Schreibaufgabe im Rahmen von „Holocaust-Erziehung“:
„Ein SS-Angehöriger berichtet seinem Freund am Abend von seiner Ausbildung in Dachau. Schreibe diesen Dialog.“
Ratet, zu wessen Erfahrungen in Dachau es keine Aufgabe gibt, die derartiges „Sicheindenken“ & „-fühlen“ verlangt.
Das Arbeitsmaterial bietet auch Textstellen, in denen Erfahrungen von Opfern geschildert werden. Doch aus dem Bericht der Überlebenden wird dann nur 1 Aspekt vertieft. Schüler:innen sollen sich in 1 „weinenden“ Lagerposten, der Tagebuch schreibe, hineinversetzen.
Solche Aufgaben finden sich in 1 „Lehrerheft“ zu „Der Junge im gestreiften Pyjama“. Ich arbeite gerade 1 Menge solcher Materien durch & habe damit bisher nur noch mehr Gründe für 1 Dekanonisierung dieses Schulklassikers. #Erinnerungskultur
Nächstes Heft für Lehrer:innen, anderes häufiges Problem: Es wird auf absurde Weise die Sprache des Romans wiederholt. Die Figur ist Adolf Hitler, aber in der Beschreibungssprache des Materials heißt es „Auftreten des Furors“. Nicht mal in Anführungszeichen. Keine Namensnennung.
Das zieht sich durch das gesamte Heft (nicht nur dieses). Und das bedeutet, dass im Unterrichtsgespräch Schüler:innen durchgängig von Hitler als „Furor“ & von Auschwitz als „Auswisch“ sprechen werden, ja sollen.
Die letzten beiden Beispiele sind aus diesem Angebot „EinFach Deutsch“, Unterrichtsmodelle für Lehrer:innen.
Warum ich mir das ansehe? Es ist die zentrale Idee meines fachwissenschaftlichen Seminars zu #Kanon - inklusive #Schulkanon: Lektürehilfen & Unterrichtsmodelle einbeziehen, damit der kritische Umgang mit Materialien geübt werden kann.
Meine bitterste Erkenntnis (mal abgesehen von einzelnen Aufgaben) ist bisher, dass es Verfasser:innen solcher Materialien gibt, die nicht mal über die Notwendigkeit einer angemessenen Beschreibungssprache nachdenken. Und dass das Verlagen auch völlig egal zu sein scheint.
"Koeppen sollte als Nachkriegsliteratur gelesen werden, in der auch Rassismus thematisiert wird. Geprüft, wie gut „Tauben im Gras“ dafür geeignet ist, wird nicht." Darüber sollte mehr gesprochen werden: Wie & was ist zu überprüfen? taz.de/Debatte-ueber-… via @tazgezwitscher
1. Frage: Pflichtlektüre vs. Wahllektüre. Ich bin mindestens für 1 zeitweiligen Stopp als Pflichtlektüre. Die derzeitige Debatte muss ernst genommen werden. 2. Es braucht 1 Auseinandersetzung über die Frage, mit welchen Zielen welche Texte im DU-Unterricht gelesen werden.
3. Aus 2 folgt auch: Der DU-Unterricht muss in diesem Szenario ernst genommen werden. Allgemeine pädagogische Zugänge zum Thema Rassismus sind z.B. noch keine Hilfe für DU-Lehrkräfte, wie man über rassistische Texte im Unterricht mit Schüler*innen spricht. Umgang mit Zitaten etc.
Christian Boltanski hat zwei Erinnerungsorte in der Völklinger Hütte geschaffen. Beide finde ich sehr gut. #Weltkulturerbe
Erinnerung an die Zwangsarbeit in der Völklinger Hütte während des Zweiten Weltkrieges. Man geht durch 1 kurzen Gang in 1 engen Raum, hört verschiedene Stimmen & kann bald einzelne Namen identifizieren. Auf den Kästen stehen Nummern. #Weltkulturerbe#Boltanski
Die Spinde aus Holz oder Stahl erinnern an die Arbeitsbedingungen in der Völklinger Hütte. Auch hier: denkbar einfaches Konzept, aber es funktioniert sehr gut. #Weltkulturerbe#Boltanski
Wissenschaftskommunikation in den Geisteswissenschaften - jetzt mit Fokus auf differentielle Didaktik im #wisskomm SE. Übersetzt: "Lernende sind verschieden", Heterogenität von Gruppen -> Binnendifferenzierung, individuelles Fordern & Fördern erfordert entsprechende Diagnostik.
