie misstrauisch sie war: Auf
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