Eva-Maria-Buch-Haus mit Bezirkszentralbibliothek von Tempelhof-Schöneberg. Erinnerung an Eva-Maria #Buch (* 1921, † 1943), Dolmetscherin und Buchhändlerin, unter dem Naziterror im Widerstand. Der Prozess, der zu ihrem Todesurteil führte, begann am 1. Februar 1943. #otd

#Berlin
Eva-Maria #Buch wuchs als Kind eines römisch-katholischen Elternhauses auf und besuchte als Schülerin die von Ordensschwestern geleitete, kirchliche Unterrichtsanstalt der Ursulinen im Stadtteil Kreuzberg. Die Schule wurde unter dem NS-Regime im Jahr 1939 zwangsweise geschlossen.
Eva-Maria #Buch konnte ihre Schullaufbahn mit der Mittleren Reife beenden. Sie bildete sich im Eigenstudium und studierte schließlich Sprach- und Dolmetscherwesen an der Auslandshochschule der Berliner Universität bzw. an deren neugebildeter "Auslandswissenschaftlicher Fakultät".
Sie arbeitete im II. Weltkrieg in einem Antiquariat und schloss hier Freundschaft zu Wilhelm #Guddorf (* 1902, † 1943), der einst Journalist gewesen war und sich nun nach jahrelanger Gefangenschaft im KZ Sachsenhausen dem Widerstand der "Roten Kapelle" angeschlossen hatte.
Frau #Buch, zuvor eher unpolitisch, entschloss sich, der "Roten Kapelle" mit ihren Fremdsprachenkenntnissen zu helfen. Sie übersetzte u. a. einen geheimen Brief an französische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in deutschen Rüstungsbetrieben mit einem Aufruf zur Sabotage.
Die Jagd des NS-Regimes auf das als "Rote Kapelle" bezeichnete widerständige Netzwerk führte ab dem späten Sommer 1942 zu vielen Verhaftungen - und Eva-Maria #Buch wurde am 11. Oktober 1942 von der Gestapo gefangengenommen, ebenso wie wenige Tage danach auch Wilhelm #Guddorf.
Der Prozess der NS-Unrechtsjustiz gegen Eva-Maria #Buch wurde vom 1. bis zum 3. Februar 1943 vor dem "Reichskriegsgericht" (RKG) in Berlin in der Witzlebenstraße 4 / 5 im Stadtteil Charlottenburg geführt.

Blick u. a. auf die entsprechende Gedenktafel am historischen Standort.
Das Flugblatt, das sie für die "Rote Kapelle" in die französische Sprache übersetzt hatte, war das einzige Beweisstück, das gegen die Angeklagte angeführt wurde. Eva-Maria #Buch behauptete, die Verfasserin zu sein, um die Autoren des Aufrufs vor einer Verhaftung zu schützen.
Das Todesurteil gegen sie wurde ein halbes Jahr nach dem Prozess im Strafgefängnis Plötzensee in Berlin vollstreckt. Der Mord an Eva-Maria #Buch wurde am 5. August 1943 mit dem Fallbeil ausgeführt.

Blick in den einstigen Hinrichtungssaal in der heutigen Gedenkstätte Plötzensee.
"Nun heißt es tapfer sein", schrieb sie noch am 5. August 1943 im Abschiedsbrief an ihre Eltern - kurz bevor sie ermordet wurde. Sie notierte zudem: "Aber es ist doch alles gut so, wie es kam. Es war so ein unseliger Zwiespalt in mir. [...] Nun ist alles Ruhe und Freude."
Sie schloss mit folgenden Worten: "So lieb hab ich Euch, so lieb, und möchte Euch küssen u. streicheln u. trösten. Grüßt mir alle lieben Menschen! Auf ein frohes Wiedersehen im anderen Leben. Wartet ab in Geduld, bis auch Ihr gerufen werdet.

Bis zum letzten Atemzuge
Eure Putte."
Literatur u. a.:

➡️ stolpersteine-berlin.de/de/hochfeilerw… (Dr. Ruth Federspiel auf Grundlage von verschiedenen Publikationen von Hannelore Emmerich)

➡️ erzbistumberlin.de/glaube/glauben… (Dr. Jürgen Meyer-Wilmes)

➡️ kurzelinks.de/GedstDtW-Buch-… (Gedenkstätte Dt. Widerstand)

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Feb 2
2. 2. 1987: Die "Südwest Presse" druckt die Todesanzeige für den kurz zuvor verstorbenen Dr. Gerhard #Klopfer ab, der "ein Leben zum Wohle aller, die in seinem Einflußbereich waren" geführt habe.

