Ich habe lange überlegt, ob ich diesen #Thread schreiben sollte. Letztlich aber habe ich mich doch dazu durchgerungen, da der im Artikel erwähnte Vojin Saša Vukadinović zur Geschichte der Revolutionären Zellen "forscht" und publiziert. Wo ist das Problem? 1🧵#twitterstorians 1/20
Ich muss mich bei Simon Strick (@StrickSimon) und Johanna Schaffer @Tagesspiegel bedanken, dass sie viele Gedanken, die ich seit Monaten mit mir herumtrage, präzise auf den Punkt gebracht haben. Sie drücken mit dem Zitat etwas aus, das ich bisher nicht so formulieren konnte. 2/20
Ich habe Vojin Saša Vukadinović vor ca. 5 Jahren auf meiner Tagung kennengelernt: hsozkult.de/event/id/event…. Ich hatte ihn vorher als Autor einer Fallstudie zu den #RZ, der Roten Zora und zur "verlängerten Feminismus-Obsession bundesdeutscher Terrorismusfahnder" wahrgenommen. 3/20
Wir verstanden uns auch menschlich so gut, dass wir uns privat in Berlin trafen und über die Geschichte der #RZ diskutierten, wenn auch mit völlig unterschiedlichen Ansätzen. Zu einer engeren Zusammenarbeit, wie ursprünglich geplant, kam es nie. 4/20
Mit immer größeren Befremden nahm ich seine Stellungnahmen zu verschiedenen tagesaktuellen und wissenschaftspolitischen Themen wahr. Besonders seine Auseinandersetzung mit Paula-Irene Villa Braslavsky (@DieVilla4) (missy-magazine.de/blog/2017/07/1…) haben mich irritiert. 5/20
Dennoch habe ich die ganze Zeit gehofft, dass in seinem seit Jahren von ihm angekündigten und mittlerweile mehrfach verschobenen Buch, das er selbst mit den Worten "erste Gesamtdarstellung zu den #RZ, zur Roten Zora und zur OIR" bewirbt, wissenschaftlich argumentiert wird. 6/20
Dann erschien von ihm ein Beitrag in dem u.a. von Dan Diner und Jan Gerber herausgegebenen "Hallischen Jahrbücher Bd. 1" mit dem Titel "Antiimperialismus als Vorspiel des Postkolonialismus. Zum 30. Jahrestag der RZ-Erklärung »Gerd Albartus ist tot«". 7/20
Ich war wirklich geschockt vom Inhalt und habe Vojin Saša Vukadinović eine lange E-Mail mit meinen sachlichen und fachlichen Kritikpunkten geschrieben, auf die ich nie eine Antwort erhalten habe. Und es ist, wie es Simon Strick (@StrickSimon) und Johanna Schaffer schreiben. 8/20
Der Beitrag ist eine "üble Melange aus politischer Agitation, akademischer Form und übergriffigem Inhalt - veredelt als wissenschaftliche Publikation", die von den renommierten Herausgebern nicht erkannt wurde. Exakt so, wie es die Autoren im Beitrag beschreiben. 9/20
Besonders auffallend ist, dass es Vukadinović im Beitrag im Kern weder um die Geschichte(n) der #RZ noch um die Debatten rund um den #RZ-Text "Gerd Albartus ist tot" von Ende 1991 geht. Die #RZ fungiert nur als reine Projektionsfläche. 10/20
Vukadinović geht es im Beitrag nicht um eine kritische Aufarbeitung der #RZ-Geschichte, sondern einzig und allein um Kritik am Postkolonialismus. Er versteift sich in der These, dass die #RZ die "Speerspitze einer kommenden Revolution" waren. 11/20
Gemeint ist, wie der Untertitel schon sagt, dass die #RZ und deren Antiimperialismus das Vorspiel des Postkolonialismus darstellten. Die Argumentation baut dabei auf einer konstruierten und bewusst verkürzten und falschen Darstellung auf, die er bewusst in Kauf nimmt. 12/20
Vukadinović wiederholt im Beitrag trotz besseren Wissens offensichtliche inhaltliche Fehler aus alten Texten, weil ansonsten die sowieso brüchige und vielleicht gut klingende, aber inhaltlich substanzlose Argumentation überhaupt nicht funktionieren würde. 13/20
