Die Möglichkeit, in anderen Ländern eine feste Stelle zu bekommen, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch im Ausland strukturelle Probleme in der Wissenschaft gibt. Siehe dazu auch den verlinkten Artikel: #IchBinHannaInternational (1/19) taz.de/Arbeitsbedingu…
Hier kommt die #IchBinHanna & #IchBinReyhan Schweden-Edition. Laut Statistischem Zentralbüro waren Stand Mai 2021 39989 Personen als Forschende und Lehrende an schwedischen Hochschulen und Universitäten angestellt, zwei Drittel davon auf festen Stellen. (2/19)
Wer sich für diese und weitere Statistiken interessiert, wird hier fündig. (3/19) scb.se/hitta-statisti…
Es gibt in Schweden also deutlich mehr Dauerstellen als in Deutschland. Wir reden dabei ausschließlich von Wissenschaftler*innen nach der Promotion. Die Promotion erfolgt auf befristeten Stellen. Dazu später mehr. #IchBinHanna#IchBinReyhan#HannaGehtInsAusland (4/19)
Dennoch dauert es oft Jahre, ehe man eine Dauerstelle erhält. Das hat mit dem Anforderungsprofil und der hohen Konkurrenz zu tun. Viele hangeln sich auf Vertretungsstellen oder mit Forschungsstellen durch, bis sie hoffentlich irgendwann eine feste Stelle bekommen. (5/19)
Wenn ich versuche, den Kolleg*innen, das #WissZeitVG mit seinem de-facto Beschäftigungsverbot nach 12 Jahren zu erklären, ernte ich Unverständnis & fassungslose Blicke. Denn in Schweden ist es möglich, auf befristeten Stellen bis zur Rente zu kommen. (6/19)
Befristung nach Arbeitsrecht ist max. 2 Jahre möglich (für explizite PostDoc-Stellen: 3). Unis handlen das unterschiedlich. Einige pausieren die Weiterbeschäftigung, bis eine erneute Befristung möglich ist. Andere ermöglichen auf Antrag die entfristete Weiterbeschäftigung. (7/19)
Meine Uni wählt die zweite Variante und ermöglicht die Entfristung nach zwei Jahren. Einige meiner Kollegen sind so an ihre Dauerstellen gekommen. #IchBinHanna#IchBinReyhan (8/19)
Da Professor v.a. ein akademischer Titel ist, aber kaum Stellen als Professur ausgeschrieben werden, konkurrieren letztlich alle um Lektors- oder Forscherstellen. Umso größer ist die Freude und die Anerkennung für diejenigen, die es auf eine Dauerstelle schaffen. (9/19)
Es gibt also mehr entfristete Stellen in Schweden als in Deutschland, aber eine zu bekommen ist auch hier für #IchBinHanna keine Selbstverständlichkeit. Für #IchBinReyhan oder Ausländer*innen, besonders diejenigen aus dem Globalen Süden, ist es ungleich schwerer. (10/19)
Dies hat neben den Anforderungsprofil der Stellen, das hier sehr transparent und dadurch besser vergleichbar ist als in Deutschland, vor allem mit Besonderheiten des schwedischen Systems zu tun, die es zu verstehen und zu erfüllen gilt. #IchBinHannaInternational (11/19)
Ein weiteres Hindernis für Wissenschaftler*innen von außerhalb der EU und besonders dem Globalen Süden stellen aufenthaltsrechtliche Bedingungen dar. #IchBinReyhan#IchBinHannaInternational (12/19)
2021 wurde das Zuwanderungsgesetz verschärft. Für einen dauerhaften Aufenthaltstitel muss man mind. 3 Jahre lang einen befristeten Titel gehabt haben & den Nachweis erbringen, den eigenen Lebensunterhalt für mind. 18 Monate sichern zu können. #IchBinReyhan (13/19)
Hier findet Ihr eine Einschätzung (Englisch) zu den Auswirkungen dieser Gesetzesänderung für ausländische Forscher*innen in Schweden: #IchBinReyhan#IchBinHannaInternational (14/19)
Gerade der Punkt des eigenen Lebensunterhalts ist angesichts von Vertretungsstellen, projektgetriebener Forschung mit kurzen Förderphasen & langen Bewilligungszeiten problematisch & wird dazu führen, dass die schwedische Wissenschaft noch weißer und weniger divers wird. (15/19)
Auch das muss gesagt werden: Wechsel ins Ausland bedeutet nicht, dass man #IchBinReyhan wird. Ich bin Immigrantin in Schweden, aber erfülle die privilegierte weiße, europäische Mittelschichtsnorm. Mein Beitrag zur Diversität ist gering, abgesehen von meinem Geschlecht. (16/19)
Denn auch in Schweden, das als Vorzeigeland in Sachen #Gleichstellung gilt, ist Wissenschaft männlich dominiert und es besteht Nachholbedarf. Auch hier gibt es einen Gender Pay Gap zum Nachteil von Frauen. (17/19)
Eine entfristete Stelle ist nicht mit der deutschen Lebenszeitprofessur zu verwechseln. Denn aufgrund ökonomischer Zwänge, bei Wegfall der mit der Stelle verbundenen Aufgaben etwa aufgrund von Umstrukturierungen oder wegen groben Fehlverhaltens kann man gekündigt werden. (18/19)
Oder man bewirbt sich um eine andere attraktivere Stelle an einer anderen Universität. Auch das ist ganz normal hier in Schweden. (19/19)