Transfer zur konkreten Seminarorganisation: Versuch, in der Lernplattform zu differenzieren & verschiedene Angebote zu machen, wurde im Beispielfall kaum angenommen, z.B. persönlicher Lerndialog. Zu viel Differenzierung kann also auch demotivieren.
Beispiel universitäres Projekt "Von der Digitalisierung von Differenzierung": Eigentlich positiv, Seminarreihe zum digitalen Unterrichten, aber stark auf Naturwissenschaften ausgerichtet. Geisteswissenschaften kommen kaum vor.
Morgen startet #RelevanteLiteraturwissenschaft ins neue Semester! Hashtag #RelevanteLV22. Im Angebot ist 1 Mischung aus neuen & bekannten Themen wie z.B. #Kanon (also das übliche Baukastenprinzip).
Wichtig: Es finden wieder Gastvorträge statt, & ihr seid herzlich eingeladen!
5 Gastvorträge + Diskussion erwarten euch! Jeweils ab 16.15 Uhr #RelevanteLW22
1) 18.5. Iulia-Karin Patrut: Diskurskritik und Theorieimpulse in der Literatur
2) 1.6. Lena Wetenkamp: Trauma und Postmemory. Literarische und literaturwissenschaftliche Zugänge zum Gedächtnis
3) 15.6. Thomas Ernst: Studien der Subversion. Warum man 'politische Literatur' breiter verstehen sollte
4) 22.6. Sandra Beck: Von Terrorismus, Gewalt und vom Schmerz. Erinnerungen an die Rote Armee Fraktion in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur
Universitäten wollen (möglichst viel) Lehre in Präsenz im Sommersemester, & das kann gut gelingen mit Maskenpflicht, Abstand & 3G-Regeln. Was ist nun von Beiträgen zu halten, die sagen: 'Aber das IfSG gibt das nicht her?' & 'Präsenz wird in jedem Fall angeordnet'? #Thread
Erste Antwort zum IfSg: Das mag sein. Das darf Universitäten nicht abschrecken zu tun, was sie für sinnvoll & nötig halten, & es darf nicht als Ausrede genutzt werden. Es gehört zur institutionellen Verantwortung, angemessene Studienbedingungen in der Pandemie zu ermöglichen.
Maskenpflicht, Abstand & 3G über das Hausrecht zu regeln ist 1 wichtiges Signal an alle Mitarbeiter:innen & Studierende, dass Präsenz im erwünschten Umfang nur unter diesen Bedingungen gefordert & verantwortlich geleistet werden kann. Motto: Präsenz, aber sicher! Denn,
"Haben wir verlernt zu lieben?" fragt Florian Illies, & stellt das gegen "Hetze" & die "Polarisierung der Gesellschaft". Liebe als 1 Gefühl, das sich auf die gesamte Gesellschaft richtet? Respekt, Verantwortung, Konflikt- & Kompromissfähigkeit... aber doch nicht LIEBE. Cringe.
Fantastisch finde ich ja auch, wie in 1 Artikel, in dem Debattenunfähigkeit kritisiert wird, einfach mal der Begriff "Gendersprache" verwendet wird, als ob der neutral wäre. Wie wenig kann man sich für seine eigenen Problembeschreibungen interessieren?
"Es geht nie ums Argument oder den Austausch, sondern immer nur ums Rechthaben, auf 280 Zeichen."
Twitter ist böse, klar. Dass es dort ALLES gibt, problematische Dynamiken & Argument, Austausch, Kritik, ja, das könnte man wahrnehmen, interessierte man sich für die Gegenwart.