Um die #RZ als Projektionsfläche seines politischen Aktivismus aufbauen zu können, wiedersetzt er sich den Gepflogenheiten wissenschaftlichen Arbeitens, konstruiert kontrafaktische Inhalte, biegt sich Fakten zu Recht und datiert Ereignisse um, damit es irgendwie passt. 14/20
Letztlich, und das ist das wirklich erschreckende an diesem Beitrag von Vukadinović, macht er genau das, was er den Gender-Studies immer und immer wieder vorwirft: Ideologie statt wissenschaftlicher Arbeit, Aktivismus statt Wissenschaftlichkeit etc. 15/20
Es ist absurd, dass Vukadinović zu einem Hauptthema seiner Dissertation so wenig inhaltlich korrektes schreiben kann und gleichzeitig für das erscheinende Buch den Anspruch erhebt, die "erste Gesamtdarstellung zu den #RZ, zur Roten Zora und zur OIR" vorlegen zu wollen. 16/20
Wie passt das mit seinen Angriffen auf die Gender Studies etc. zusammen? Wie passen sein grob fehlerhafter und verkürzter Beitrag zur #RZ mit dem Vorwurf an die Gender Studies zusammen, die Rezipientinnen nicht schlauer zu machen? 17/20
Warum wirft er regelmäßig den Gender Studies vor, unwissenschaftlich zu arbeiten und veröffentlicht dann selbst solch einen unwissenschaftlichen Beitrag? Und warum fällt es den Herausgeberinnen nicht auf? Und was ist mit den Verlagen? Wer prüft die Inhalte? 18/20
Warum wiederholt Vukadinović wissentlich fehlerhafte Darstellungen, über die wir bereits privat mehrfach diskutiert haben und die ich ihm anhand von Quellen zeigen konnte? Sieht er den Widerspruch zwischen seinen Worten und seinen Vorwürfen nicht? Ich bin ratlos! 19/20
Ich hoffe, dass sich Vukadinović in seinem Buch "Revolutionäre Zellen, Rote Zora, OIR. Die Geschichte der 'Anderen' des deutschen Linksterrorismus" (degruyter.com/document/isbn/…) @degruyter_pub an die Standards hält, die er an andere anlegt. Ich werde berichten, sobald es geht. 20/20
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Ich habe mir heute die erste Folge der neuen #Podcast-Reihe zum "Fall Lina E." angehört. Ich war zunächt skeptisch bzgl. des Wordings ("Bande", "Extremismus", "Linksterrorismus") für politische Gewalt in der Ankündigung. Was sind meine ersten Eindrücke? 1/11
Zunächst wird nachvollziehbar als Ausgangspunkt der Geschichte einer der Angriffe der "kriminellen Vereinigung", wie es laut Anklage gegenüber der vermeintlichen "Bande" nach § 129 heißt, gewählt. Ein Hinweis erfolgt, dass der Prozess gegen Lina E. eine Besonderheit sei. 2/11
Ein sehr wichtiger Punkt, da Prozesse gegen "linksextreme Gruppierungen" nach § 129 und 129a selten und seit den 1990er Jahren fast nicht stattfanden. Und hier folgt eine Stärke der ersten Folge. Anhand der Beschreibung des Prozess-Sicherheitsaufwandes wird eines deutlich: 3/11
Die Einsetzung und die Arbeit der israelisch-deutschen Historiker:innenkommission hat das Potenzial, eine Mauer des Schweigens und der Nichtaufarbeitung politischer Gewalt in der Bundesrepublik einzureißen. Was meine ich damit? #twitterstorians 1/10
Alle politischen Ebenen in der Bundesrepublik Deutschland haben über die letzten Jahrzehnte hinweg häufig keinen Willen dazu bewiesen oder waren nicht dazu in der Lage, Geschädigten und Hinterbliebenen von politischer Gewalt Antworten auf ihre drängenden Fragen zu geben. 2/10
Die Aufklärungsquote von politischen Gewalttaten in der Bundesrepublik, das wurde schon mehrfach festgestellt, ist niedrig. Das gilt insbesondere für die juristische Aufarbeitung und Aufklärung von politischen Morden, Attentaten und Anschlägen. 3/10