#JudithKerr100: Bebelplatz (bzw. einstiger Opernplatz), Blick zur Staatsoper, Berlin-Mitte. Der Platz ist heute ein Gedenkort zu den Bücherverbrennungen unter dem NS-Regime, bei denen am 10. Mai 1933 auch die Werke von Alfred #Kerr, dem Vater von Judith Kerr, vernichtet wurden.
Gedenktafeln und insbesondere das in den Untergrund eingelassene, zentral platzierte "Denkmal zur Erinnerung an die Bücherverbrennung" (1995) von Micha #Ullman (* 1939) erinnern heute an die Vernichtungsaktion des rasch sich etablierenden NS-Regimes.
Alfred #Kerr hatte sich in den frühen 30er Jahren in scharfen Glossen immer wieder gegen den erstarkenden Nationalsozialismus gewandt - und er trat, gejagt vom Naziterror, bereits am 15. Februar 1933 die Flucht aus dem Deutschen Reich an, zuerst nach Prag, dann nach Lugano.
Die Familie traf bald darauf in der Schweiz zusammen - und die Vernichtung der väterlichen Werke spiegelt sich im bekanntesten Buch von Judith #Kerr. Anna, die junge Romanprotagonistin, erfährt in einem Gespräch mit ihrem Vater und ihrem Onkel vom Naziterror auf dem Opernplatz.
"Als Hitler das rosa Kaninchen stahl", Kapitel 6, Textauszug: "'Die Nazis sind wirklich dumm', sagte Onkel Julius. 'Wie könntest du ein Feind Deutschlands sein? Du weißt natürlich, dass sie alle deine Bücher verbrannt haben?'
'Ich war in guter Gesellschaft', sagte Papa.
'Was für
Bücher?', fragte Anna. 'Ich dachte, die Nazis hätten alle unsere Sachen weggenommen. Ich wusste nicht, dass sie sie verbrannt haben.'
'Das waren nicht die Bücher, die dein Vater in seiner Bibliothek besessen hat', erklärte Onkel Julius. 'Es waren die Bücher, die er geschrieben
hat. Die Nazis haben überall im Land große Scheiterhaufen angezündet und alle seine Bücher, die sie finden konnten, hineingeworfen und verbrannt.' 'Zusammen mit den Büchern verschiedener ausgezeichneter Autoren', sagte Papa, 'zum Beispiel denen von Einstein, Freud,
H. G. Wells...'
Onkel Julius schüttelte den Kopf über so viel Torheit."
Die Bücherverbrennung vom 10. Mai 1933 war eines der wenigen konkreten zeitgeschichtlichen Ereignisse, die Judith #Kerr in "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" schilderte - und dies bereits fern von Berlin.
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Bayerisches Viertel in Berlin-Schöneberg, 11. Juni 1993, #otd vor genau 30 Jahren: Einweihung der 80 Gedenktafeln für die "Orte des Erinnerns" in den Straßen rund um den Bayerischen Platz.
Die Mahnung ist geblieben und aktueller denn je: Nie wieder Nazityrannei, #niewieder!
Das Bayerische Viertel in Schöneberg wurde bis zum Jahr 1914 angelegt und erbaut - auf Initiative vor allem von Herrn Kommerzienrat Salomon #Haberland (geb. 1833, gest. 1914), eines in Berlin bereits alteingesessenen Textil- und Terrainunternehmers.
Das Viertel war ab dem Jahr 1914 zuerst eine Ortslage der damaligen kreisfreien Stadt Schöneberg und ab dem Jahr 1920 dann ein Stadtteil im neu geschaffenen "Groß-Berlin" - und der jüdische Bevölkerungsanteil war von Anfang an sehr hoch.
#JudithKerr100: Blicke auf das heutige Reichstagsgebäude in Berlin-Tiergarten.
Der Reichstagsbrand am Abend des 27. Februar 1933 war eines der wenigen konkreten zeitgeschichtlichen Ereignisse in Berlin, die Judith #Kerr in "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" schilderte.
Die Autorin griff diese Nacht in ihrem bekanntesten Buch in einer der letzten Textpassagen auf, die auf die damalige Reichshauptstadt sehen: Anna und Max, das literarische Geschwisterpaar, hat bereits die Koffer gepackt - zur bevorstehenden Flucht mit der Mutter in die Schweiz.
