Thread by @julians83793171

Ich hatte Anfang Dezember #Covid. Kein besonders schwerer Verlauf, eine unangenehme Woche, dann vorbei. Oder nicht?
Heute hatte ich mein erstes Fußballspiel als Schiedsrichter seit über einem Monat. Ein 🧵 zu dem, was ich für Long-/Post-Covid halte. 1/

Eine Woche nach Symptomfreiheit und negativem Test lag ich Mitte Dezember wieder im Bett – mittelschwere Erkältung. Ungewöhnlich, weil ich so gut wie nie krank werde, und nun zweimal hintereinander. Aber auch das kann Pech sein. Zufall. 2/

Ich gehe oft und gerne ins Fitnessstudio – mein erster Besuch rund um Weihnachten bestand aus 3 Minuten Laufband und 30 Minuten sehr leichtem Krafttraining. Abends lag ich im Bett, mir tat alles weh. /3

Seitdem wurde es gefühlt nach und nach besser, eine wirklich intensive Einheit habe ich mir aber noch nicht zugetraut. Ich war nie muskulös, will ich auch nicht sein. Aber ich versuche, sportlich zu sein und so auszusehen. Seit Anfang Dezember habe ich vier Kilo abgenommen. /4

Und damit zu heute: Freundschaftsspiel im Berliner Süden, zwei Kreisliga C-Teams, das ist in Bayern die A-Klasse. Anders gesagt: Kein schnelles Spiel, nichts intensives, eigentlich.
Nach 60 Minuten konnte ich keinen Sprint mehr anziehen.
Ich war leer. /5

Ich bin in diesem Spiel für meine Verhältnisse sehr, sehr wenig gelaufen, wollte in mich reinhören, sehen, was geht. Dass ich nach 60 Minuten einem so langsamen, unaufregenden Spiel nicht mehr hinterherkomme, ist nicht normal. /6

Zum Kontext: Ich habe nie wirklich Kondition trainiert, hatte sie aber trotzdem. Ich war oft der, der bei der Rückkehr aus Winter-/Sommerpausen am längsten schnell laufen konnte. Ohne Lauftraining während der Off-Season. /7

Als Jugendlicher ist mir der linke Lungenflügel mindestens viermal, der rechte mindestens einmal auseinandergeflogen. Spontanpneumothorax, wahrscheinlich eine Gewebsschwäche an der Lunge – ein Problem am Organ, nicht dem Kreislauf an sich. /8
de.wikipedia.org/wiki/Pneumotho…

Wenn ich von meinen Lungenproblemen zurückkam, war die Kondition nie ein Problem – und da waren die Ausfälle länger, meine Ernährung schlechter und meine sportliche Disziplin lachhaft. /9

Ich habe mich noch nie körperlich so schwach gefühlt wie in den letzten vier Wochen. Um das klar zu sagen: Es ging mir besser, einen Monat nachdem mir jeweils ein Lungenflügel aufgerissen ist, als heute, einen Monat nach Covid. /10

Es ist ein schlimmes Gefühl, sich nicht auf seinen Körper verlassen zu können. Ihm nichts mehr zumuten zu können. Das gilt aber auch für die Psyche: Ich habe seit meiner Covid-Infektion ganze Tage, an denen ich mich kaum konzentrieren kann. /11

Das war auch heute ein Problem: Ich konnte irgendwann nicht mehr laufen, hatte aber auch nicht den Fokus, mein Stellungsspiel auf die Reihe zu bekommen, um das auszugleichen. Ich war eigentlich körperlich und mental nicht fähig, das Spiel zu leiten. /12

Mein Glück war, dass es ein einfach zu führendes Spiel war. Dass alle Beteiligten verständnisvoll waren. Trotzdem ist da eine Angst: Was, wenn ich nicht belastungsfähig bin, wenn ich es sein muss? Und wann hört das auf? /13

Wie lange muss ich darauf achten, was ich mir zumute? Wie lange muss ich mir selbst die Handbremse anziehen? Wann muss ich keine Angst mehr haben, zu sprinten – etwas, das immer ging, egal, wie sehr ich außer Form war? /14

Ich vermute, dass das, was ich erlebe, #LongCovid oder #PostCovid ist. Und es macht mir Angst.
Ich will können, was ich vor 6 Wochen noch problemlos konnte.
Momentan kann ich es nicht. 15/15