Der #WorstPractice-Thread. Sollte ich ein Beispiel für die schlechte Qualität der deutschen Atomdebatten-Begleitwissenschaft geben, dann diesen Artikel von Brunnengräber et al. in @blaetter. 8 Fehler & Verstöße gegen Wissenschaftsprinzipien. blaetter.de/ausgabe/2023/f…
1/28
1) Guilt by association / ad hominem: Befürworter der Kernenergie werden ohne Beleg in einen Zusammenhang mit Rechtsextremen gestellt. „Pro-Atom-Troika aus Liberalen, Konservativen und Rechtsextremen“ unterstellt ein Bündnis und unterschlägt zudem die linken Stimmen
2/28
für Kernenergie.👇🏼
In einer Sachdebatte ist aber eine *Aussage* zu bewerten, nicht die Person, die sie macht, oder andere Personen, die zufällig dasselbe sagen. Grobes Foul schon im 1. Absatz des Artikels.
3/28
2) „Atomkraft ist nicht klimaneutral“: Strohmann. Behauptet nämlich niemand. Gesagt wird: sie ist extrem CO2-arm. Genaugenommen: so CO2-arm wie Windkraft. Das könnten die Autoren ganz einfach ermitteln, würden sie nicht die Studienlage ignorieren. Q: unece.org/sites/default/…
4/28
3) Cherrypicking: Die Autoren behaupten, die Kernenergie habe eine verheerende Umwelt- & Sozialbilanz & verweisen auf nukleare Extraktionsindustrien & Transportwege. Doch ihre Alternativen, die EE, haben einen um Größenordnungen größeren material footprint. Q: UNECE
5/28
Hier eine Übersicht, die sich Brunnengräber et al ansehen sollten. Dazu empfehle ich den Befund des 🇪🇺EC JRC, dass Kernenergie nicht umweltschädlicher ist als VRE. Allerdings ist sie zuverlässiger. publications.jrc.ec.europa.eu/repository/han….
6/28
Σ: alles, was die Autoren bei der Kernenergie problematisieren, angereichert mit antikolonialistischer Rhetorik, marschiert mit ihrer Alternative Green Capitalism zur Hintertür wieder rein, und zwar wegen der Extensivität der EE um Größenordnungen verschärft.
7/28
Brunnengräber et al können sich auch gern das Lohngefälle zwischen einer afrikanischen Kupfermine und einem 🇩🇪Windindustrie-Ingenieursbüro anschauen. Abhilfe schafft hier nur die Abschaffung der der Ausbeutung zugrundeliegenden Besitzverhältnisse.
8/28
Die Autoren verlegen sich stattdessen auf die Ächtung von „böser“ (Kernenergie) & Förderung von „guter“ (EE) Technologie. Sie bleiben hier einer bürgerlich-romantischen Technik- & Modernekritik verhaftet.
9/28
Der Abschnitt zur Reaktorsicherheit ist der schwächste. 4) Die Behauptung, die Kerntechnik sei eine Hochrisikotechnologie, bleibt ohne Beleg - weil sie falsch ist. In Wirklichkeit besagen sowohl Empirie als auch Probabilistik d Gegenteil. ourworldindata.org/safest-sources…
10/28
Die Autoren weichen daher auf das ebenso nicht belegte „Ungewisse & Unvorhersehbare“ aus, übersehen aber aufgrund ihres antinuklearen Bias, dass sie sich dieselbe Frage für das total ungewisse & bis heute von keiner Risikostudie bewertete komplexe 100%EE-System
11/28
& seine Kollaps-Sicherheit stellen müssten. Denn erst wenn sie den Beweis führten, dass die Frequenz eines großen, opferreichen Netzzusammenbruchs des EE-Systems unter der Kernschadensfrequenz eines 🇩🇪Kernkraftwerks liegt, wäre ihr Argument valide. babs.admin.ch/content/babs-i…
12/28
5) Die Behauptung, die Anlagen seien nicht privat versicherbar, ist unwahr. Denn der deutsche Atompool mit 2,5 Mrd € ist eine Rückversicherungs-Gemeinschaft aus Unternehmen, darüber hinaus haftet Betreiberin mit ihrem gesamten Vermögen, bei EON über 90 Mrd €.