Ein Skandal: Klopfer war der letzte noch lebende Teilnehmer der "Wannseekonferenz". Das Foto zeigt den Blick au...
Die "Wannseekonferenz" des NS-Regimes hatte am 20. Januar 1942 in Berlin stattgefunden. Die Gesprächsteilnehmer hatten unter dem Vorsitz von Reinhard #Heydrich einen Grundsatzplan zur koordinierten Deportation und Ermordung der jüdischen Bevölkerung aus ganz Europa beschlossen.
Gerhard #Klopfer (1905 - 1987) hatte an der so genannten "Wannseekonferenz" als Leiter der "Staatsrechtlichen Abteilung III" der Parteikanzlei der NSDAP teilgenommen und war nach 1945 für seine Taten in der NS-Zeit bis zuletzt nie in einem Gerichtsverfahren belangt worden.
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Nov 30, 2022
Gedenk- und Bildungsstätte "Haus der Wannseekonferenz". Erinnerung an Andrée #Geulen (* 1921, † 2022), belgische Lehrerin, unter dem NS-Regime im Widerstand mit lebensrettender Hilfe für sehr viele jüdische Kinder, verstorben vor exakt einem halben Jahr am 31. Mai 2022. #Berlin
Andrée #Geulen widersetzt sich dem Naziterror bereits als junge Frau in ihrem Alltag als Lehrerin in Bruxelles und arbeitet dann Hand in Hand mit belgischen Widerstandsgruppen - als 'Claude Fournier', also unter einem Tarnnamen. Die Hilfe, die sie leistet, gilt vor allem Kindern.
Ida #Sterno (geb. 1902, gest. 1964), eine jüdische Widerstandskämpferin aus dem "Comité de Défence des Juifs", wird ihr wichtigster Kontakt. Die Frauen organisieren die versteckte Unterbringung von jüdischen Kindern und Jugendlichen in vielen christlichen Familien und Klöstern.
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Nov 29, 2022
Tiergartenstraße 4, Gedenkort T4. Die Lebenswege einer Täterin und eines Täters: Friederike #Pusch (* 1905, † 1980) und Friedrich #Tillmann (* 1903, † 1964) waren unter dem NS-Regime jeweils in leitender Position an den so genannten "Euthanasie"-Verbrechen beteiligt.

#Berlin ImageImageImage
Friederike #Pusch, ausgebildete medizinisch-technische Assistentin, trat im Jahr 1933 der NSDAP bei, nachdem sie ihr Medizinstudium begonnen hatte. Sie arbeitete seit den 30 Jahren mit Hans #Heinze (* 1895, † 1983) zusammen, einem frühen der Aktivisten der NS-"Euthanasie".
Sie leitete ab dem Jahr 1942 die "Kinderfachabteilung" in Brandenburg-Görden - und damit die älteste Abteilung, in der unter dem Naziterror gezielt Kinder ab dem Säuglingsalter ermordet wurden. Frau Pusch stieg im NS-Staat (gezielt protegiert) bis zur Obermedizinalrätin auf.
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Nov 20, 2022
"Dann bleibste hier."

Schönhauser Allee 90, 20. November 1942: Abend in #Berlin - und es klingelt bei Frieda #Adam, die hier lebt. Erna #Putermann steht vor dem Haus, eine jüdische Freundin, verzweifelt und auf der Flucht vor dem Naziterror - und Frieda Adam öffnet die Tür. #otd
Erna #Putermann ist nahezu am Ende und weint, da ihre Mutter am vorherigen Tag von der Gestapo verhaftet worden ist. Sie weiß zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass sie einander nie wiedersehen werden: Die Mutter von Erna #Putermann wird unter dem NS-Regime deportiert und ermordet.
Sie berichtet nun ihrer Freundin atemlos, dass ihre Mutter "mitgenommen" wurde - und Frieda #Adam entgegnet sogleich: "Dann bleibste hier." Sie hat drei kleine Kinder und in ihrer kleinen Wohnung kaum noch Platz, aber sie nimmt Erna Putermann bei sich auf - sofort und dauerhaft.
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Nov 19, 2022
Helmstedter Straße 24. Erinnerung an Anna #Seghers (geb. 1900 (#otd) als Annette ("Netty") #Reiling, gest. 1983), Schriftstellerin, unter dem NS-Regime im Jahr 1933 von der Gestapo verhaftet und kurz darauf nach Paris geflohen, nachdem ihre Bücher verbrannt worden waren.

#Berlin
Zielstrebigkeit schon in jungen Jahren: Anna #Seghers legt im Jahr 1920 das Abitur ab, studiert danach Geschichtswissenschaften und Kunstgeschichte, Sinologie und Philologie und wird im Jahr 1924 promoviert - mit einer Dissertation über "Jude und Judentum im Werk Rembrandts".
Sie heiratet László #Radványi, einen kommunistischen Soziologen aus Ungarn - und die junge Kunsthistorikerin beginnt, literarisch zu schreiben. "Grubetsch", eine frühe Erzählung, wird 1926 publiziert und erscheint im folgenden Jahr erneut, diesmal in der "Frankfurter Zeitung".
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Sep 24, 2022
"Black", so lautete ihr Tarnname.

Kurfürstendamm 177 in Charlottenburg. Ich will euch von Else #Blochwitz (* 1899, † 1992) berichten, die hier unter dem Naziterror sehr vielen Jüdinnen und Juden sowie weiteren Verfolgten half - und die heute weithin unbekannt ist.

#Berlin
Else #Blochwitz, geboren und aufgewachsen in Dresden, zieht in den 20er Jahren nach Berlin und ist schon als junge Frau eine strikte Gegnerin des immer weiter erstarkenden Nationalsozialismus. Sie besucht viele Veranstaltungen der NSDAP, auf denen sie sich immer zu Wort meldet.
Sie spricht sich dabei in aller Ruhe (und wieder und wieder) gegen das nationalsozialistische Weltbild aus und argumentiert vor dem versammelten Publikum der Partei gegen die dort propagierte Hetze an. Die Nazis reagieren mit blankem Hass - und sind zugleich tief beeindruckt.
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