"Wichtig ist hier, dass es keine besondere Reaktion auf diese Verstöße gab. Das bedeutet, es wird ein Verbrechen begangen, das ohne Konsequenzen bleibt."

Memorial-Mitglied V. Malychin erklärt, warum Russland in jedem Krieg seit Jahren Zivilisten angreift.
Laut einem Bericht des "Zentrums für Menschenrechte 'Memorial'" begeht die russische Armee seit mehr als 30 Jahren ähnliche Kriegsverbrechen in verschiedenen Konflikten. Die Gruppe hatte letzte Woche einen komparatistischen Artikel dazu veröffentlicht.
Übersetzung des Ausschnitts:
Journalist:"Habe ich den Hauptgedanken Ihres Artikels richtig verstanden, dass die Dinge, die wir in der #Ukraine gesehen haben - in Butscha, Mariupol, Isjum oder Cherson - all das lässt sich nicht als Einzelfall eines Täters erklärten,../1
..all das sind systematische Verbrechen und sie wurden auf Befehl begangen?"
Malychin: "Ich kann nicht sagen, dass all diese Verbrechen auf Befehl begangen wurden. Es mag Exzesse des Täters gegeben haben oder man sah einfach weg." /2
"Wichtig ist hier, dass es keine besondere Reaktion auf diese Verstöße gab. Das heißt, es wird ein Verbrechen begangen, das ohne Konsequenzen bleibt. Das bedeutet, dass die Verbrechen weitergehen können, und das tun sie natürlich auch." /3
"Es geht eher darum, dass das System nicht reagiert, dass das System die Verbrechen nicht bekämpft und sie wahrscheinlich sogar in gewissem Maße fördert. Gerade die Straffreiheit führt zweifelsohne dazu, dass diese Verbrechen fortbestehen und sich sogar potenzieren."/4
Weiteres (nicht im Clip):
Malychin sagt, dass es in #Syrien UN-Listen gab, die Koordinaten von zivilen & humanitären Objekten enthielt. Die Listen wurden speziell an die Konfliktparteien übermittelt, um Angriffe zu vermeiden. Aber danach griffen russ. Truppen diese Objekte an."/5
Malychin: "Ich weiß nicht, wie ich das anders erklären soll, außer als einen gezielten Angriff, um eine humanitäre Katastrophe in der Region zu verursachen."/6
Er wird gefragt, ob man in Militärhandbüchern etc. solche Strategien findet?
M: "In den Handbüchern gibt es keine Anweisungen, dass es notwendig ist, Kriegsverbrechen zu begehen, Zivilisten zu töten, es ist nur so, dass es hier auch keine Einschränkung gibt, das nicht zu tun."/7
M: Die Handbücher "berücksichtigen keine Zivilisten, sie berücksichtigen in keiner Weise den humanitären Aspekt. Er liegt einfach außerhalb der Aufmerksamkeit des Militärs. Wenn es also notwendig ist, zivile Ziele anzugreifen, um Ziele zu erreichen, dann wird das getan."/8
F: "Sie schreiben, das russ. Militär in Syrien habe Schulen & Moscheen angriffen. Haben Sie analysiert, wie man die Angriffe auf zivile Ziele erklärte?
M: "Soweit ich mich erinnere mit Ablehnung: Entweder „wir waren es nicht“ oder es gab eine Art militärischer Einrichtungen."/9
M: "Als z.B. ein Angriff auf ein Entbindungsheim in Mariupol durchgeführt wurde, sagte der Vertreter des russ. Verteidigungsministeriums Konaschenkow, dass sich dort ukr. Verbände versteckten, deshalb wurde dieser Luftangriff durchgeführt."/10
M:"Wir erinnern an ein berühmtes Beispiel aus dem Tschetschenienkrieg - die Gruppe von GRU-Spezialkräften, Eduard Ulman, die bei Entdeckung von Zivilisten, diese einfach umbrachte. Sie haben in ihrem Statut festgelegt, dass es keine Zeugen für die Aktionen des GRU geben darf."/11
M: "Denken wir an den Totschka-U-Raketenangriff auf einem Markt in Grosny. Da hieß es, da war ein Waffendepot oder Treffen von Feldkommandeuren. 140 Zivilisten starben. Ich kann nicht sagen, ob ein Treffen stattfand oder nicht. Aber 140 Zivilisten wurden getötet."/12

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Mar 3
Albrecht Koschorke ist ein hervorragender Literatur- und Kulturwissenschaftler, deswegen war ich von seinem Artikel im Spengler-Ton über die "dreifache Niederlage" enttäuscht.