13/28
Dass der Staat danach in Haftung ginge, gilt genauso für das EE-System, dessen Anlagen auch nicht für den Strom-Super-GAU versichert sind. Hier sehen wir also einen deutlichen Doppelstandard der Autoren.
14/28
6) „Meldepflichtige Ereignisse“ (ME) in der werden als Beleg für angeblich unsichere deutsche KKW angeführt. Der Unterschied von ME, Störung & Störfall wird verwischt bzw nicht verstanden. Nein, ME sind *keine* „sicherheits-
technisch relevanten Ereignisse,
15/28
die potenziell auch Strahlenaustritte umfas-
sen“, sondern ein Oberbegriff für alle Ereignisse, die Sicherheitssysteme betreffen. Die überwiegende Mehrheit der „407 ME“ in Isar2, Neckar2 & Emsland in 40 Jahren waren eben *nicht* sicherheitsrelevant (INES 0).
16/28
Ein „Strahlenaustritt“
(nichtfachliches Schwammwort), wie ihn die Autoren wohl verstehen,
wäre bereits ein Störfall (INES 2). Hier👇🏼habe ich Klarheit in die Nomenklatur gebracht (Tweet 20-24). Diese Ungenauigkeiten haben leider System in der atomkritischen Kollegenschaft.
17/28
7) Genauso suggestiv ist die unkontextualisierte Behauptung von der seit 13 Jahren ausstehenden Periodischen Sicherheitsüberprüfung (PSÜ). Es wird hier ein Abstrich an der Anlagensicherheit insinuiert. Das ist falsch, da die PSÜ eine Unterlagen-, Sicherheitsanalysen- &
18/28
Betriebserfahrungs-Prüfung ist, aber keine technische Prüfung der Komponenten. Daher ist auch ihre Erlassung unter bestimmten Umständen im AtG geregelt, sämtliche periodischen technischen Prüfverfahren bleiben im Eingriff. Hier wird es erklärt: 👇🏼
19/28
8) Neuerdings wegen des Kriegs in der Ukraine sehr beliebt: die Saporischschja-Argumentation. Eigentlich das Leitmotiv der Anti-AKW-Bewegung: die deutschen Anlagen abschalten, weil ausländische Anlagen Probleme haben. Solche Übertragungen sind in jedem Fall unsauber,
20/28
da sie sich den harten Nachweis ersparen, dass Ähnliches auch bei uns passieren könnte. Das hat aber mehrere Implikationen: wir müssten dann auch Staudämme & Chemiewerke präventiv abschaffen; zudem ist ohnehin zu vermuten, dass bei einem russischen Raketenangriff
21/28
auf Deutschland (NATO-Bündnisfall) 6 verbunkerte AKW unser geringstes Problem sein dürften. Auch gibt die Lage in der Ukraine (50-80% der EE zerschossen, AKW heil & größtenteils am Netz; von den Zehntausenden Opfern kam kein einziges durch ein AKW um)
22/28
die Suggestion der Autoren nicht her. Man spürt, wie hier auf Biegen & Brechen eine Sondersituation auf die deutschen Anlagen gemünzt wird, aber dieses unwissenschaftliche, weil nicht evidenzbasierte Kennste-eine-kennste-alle-Verfahren ist uns seit Fukushima bekannt.