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Freitag ist ein besonderer Wochentag in Schweden mit vielen alltäglichen und zum Teil jungen Traditionen. Mein Mann und ich haben uns diese allerdings noch nicht zueigen gemacht, obwohl es heißt: When in Rome, do as the Romans do. (1/7)
Freitags spielen sich in schwedischen Supermärkten & Süßwarenläden beeindruckende Szenen ab, wenn sich Groß & Klein vor den riesigen Süßigkeitenboxen versammeln, um in Vorbereitung auf den Samstag eine Tüte mit lördagsgodis zu füllen. (2/7)
Diesen Brauch gibt es seit Anfang der 1950er, das Wort lördagsgodis (Samstagsbonbons) ist seit 1957 belegt. Ziel war durch die Begrenzung von Süßem auf einen Wochentag die Zahngesundheit zu fördern und das Kariesrisiko zu reduzieren. (3/7)
Am Montag erzählte ich, dass ich an einem Artikelmanuskript arbeite. Das Thema dieses Textes schließt sehr gut an das gestrige Thema Großer Nordischer Krieg an. (1/24)
Vor einigen Jahren habe ich bei Archivrecherchen in Marburg für einen Text zu Beziehungen zwischen Schweden & Hessen-Kassel anlässlich der neuen Landesausstellung in Kassel Quellen Hinweise auf schwedische Seeleute gefunden, die ab 1716 kontinuierlich nach Kassel kamen. (2/24)
Das hat mich interessiert, schließlich ist Hessen(-Kassel) nicht gerade bekannt für seine Häfen. Warum tauchten also diese Seeleute dort auf, und nicht gerade wenig, laut Quellen, manchmal bis zu 150 Personen auf einmal. (3/24)
Das Stichwort Doktorarbeit ist heute ja schon gefallen. Seit Januar darf ich meinen ersten Doktoranden bei seiner Forschung begleiten. In Schweden heißt die Promotionsphase Forscher*innenausbildung und deren Bedingungen unterscheiden sich fundamental von Deutschland. (1/20)
Die Promotionszeit in Schweden dauert 48 Vollzeit-Monate. Teilzeit, Krankheit oder Aufgaben wie universitäre Lehre verlängern die Promotionszeit entsprechend. Ein solches Modell ist für Deutschland bedenkenswert, da es Nachteile durch Care-Arbeit & Krankheit verringert. (2/20)
Promotionsstellen sind in Schweden voll bezahlt. Ehe ein*e Doktorand*in beginnen kann, muss die Finanzierung für 48 Monate nachgewiesen werden. Wie Deutschland anzufangen & auf ein Stipendium zu hoffen, geht rechtlich nicht. Auch das bietet Promovierenden mehr Sicherheit. (3/20)
Nicht nur Semesterablauf und Studienverlauf unterscheiden sich von Deutschland, sondern auch das Prozedere für schriftlichen Arbeiten. Die Studierenden schreiben in den B- und C-Kursen jeweils eine Hausarbeit, vergleichbar mit Pro- (B-Kurs) und Hauptseminararbeit (C-Kurs). (1/7)
Diese Arbeiten werden während des Semesters geschrieben. Die Studierenden müssen nicht nur die Arbeit schreiben, sondern während des Schreibprozesses Zwischenergebnisse mit den Kommiliton*innen in peer-Feedback diskutieren. (2/7)
Am Ende muss die Arbeit verteidigt werden. Die Studierenden stellen ihre Arbeit vor und übernehmen reihum die Rolle des*der Opponent*in. Dadurch lernen sie, aktiv Feedback zu geben und konstruktiv Kritik zu üben. (3/7)
Es passt sehr gut, dass ich gerade für die aktuelle Woche als Kuratorin @realsci_DE ausgewählt worden bin, denn es sind die letzten Tage meiner unterrichtsfreien Phase, so dass ich etwas mehr Zeit dafür habe. (1/14)
Mit lehrfreier Zeit sind nicht Semesterferien oder vorlesungsfreie Zeit wie in Deutschland gemeint. Die gibt es in Schweden so nicht. Einige Universitäten haben zumindest eine Sommerpause, die um Mittsommer (21/06) beginnt und bis Ende August dauert. @Mittuni nicht. (2/14)
@Mittuni haben wir drei Semester: Frühling (ab Mitte Januar), Sommer (ab Anfang Juni) und Herbst (ab Ende August), die nahtlos aneinander anschließen. Eine Pause dazwischen gibt es nicht. Freitags endet das alte Semester, montags beginnt das neue. Puuuhhh… (3/14)
Das Gebiet des Erzstifts Bremen (ohne die Stadt Bremen) war ab 1648 als Herzogtum Bremen Teil des schwedischen Konglomeratstaates. Zu den schwedischen Provinzen im Heiligen Römischen Reich zählten außerdem Vorpommern, Verden und ab 1681 Pfalz-Zweibrücken. (1/20)
Eigentlich hätte Schweden die Stadt Bremen auch gerne bekommen. Allerdings gelang es dieser beim Westfälischen Friedenskongress den 1642 erhaltenen Status als Reichsstadt zu verteidigen. Das führte 1654 und 1666 zu Kriegen zwischen Schweden und Bremen. (2/20)
Konglomeratstaat oder composite monarchy meint einen Herrschaftsbereich, der aus mehreren autonomen Gebieten besteht, die durch die Person des Herrschers verbunden werden, also eine Sonderform der Personalunion. (3/20)