Über die Dummheit und Kriminalität von Menschen, die faustgroße Steine in die Hand nehmen und auf lebende Menschen werfen, die Polizeiuniform tragen, braucht man nicht viele Worte zu verlieren, so offensichtlich ist sie. #leipzig 1/9
Über die Reaktion, die die Polizei hierauf vor wenigen Tagen in Leipzig gezeigt hat, aber schon: den #Polizeikessel. Denn da ist die Bewertung komplizierter. 2/9
Beamte aus zwölf Bundesländern sind aufgelaufen; ein angemessen großer Einsatz, nachdem einige linke Aktivisten großmäulig gedroht hatten, an diesem "Tag X" Gegenstände im Wert von mehreren Millionen Euro kaputtschlagen zu wollen. 3/9
Aber dann haben die Beamten nicht nur die Steinewerfer eingekesselt, sie also umzingelt und nicht mehr gehen gelassen - sondern mit ihnen gleich auch noch tausend weitere, vielfach auch unbescholtene Demonstranten. 4/9
Bis zum nächsten Morgen um fünf hielt die Polizei viele von ihnen unter freiem Himmel fest, über Stunden auch ohne Toilette, ohne Wasser, angeblich nur, um ihre Ausweise zu kontrollieren. 5/9
Die extreme, kaum zu rechtfertigende Dauer von bis zu 11 Stunden weckt einen bösen Verdacht, dem am Montag der Innenausschuss im sächsischen Landtag @sax_lt nachgehen muss: Es wirkt wie eine Sofortstrafe. Wie eine illegale Kollektivstrafe, um die linke Szene Mores zu lehren. 6/9
Wie ein inoffizieller Unterbindungsgewahrsam („Wir halten die Herrschaften mal fest, damit sie in der Nacht keinen Stress mehr machen können“) unter Umgehung der vorgesehenen rechtsstaatlichen Hürden dafür. 7/9
Als Obergrenze, wie lang ein Gewahrsam zur Identitätsfeststellung dauern darf, setzt das Polizeirecht z.B. in NRW 8 Stunden fest. Das gibt eine Ahnung davon, wie extrem 11 Stunden sind. Und dies, nachdem die Polizei mit der Situation rechnen und sich vorbereiten konnte. 8/9
Auch das gäbe zwar niemandem ein Argument dafür, Steine zu werfen. Aber ein Rechtsstaat hält sich an Recht und Gesetz, selbst wenn andere es nicht tun. Und er hat auch Rechtsverstöße seiner eigenen Beamten aufzuklären. 9/9
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Seit Jahresbeginn haben sich 3 Strafgefangene in Berliner JVAs das Leben genommen. Das ist furchtbar traurig. Skandalös hingegen ist: 2 von ihnen saßen nur, weil sie eine Geldstrafe nicht zahlen konnten. 1/
Der eine hatte 360 Tagessätze Geldstrafe abzusitzen in der JVA Plötzensee. An seinem 5. Hafttag tötete er sich. Der andere war schon seit 10 Wochen in Haft, jetzt hatte er noch 20 weitere Wochen vor sich. Es ging u.a. um Leistungserschleichung. 2/
Das bedeutet: Die von der Ampel geplante Minimalreform, die Dauer so einer sog. #Ersatzfreiheitsstrafe nur zu halbieren, hätte beide Fälle nicht verhindert. Suizide finden fast immer am Anfang der Haft statt, der „Haftschock“ ist da besonders groß. 3/
Das ist Hayri T., 42 Jahre alt, Vater von zwei Kindern. Er sitzt in Berlin im Gefängnis, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlen kann. Wie das? 🧵
Sein Vergehen: Er ist auf seinem Fahrrad mit einem Krankenwagen zusammengestoßen, in der Nacht, betrunken. Der Krankenwagen hatte dann eine Beule, drei Tage Werkstatt. Betriebswirtschaftlicher Schaden: 2000 Euro.
Trunkenheit im Verkehr, sagte das Gericht, deshalb hat Hayri T. 100 Tagessätze Geldstrafe zu bezahlen, das sind noch mal 1500 Euro.
Noch mal ein genauer Blick auf den überraschend verschärften 130 Abs.5 StGB (#Volksverhetzung): Es geht jetzt um Leugnung ALLER Kriegsverbrechen und Genozide weltweit und zwar in ALLEN Jahrhunderten. Gesetzesbegründung aus dem @bmj_bund besagt: keine historische Beschränkung. 1/3
Das erfasst Maos „großen Sprung nach vorne“ mit Millionen Toten theoretisch genauso wie Hungerkampagnen Stalins, Kolonialverbrechen in Afrika oder Indien… Wenn über historische Bewertung diskutiert wird, kann sich künftig in all diesen Fällen die deutsche Justiz einschalten. 2/3
Bemerkenswert. Geschichtspolitik ex cathedra. Ich frage mich, ob man sich das gut überlegt hat. Und ob das juristische Korrektiv, wonach eine Leugnung nur bei „Eignung“ zur „Gefährdung des öffentlichen Friedens“ in Deutschland strafbar sein soll, wirklich ausreicht. 3/3
Kritik an der von @MarcoBuschmann vorgeschlagenen Halbierung der #Ersatzfreiheitsstrafe kommt jetzt aus unerwarteter Richtung. Voilà: die Gefängnisdirektoren. Selbst sie erläutern, warum diese Reform nicht weit genug gehe. 🧵
Die Vereinigung der Gefängnisdirektoren heißt "Bundesvereinigung der Anstaltsleiterinnen und Anstaltsleiter", sie hat jetzt eine Stellungnahme zum Referentenentwurf des @bmj_bund an das Ministerium übersandt.
Kurz gesagt, man muss dafür sorgen, dass künftig *weniger* Menschen wegen einer nicht gezahlten Geldstrafe in Haft kommen. Nicht bloß dafür, dass diese Menschen künftig schneller durchgeschleust werden.
Hunderte rechtextremer Fake Accounts führt der #Verfassungsschutz inzwischen.
„Das ist die Zukunft der Informationsbeschaffung“, sagt ein Leiter eines Landesamts für Verfassungsschutz.
Kleiner Recherche-🧵
Viele Rechtsradikale ahnen wahrscheinlich gar nicht, hinter wie vielen Accounts in ihren Chatgruppen bereits Agenten stecken, die unter einer „Legende“ posten. In solche „virtuellen Agenten“ hat der Geheimdienst seit 2019 massiv investiert.
Anlass war damals der Mord an Walter Lübcke. „Wir sollen mitschwimmen“, hat mir eine Agentin erzählt, die jetzt seit einem Jahr Fake Accounts führt, „gucken, was die anderen machen.“ Und, das ist das Besondere: auch selbst ein bisschen rechtsradikal spielen.
Das ist Benno S., inhaftiert in Berlin, weil er seine Geldstrafe nicht bezahlen kann.
Warum macht er dann nicht einfach Sozialstunden? Es MUSS doch keiner wegen ein paar Euro Strafe, die er als Hartz-IV-Empfänger nicht leisten kann, in den Knast!?
Thread 🪡
Antwort: Das darf er nicht. Er ist 63 Jahre alt, davon hat er 17 Jahre in Psychiatrien verbracht. Laut Gutachten des Jobcenters ist er zu null Prozent arbeitsfähig.
Menschen wie er, die wegen Zahlungsunfähigkeit inhaftiert werden, kommen heute zu 40 Prozent aus der Obdachlosigkeit. Zwei Drittel von ihnen sind abhängig von Alkohol oder Drogen.