23/28
9) Bleibt das apodiktische „Endlager fehlt“. Nun, mit der anstehenden Inbetriebnahme des finnischen Endlagers wird das vom Tisch sein; posiva.fi/en/index.html zum deutschen Fall sei daran erinnert, dass Verhinderung d Endlagerung im Zentrum jeder Bewegungsstrategie
24/28
zur Erodierung d AKW-Akzeptanz liegt, sodass wir gespannt sein dürfen, ob der neue Anlauf nun gelingt. Wenn allerdings ausgerechnet jene Wissenschaftler, die die Endlagersuche politologisch begleiten, sich als Anti-Atom-Aktivisten betätigen - Brunnengräber et al nämlich - 25/28
kann man sich fragen, ob diese Kollegen jetzt eigentlich begleitend forschen oder begleitend verhindern. Ein Endlagerbergwerk ist eine kerntechnische Anlage, und wer so systematisch Angst gegen alles Kerntechnische schürt wie unsere Freunde hier, & Menschen diffamiert,
26/28
die für kerntechnische Lösungen eintreten, wird als Aktivist & damit eher als Teil des Problems und nicht als Teil der Lösung fungieren. Zitat: „Eine tragfähige Entsorgungslösung kann nur dann gefunden werden, wenn der Brückenschlag zwischen Gesellschaft & Wissenschaft
27/28
gelingt.” Dialog & Vertrauen spielten eine zentrale Rolle. Aber wie soll eine Wissenschaft voller Bias Vertrauen schaffen, wie soll sie den Dialog mit all jenen führen, die Kernenergie *nicht* als das Monströseste empfinden, das je erfunden wurde? transens.de/arbeitsgebiete…
28/28
Nachtrag: Die Kollegen fallen mir nicht zum ersten Mal auf. Im Sommer positionierten sie sich im @derspiegel gegen die AKW-Laufzeitverlängerung, mit teilweise denselben fehlerbehafteten Argumenten. Meine Analyse damals:
Der #KritisThread. 🧵@AG_KRITIS Manuel Atug @HonkHase im @DLF über die #NS2-Bomber:
• Professionell
• kann jeder gewesen sein. Indizienlage zu schwach, um darüber Aussagen zu machen.
• wie verhindern? „EE, kleine, dezentrale Generatoren“.
Let‘s agree to disagree. Why?
1/15
Wie gut kritische dezentrale EE-Infrastruktur geschützt ist, zeigt ebenfalls das Beispiel #Ukraine: dort liegen d EE-Boomregionen in den südöstlichen Steppenzonen, die auch vom Krieg am meisten betroffen sind. 50-90% der EE-Infrastruktur zerstört. evwind.es/2022/10/23/ukr….
2/15
Ironischerweise sind es die zentralistischen & von vielen als Risiko Nr. 1 betrachteten 3 westukrainischen AKW (+ viele NSD), die derzeit den Laden zusammenhalten. Die 3 laufenden sind zwar „zentralistisch“, aber eben auch einfacher zu schützen, *wenn* man vorbereitet ist.
3/15
Hey @correctiv_org, gerade wollte ich euch loben für die lobenswerte Korrektur eines der beliebtesten Atom-Fakes, nämlich, die Hälfte der französischen KKW hätten im Sommer 2022 wegen Kühlwassermangels stillgestanden. correctiv.org/faktencheck/20…➡️
Unter anderem nennt ihr auch meine („Aktivistin“) damalige Kritik an der Falschaussage, prüft sie & kommt zu dem Schluss, die Kritiker hätten recht. Damit ihr mir aber nicht zu viel recht geben müsst, verlinkt ihr über mich einen Artikel der ZEITonline einer anderen Aktivistin,➡️
Annika Joeres, der eine besondere Auszeichnung erhielt, nämlich eine Einstweilige Verfügung des LG Hamburg wegen falscher Tatsachenbehauptung. Auch sonst wimmelt der Artikel von ad hominems & aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten und verfälschenden Darstellungen. ➡️
Weil es immer wieder kommt: der #SuperGAUThread. 🧵Die deutschen Kernkraftwerke werden verschrottet, aber eins hat die 🇩🇪Kerntechnik geschafft: sie hat sich einen Platz in der Alltagssprache erobert.
