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Nov 14 14 tweets 2 min read Twitter logo Read on Twitter
Ich habe meine Kritik bisher nicht namentlich geäußert, aber nachdem Deborah Feldman heute wieder im MoMa saß, möchte ich einiges klarstellen. Feldman darf (in einem rechtlichen Rahmen) sagen was sie will, auch im Fernsehen.
Ich will nur anmerken, dass ich keine einzige jüdische Person mit Sozialisierung in Deutschland kenne, die sich von dem, was DF sagt - ob bei Lanz, im MoMa, im Guardian oder sonst wo - repräsentiert fühlt. Die Kritik an ihren Aussagen müsste inhaltlich noch viel weiter gehen.
Vieles von dem, was sie sagt, stimmt faktisch nicht. Allein die Überschrift ihres gestrigen Textes im Guardian ist durch nichts belegbar, im Gegenteil: „Germany is a good place for Jews. Unless, like me you criticize Israel“ Die Daten belegen eher das Gegenteil.
Grundsätzlich, unabhängig von ihr: wenn man jüdische Lebensrealitäten ernst nimmt, muss die voyeuristische Obsession mit der jüd. Indivualerfahrung aufhören. Wir haben hier große strukturelle Probleme. Es ist infantil und grenzt an Wissenschaftsverweigerung,..
..sich nicht mit Befunden auseinandersetzen zu wollen, die Erfahrungen von jüdischen Personen breitflächig abbilden. Eine Meinung ist noch kein Lagebild und kein nachweisbarer Befund. Auch meine nicht. Und ihre erst recht nicht.
Ich möchte auch anmerken, dass keine jüd. Personen aus Deutschland kenne - auch nicht die aus dem vermeintlichen „Establishment“ - die repräsentative und wissenschaftlich fundierte Artikel zur aktuellen Situation in internationalen Zeitungen schreiben dürfen oder..
prominenteste Sendeplätze bekommen und dafür Beifall von Nicht-Juden kriegen, bis es in den Ohren klingelt.
Und trotzdem fühlen sich manche Leute, die ihre Meinung gerade überall rausposaunen dürfen, obwohl sie wirklich nichts mit jüdischen Lebensrealitäten zu tun haben wollten,
sondern nur über sich selbst sprechen und weil jüdisches Leben hierzulande sie nur als abstrakte Figur, nie aber als konkrete Erfahrung hierzulande sozialisierter Juden interessiert hat, „more marginalized than ever".
Das sind die gleichen Leute, die zwar kein Deutsch gesprochen haben, als sie hierher gekommen sind, aber trotzdem mit ihren Intellektuellen-Jobs hier Geld verdienen konnten, cause no German needed in Berlin. Im Gegensatz zu so ungefähr allen Postsowjet Konti-Jews.
Die mit den Intellektuellen-Jobs sind die gleichen, die das mit dem kontemporären Antisemitismus total übertrieben und paranoid fanden, cause if I don't hear it, it doesn“t exist. Well, it does exist, but maybe German is needed to understand it?
„More marginalized than ever“ sagt eine Person, die ihren autobiografischen Bestseller an Netflix verkauft hat.
Während 70.000 Juden in D., u.a. Shoah-Überlebende, Veteranen der Roten Armee von 1945, Professoren, Journalisten, Musiker in Unterschicht und Armut gezwungen wurden,
weil Deutschland sie als Juden wollte, aber nicht als Menschen. Um sie dann als Juden und als Menschen im Stich zu lassen. Von denen mindestens die Hälfte ansehen musste, wie ihre ukrainischen Heimatstädte seit Februar 2022 bombardiert wurden,
und damit ihr letztes Stück Heimat.
Ja,50% der Juden in D. stammen aus der Ukraine. Obwohl sie wissen, wie viel sie aufgeben mussten, haben sie alles getan, um ihren Kindern und Enkeln eine bessere Zukunft zu bieten, die nun erleben, was es bedeutet, sich als Jude nirgendwo sicher zu fühlen, nicht einmal in Israel.
Das ist nicht meine Geschichte, aber es ist die der meisten Juden in Deutschland.
Wer das beim Sprechen nicht berücksichtigt, versteht entweder nicht, worum es bei jüdischen Lebensrealitäten in Deutschland geht, oder hat sich nie dafür interessiert.

