Einige Reaktionen von Journalisten hier offenbaren eher deren Unkenntnis über die Gemengelage in Lateinamerika, als dass sie für einen vermeintlichen Misserfolg der Reise von #Scholz stehen. Deshalb ein Thread mit einer Einordnung. Vorab: #Scholz hat sehr viel richtig gemacht.1/X
#Argentinien – die schwierigste Station. Das Land ist politisch gespalten. Dieses Jahr stehen Wahlen an. Bei aberwitzigen Inflationsraten und galoppierenden Schulden ist der Kampf gegen die Klimakrise nicht Prio 1 auf der Agenda. Auch beim Thema #Ukraine schwankt die Position.2/x
ARG hat enorme Ressourcen aber schwache Strukturen. Dafür eine sehr offene, aktive und gebildete Zivilgesellschaft. Dass Scholz dort mit jungen Menschen im Dialog war und den Opfern der Diktatur gedacht hat waren genau die Signale die in die Zivilgesellschaft hineinreichen 3/x
Unvorstellbar, dass Besuch aus China sowas macht. Er betont damit: wir sind Wertepartner. ARG braucht Investitionen, auch um Gasfelder zu erschließen. Es ist wichtig im Dialog zu bleiben, Angebote zu machen und auch Investments in fossile Infrastruktur wie Gas zu zulassen 4/x
#Chile – auch hier, viel richtig gemacht. Direkt vom Flughafen zu einer im rechten Lager Chiles umstrittenen Gedenkstätte für die Opfer der chilenischen Militärdiktatur. Am 50. Jahrestag des Putschs gegen Allende ein wichtiges und ernst gemeintes Signal. 5/x
Wenn man bedenkt, dass der größte Anteilseigner des größten Lithiumkonzerns in Chile, SQM, der Schwiegersohn von Pinochet ist, sowie im Grunde die nahezu gesamte Wirtschaftselite Chiles eher im rechten Lager verortet ist, unterstreicht es wie bedeutsam dieses Signal ist. 6/x
Demensprechend empfänglich zeigt sich die chilenische Regierung für Kooperationen beim Bergbau und der grünen Wasserstoffproduktion. Scholz hat Pres. @GabrielBoric den Co-Vorsitz für den Klimaclub angeboten und sich für klare Position Chiles bei der UN für die Ukraine bedankt 7/x
Chiles eindeutige Position für die Ukraine mit Verweis auf Wahrung der Menschenrechte steht in der Tradition Allendes. Dieser hatte als Sozialist den Einmarsch der Sowjetunion in die Tschechoslowakei klar verurteilt. Borics progressive Regierung stellt sich in diese Tradition 8/x
Last but not least #Brasilien – auch hier wurden wichtige Weichen gestellt. @SvenjaSchulze68 war bereits vor dem Bundeskanzler nach Brasilien gereist und hat dort Hilfen für den Regenwald in Höhe von 200 Mio € verhandelt. Sehr wichtiger Fortschritt für den Klimaschutz. 9/X
@SvenjaSchulze68 Dass #Lula zugesagt hat, #Mercosur noch in der ersten Hälfte 2023 abzuschließen, ist ein riesen Fortschritt, der so schnell nicht absehbar war. Das eröffnet einen riesen neuen Markt für EU und setzt einen starken Kontrapunkt gegen zunehmenden Protektionismus aus den USA 10/x
@SvenjaSchulze68 Dass #Lula sich beim #Ukraine Krieg nicht klar an die Seite der Ukraine stellt kann niemanden überraschen. In vielen Ländern Lateinamerikas wird der Krieg als ein Stellvertreter Krieg der zwei Großmächte USA und Russland gesehen, so wie man es aus dem kalten Krieg noch kennt.11/X
@SvenjaSchulze68 Das entspringt auch den sehr negativen Erfahrungen Lateinamerikas mit US-Einmischungspolitik. Die enge Freundschaft, die bspw. beim Besuch von Selenskyj in den USA mit viel Pathos zelebriert wurde, verstärkt den Eindruck einer Stellvertreter Auseinandersetzung zusätzlich. 12/X
Die Gefahr, dass das Beispiel Grenzen gewaltsam zu verschieben „Schule macht" ist auf einem Kontinent, das seit fast 150 Jahre keinen Krieg zwischen Ländern kennt, nicht groß. Der Umgang der USA mit dem eigenen "Hinterhof" ist der Generation Lula hingegen noch sehr präsent 13/x
Dass #Lula #China in die Pflicht nimmt, sich für eine Lösung des Konflikts einzusetzen ist meiner Erachtens positiv zu werten und zeigt, dass man auch in BR den Haupthebel für die Beendigung des Krieges darin sieht den Druck auf Moskau zu erhöhen. Das Ziel ist Frieden. 14/x
Diesen Dialog müssen wir Europäer weiter führen und aufzeigen, was es für uns als quasi Nachbarland bedeutet, wenn internationales Recht gewaltsam gebrochen wird. Überhebliche Zeigefinger oder Beschimpfungen sind fehl am Platz und mindestens unklug 15/x
Kurzum – der Besuch von #Scholz in Lateinamerika war aus meiner Sicht ein Erfolg. Er hat neue und richtige Töne angeschlagen, die Wertepartnerschaft der beiden Regionen stark betont und auch sehr konkrete Kooperationen erreicht. Mehr kann man in ein paar Tagen kaum erreichen 16/x
Das ist gelebter Multilateralismus. Der einzige Fehler, den der @Bundeskanzler gemacht hat war wohl, mich nicht mitzunehmen 😜
Die wichtige Arbeit für enge Beziehungen zwischen Deutschland und Lateinamerika werde wir dennoch gemeinsam fortsetzen. ENDE

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