1/24
#SuperGAU und #GAU sind neben #Kernschmelze Synonyme für alle möglichen maximalen Unannehmlichkeiten von „Kaffee aufs Hemd kurz vor dem Konferenzauftritt“ bis „Totalzusammenbruch des Finanzsystems“.
2/24
Vor allem fällt aber eins auf: keine kerntechnische Fachperson verwendet den Begriff, dafür aber Grüne & AKW-Gegner umso mehr. Warum ist das so, und was sagen eigentlich die Fachleute, wenn sie von Unfällen und Störfällen sprechen?
3/24
@GunterErfurt Solange Sie schon bei der Datensammlung biased sind (Kernenergie wird durch teure Outlier der Gegenwart repräsentiert, Systemkosten der EE beschönigt o auf Zukunftsentwicklung vertröstet), ist Ihr Thread nichts weiter als das Plädoyer eines Industriellen für sein Produkt. ➡️
@GunterErfurt Ich gliedere es mal in einem Thread 🧵auf:
• Ihre Angaben zu Hinkley Pt C sind falsch. Es handelt sich um ein KKW mit *2 Blöcken*, die ca 24 TWh/a produzieren. Sie haben die Kosten für 2 Blöcke genannt, aber die Produktion für einen Block.
1/n
@GunterErfurt • Ihre Angabe zur KKW-Laufzeit ist falsch, neue Anlagen sind auf 60a+ ausgelegt. Das mit überoptimistischen PV-Laufzeiten-Annahmen von 40a zu vergleichen, ist unzulässig. Entweder Sie vergleichen 2 optimistische oder 2 pessimistische Schätzungen.
2/n
@TCUTF@Pirat_Logos@SimeonPreuss 1) „Zentralismus“: BS, trifft genauso für EE zu, siehe Nord-Süd-Stromtrassen für Windstrom. Das Netz heißt Netz, weil es eben nicht zentralistisch ist. Zentralistisch-fragmentär sind vielmehr Phantasien, einige Windparks & PV-Farmen können ganze Regionen autark versorgen;
1/n
@TCUTF@Pirat_Logos@SimeonPreuss man möge das in einem Industrierevier ausprobieren. 2) angeblich träge AKW: falsch, 🇩🇪AKW fahren real Gradienten bis 30 MW/min, was denen von Gasturbinen entspricht; auslegungsgemäß auch mehr. 👇🏼 2/n
@TCUTF@Pirat_Logos@SimeonPreuss 3) Wirkungsgrad: trifft zu, ist vor allem bei fossil befeuerten Wasser-Dampf-Prozessen ärgerlich wegen Emissionen & Brennstoffkosten, bei KKW aber wenig relevant, da Brennstoffkosten wg der hohen Leistungsdichte des Kernbrennstoffs wenig ins Gewicht fallen & Emissionen
3/n
Eigentlich müssten wir westeuropäischen Linken in die #Ukraine strömen - als Interbrigaden zur Verteidigung der Republik gegen den Faschismus. So wie unsere (politischen) Urgroßväter es einst in Spanien taten.
Eigentlich. @athmrva taz.de/Die-deutsche-L…
1/8
In Wirklichkeit sieht es in der 🇩🇪Linken so aus, ich zitiere ein paar Auszüge aus @athmrva:
„Diese Position [gemeint ist die Ukraine-Soli v @MichaelEfler] ist in der deutschen Linken eine Seltenheit. Keine der zahlreichen antifaschistischen Gruppierungen hat auf diese Demo…
2/8
…hingewiesen oder ist dort erschienen.
Getrieben von einem regressiven Antiamerikanismus & der Romantisierung Russlands als Nachfolger d Sowjetunion, findet in Teilen der Linken eine Überidentifikation m dem „Anti-Westen“ statt, ganz der plumpen „Der Feind meines Feindes…
3/8