"Als Hitler das rosa Kaninchen stahl", Kapitel 3, Textauszug: "In dieser Nacht erwachten die Kinder vom Lärm der Feuerwehrwagen. Es war nicht nur einer oder zwei, sondern mindestens ein Dutzend, die mit lautem Schellengeklingel die Hauptstraße entlangkamen. Als sie aus dem
#JudithKerr100: Blick auf einen Feldhang im heutigen Friedenthalpark am Halensee in Berlin-Grunewald - und damit auf das einstige Areal des "Luna Parks" (1910 bis 1933), in dem sich Judith #Kerr und ihr Bruder einst aus Abenteuerlust über ein elterliches Verbot hinwegsetzten.
Der "Luna Park" war ein Freizeitpark, der in den ersten Jahren seines Bestehens Tag für Tag mehr als 50.000 Menschen aus ganz Berlin und seiner Umgebung anzog. Rummelattraktionen bestimmten sein Programm ebenso wie Theater, Revuen, Musik, Tanz und oftmals abendliches Feuerwerk.
Max #Schmeling (* 1905, † 2005) bestritt hier im Jahr 1926 seinen ersten Titelkampf - siegreich. Judith #Kerr dagegen erinnerte sich an ihrem Lebensabend an ein besonderes Vergnügen, das nach der zweiten Neueröffnung des Parks (im Jahr 1929) zahllose Kinder angezogen haben muss.
#JudithKerr100: Botschaft der Französischen Republik 🇫🇷, Pariser Platz 5, Berlin-Mitte.
Das Areal des einstigen "Palais Beauvryé" war seit dem Jahr 1871 der Standort der Botschaft - und Judith #Kerr begegnete in ihrer Kindheit hier einmal Charlie #Chaplin (* 1889, † 1977).
Das Erlebnis blieb ihr dauerhaft in Erinnerung, bedingt durch die Anwesenheit des Filmstars bzw. weltbekannten Komikers.
Judith #Kerr in "Eine eingeweckte Kindheit" (Textauszug): "Ich erinnere mich auch an eine sehr großartige Kindergesellschaft in der französischen Botschaft.
Charlie Chaplin war da, und am nächsten Tag war ein Bild von ihm mit meinem Bruder in der Zeitung. Erst vor wenigen Monaten habe ich irgendwo gelesen, daß dies eine Gesellschaft für die Kinder von bedeutenden Berliner Juden war – ein Protest des französischen Botschafters
Wahl zum Deutschen Reichstag, 20. Mai 1928, #otd vor 95 Jahren: Die NSDAP erringt einen Stimmenanteil von lediglich 2,6 Prozent im gesamten Deutschen Reich - am Tag eines sehr, sehr deutlichen Wahlsieges der SPD, welche die Wahl mit 29,8 Prozent der abgegebenen Stimmen gewinnt.
Resultat der Wahl ist ein sozialdemokratisch geführtes Regierungsbündnis, an dem neben der siegreichen SPD weitere vier Parteien beteiligt sind - und zwar das Zentrum, die Deutsche Demokratische Partei (DDP), die Deutsche Volkspartei (DVP), die Bayerische Volkspartei (BVP).
Das Regierungsbündnis wird in der Geschichtsschreibung als "Große Koalition" bezeichnet, in der die genannten vier bürgerlichen Parteien (s. o.) aber nach teils deutlichen Stimmenverlusten in die Verantwortung treten. Der Stimmenzuwachs für die SPD dagegen ist ebenfalls deutlich.
19. Mai 1943, #otd vor 80 Jahren: Joseph #Goebbels, nationalsozialistischer Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda seit dem Jahr 1933, erklärt ganz Berlin zur "judenfreien" Stadt, wie es in der rassistischen Sprache des NS-Regimes heißt.
Zu diesem Zeitpunkt leben im gesamten Deutschen Reich nur noch etwa 20.000 Jüdinnen und Juden, darunter Ehepartnerinnen und Ehepartner aus so genannten "Mischehen" und untergetauchte "U-Boote", wie sich viele der in den Untergrund geflohenen Jüdinnen und Juden selbst bezeichnen.
Das Foto im ersten Tweet des Threads zeigt eine Gedenktafel in der Duisburger Straße in Berlin-Wilmersdorf, welche die innerstädtische Geschichte der so genannten "judenreinen Gebiete" dokumentiert - zumal die Straße selbst über mehrere Jahre zum Tatort des Naziterrors wurde.