Ich habe diese Woche in Lausanne den Prozess gegen 6 Polizisten verfolgt, die im Februar 2018 #MikeBenPeter überfielen, traten, pfefferten und auf ihn knieten bis er einen Herzinfarkt erlitt und starb. Und ich muss sagen: Dieser Prozess ist ein Skandal. Warum? Ein kleiner 🧵.
1-Der Staatsanwalt müsste ermitteln, aber er verweigert quasi die Arbeit: 5 Jahre dauerte die Untersuchung. Ergebnis: minimal. Die beschuldigten Polizisten, die #MikeBenPeter getötet haben sollen, wurden nur 2mal einvernommen – Anfang u Mitte März 2018. Danach nie wieder.
2-Der Staatsanwalt suchte keine Zeug:innen und die, die sich selbst meldeten, interessierten ihn nicht. Auch vor Gericht nicht. Er ist den Anwält:innen der Polizisten näher als dem Privatkläger der Opferfamilie. Er fragt so gut wie nichts, und wenn, dann ungenau.
3-Die Polizisten widersprechen sich: Sie hätten Körperverletzungen gefürchtet, aber sagen zugleich «der gestikulierende Afrikaner» (so 1 Polizist) habe weder geschlagen oder es auch nur versucht. Keiner will wissen, wer wo wann was gemacht hat. Nur etwas erinnern sie ganz exakt:
4-Dass sie exakt nur auf den Schultern/Beinen knieten, aber NIE auf dem Rücken von #MikeBenPeter. Denn das wäre ja gefährlich, potentiell tödlich gewesen.
5-Niemand will sagen, wer die Verantwortung für den tödlichen Einsatz trug. Von den Beschuldigten bis zur Nr. 2 der Lausanner Polizei: Schweigen. Niemand wagt es, einen Verantwortlichen beim Namen zu nennen. Sässen gewöhnliche Kriminelle vor Gericht, man spräche von Omertá.
6-Der ganze Prozess ist ein Schulbeispiel für Cop Culture, für die Schweigekultur in Polizeikorps. Einer deckt den anderen. Man müsste eigentlich das Protokoll dieser Gerichtsverhandlung integral veröffentlichen. Wenn es denn ein richtiges Protokoll gäbe.
7-Das Gericht steckt offenbar noch im Mittelalter. Es gibt keine Audioaufnahmen, das Protokoll wird sinngemäss, nicht wörtlich geführt – in Form von Testimonials der Befragten. Scharfe Fragen werden unsichtbar – und damit die Gründe, warum die Polizisten urplötzlich schweigen.
8-Der Richter steht kurz vor Pensionierung und mag es nicht, dass sein Feierabend gestört wird. Aber er stellt laufend Suggestivfragen, formuliert Fragen und Antworten Dritter gar selbst, fasst sie falsch und unvollständig zusammen, was ständig zu Disputen ums Protokoll führt.
9-Er unterbricht und massregelt einen Zeugen, einmal – man kann es nicht anders sagen – schüchtert er den Zeugen regelrecht ein, als er Neues zur Tatnacht berichtet: Dass #MikeBenPeter bereits bei der Verhaftung starb – und nicht erst im Spital, wie es bisher hiess.
10-#MikeBenPeter habe minutenlang zugedeckt am Boden gelegen, Ambulanz und Polizisten seien in einiger Entfernung gestanden und hätten diskutiert – ohne Eile, den Mann, der nach ihrer Festnahme einen Herzstillstand erlitten hatte, ins Spital zu fahren.
Am Montag finden die Plädoyers im Fall #MikeBenPeter statt. Am Mittwoch fällt das Urteil. Aber das ist noch lange nicht das Ende dieses skandalösen Justizversagens. Mehr dazu nächste Woche in @RepublikMagazin .
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Gerade eben hat zB der CEO von #Nestlé an einem vertraulichen Hintergrundsgespräch mit den Ringier-Redaktionen über die #Konzernverantwortungsinitiative gesprochen. Am Montag ist dann BR Karin Keller-Sutter zu Gast. Vertraulich. Für Hintergrund. Thema unbekannt. ...