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More from @eslauritaa

Oct 21
I am not a Middle East expert nor a journalist.
I work for the social umbrella organization of Jewish communities in Germany.
I was active in various Jewish organizations.
I deal with the diversity of Jewish life realities and Jewish present in the context of German history,
I deal with Jewish feminist perspectives and I have worked on building alliances with other marginalized groups.
Last year, together with 12 other authors, I published a volume of essays that presents a fragment of these positions.
When I speak publicly, I refer not only to my individual experience „as a jew“. My expertise is built on the constant exposure to positions within the community in GER, IL and internationally that are not just my own.
So much for tokenism.
Read 19 tweets
Oct 7
Raketenbeschuss seit 4 Stunden, Fallschirm-Invasion, Geiselnahmen, Entführungen, Leichenschändungen, Massaker an Busstationen, Eindringen in Wohnhäuser, zivile Opfer, völlige Unklarheit darüber, wie viele Orte an der Grenze zum Gazastreifen gerade gleichzeitig überfallen werden.
Davon wird gerade in israelischen Medienberichten gesprochen, live. Der überraschende Angriff, für den die Terrororganisation Hamas verantwortlich zeichnet, fällt auf den jüdischen Feiertag Sukkot/Simchat Tora und Schabbat. Die Symbolik hat die Hamas nicht ohne Grund gewählt:
die letzte unerwartete Invasion in einer vergleichbaren Größenordnung begann vor genau 50 Jahren. Viele bezeichnen den Jom-Kippur-Krieg bis heute als kollektives Trauma.
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Jun 20, 2022
Ein paar Gedanken zum Fall #Antisemitismus & #Documenta15. Denn in einigen Diskussionen auf Twitter scheint man sehr überrascht zu sein, aber eigentlich läuft alles wie immer. 🪡
Hintergrund:
Im Vorfeld der #Documenta15 wurde öffentlich viel über die Teilnahme BDS-naher Künstler*innen diskutiert. Heute entflammte erneut eine Diskussion um vor allem ein Werk, das gezeigt wird. Denn es beinhaltet eindeutig antisemitische Motive.
Ich wollte diese Diskussion einfach nur ausblenden, weil sie ohnehin überfrachtet war. Aber die Art
und Weise, wie nun reagiert wird, lässt viele jüdische Menschen, die bereit sind, viele Dinge auch über ihre eigene Schmerzgrenze hinweg zu verhandeln, einfach nur wütend zurück.
Read 17 tweets
May 15, 2021
Ich mache das nie, aber jetzt fühlt es sich angemessen an.
Triggerwarnung in diesem Thread für meine jüdischen Follower: #Antisemitismus /Gewalt/Mord
Ich sage es jetzt, damit ihr nicht sagen könnt, ihr hättet es nicht gehört:
Wenn die erste jüdische Person in Deutschland/Europa im Zuge dieser Eskalation umgebracht wird, will ich eure Betroffenheit nicht hören. Ich will eure Lähmung nicht sehen.
„Das war ein Angriff auf uns alle!“ Werdet ihr sagen. Ach ja? Dreht ihr euch um, wenn ihr auf der Straße lauft? Habt ihr Instagram gelöscht, weil eure Freunde Sachen teilen, von denen ihr wisst, dass sie euch gefährden werden? Ist euch JUDE aufs Klingelschild geschmiert worden?
Read 10 tweets
May 14, 2021
How the escalation in the Middle East is affecting #Jews in Germany & Europe - A long thread:

Discomfort is spreading in my Jewish friends circle. Because every time there is an escalating development in the Middle East, they know they will be busy. 1/17
The ones who are not Israeli citizens, but just recently posted a throwback of their visit to the beach of Tel Aviv. Those who don't have a degree in political science, but are shaking their heads at the fourth election in two years. 2/17
The ones who think that Netanyahu is great, those who think he sucks. Those who believe in Zionism, not out of a desire to oppress another people, but because no one in their family has been born in the same country for the past four generations. 3/17
Read 18 tweets
May 13, 2021
Wie sich der Nahost-Konflikt auf die jüdische Gemeinschaft in Deutschland auswirkt - Ein langer Thread:

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