🧵Fragen und Bemerkungen
zeit.de/2023/10/weltor… via @zeitonline
Zunächst halte ich einige Grundannahmen für nicht richtig, so z.B. die Annahme, dass der Krieg "eine globale Konstellation wiederhergestellt hat, die an die Verhältnisse des Kalten Krieges erinnert."/1

T. G. Ash, I. Krastev & M.Leonard schreiben hingegen:
ecfr.eu/publication/un… Image
Warum entdeckt man falsche europäische Politik in Asien & Afrika in einem Artikel just zum Zeitpunkt, an dem die Ukraine um ihr Überleben kämpft & Putin + Lawrow sich als antikoloniale Kämpfer gar in Eritrea verkaufen? Die Ukraine liefert sogar weiterhin Getreide in dieser Zeit!2
Read 10 tweets
Mar 3
"Alle wissen, verstehen und treffen eine Wahl."

Peter Pomerantsev, Autor des Buches "This Is Not Propaganda: Adventures in the War Against Reality" (2019) spricht darüber, warum Menschen in Russland und anderswo an Propaganda glauben.
🧵
svoboda.org/a/vse-vse-znay…
Beruht auf einem russischsprachigen Podcast (siehe verlinkter Artikel). #Pomerantsev begann sich für Propaganda zu interessieren als er in den Nullerjahren 9 Jahren in Russland lebte und die Entstehung des neuen Modells des Autoritarismus miterlebte./1
Das Interview ist sehr lang, es geht u.a. auf einen Essay von #Adorno ein, Le Bon, Goebbels, auf Parallelen und Unterschiede zum Nationalsozialismus, die aktuelle Situation in Russland sowie Zukunftsszenarien. Ich konnte nur einige Punkte übersetzen oder zusammenfassen./2
Read 20 tweets
Mar 2
"Die vom russ. Staat finanzierten Massenfolterkammern waren kein Zufall, sondern Teil eines sorgfältig durchdachten und finanzierten Plans, die nationale und kulturelle Identität der Ukraine auszulöschen", sagte der britische Anwalt Wayne Jordash. 1/4
theguardian.com/world/2023/mar…
"Mehr als 1.000 Überlebende haben Zeugnis abgelegt und mehr als 400 Menschen sind aus #Cherson verschwunden, sagen die Anwälte."/2
"Die in #Cherson gesammelten Beweise zeigen, dass die russ. Folterzentren nicht "zufällig" entstanden sind, sondern vom russ. Staat geplant und direkt finanziert wurden. Dies berichtet ein Team ukr. und internationaler Anwälte unter der Leitung eines britischen Anwalts."/3
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Mar 1
Empfehlenswerter Thesencheck: @GestwaKlaus von der Universität Tübingen zerlegt kenntnisreich und detailliert acht allzu populäre Thesen 'meinungsstarker, aber ahnungsloser' Stimmen. Hier der Anfang zur dritten These.
⬇️
K. Gestwa diskutiert folgende populäre Behauptungen:
1. Die NATO hat Russland bedroht. Putin musste sich verteidigen.
2. Die Ukraine gehört historisch gesehen zu Russland.
3. Niemand kann genau sagen, was Putin will./2
Weitere Behauptungen:
4. Die Ukraine ist kein demokratischer Staat, sondern wird vom Westen & Oligarchen gesteuert.
5. Die Krim & der Donbas gehören historisch gesehen zu Russland.
6. Wer Waffen liefert verlängert den Krieg.
7. Russ. Medien lügen auch nicht mehr als westliche./3
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Feb 28
Die Russische Welt säubert die Ausländer unter den Wörtern aus dem Russischen.

Putin schränkt per Gesetz den freien Gebrauch von "ausländischen Wörtern" (#Fremdwörter) in der russischen Staatssprache (gosjazyk) ein. Normative Fremdwörterbücher sollen erscheinen. Image
Ria Novosti: "Gemäß den Neuerungen ist es beim Russischen als Staatssprache nicht zulässig, Fremdwörter zu verwenden mit Ausnahme derjenigen, für die es keine allgemein gebräuchlichen Entsprechungen im Russischen gibt, die in normativen Wörterbüchern erfasst werden sollen."/1
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Feb 28
Die zerstörte Bibliothek einer (Hoch)Schule in #Mariupol gestern. Die Mehrheit der Bücher sind auf Russisch. Am Boden liegen Bücher des jiddischen Autors Michail (Mischa) Lev, geb. 1917 in Pohrebyschtsche, Ukraine. Widerstand gegen den dt. Angriff im 2. WK war sein Lebensthema.
Lev studierte Jiddisch, meldete sich nach dem deutschen Angriff auf die Sowjetunion freiwillig, wurde von Deutschen gefangen, konnte unerkannt als Jude fliehen und wurde Partisan in Belarus. Krieg und Partisanen waren sein Lebensthema. Er ging 1996 nach Israel & starb dort 2013.
Lev schrieb auf Jiddisch und Russisch. Am Boden liegt das Buch mit der Erzählung "Wenn nicht meine Freunde wären" (ven nit di fraynt mayne) in russischer Übersetzung in einer sowjetischen Ausgabe von 1986. Auch sein Dokumentarroman über Sobibor ist lesenswert.
Read 5 tweets

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