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Nov 30, 2023 14 tweets 3 min read Read on X
Mir ist nach meinem letzten Thread aufgefallen, dass viele nicht wissen wie restriktiv die #Schuldenbremse tatsächlich ist, und wie stark die #Schuldenquote in Zukunft sinken würde, wenn sie eingehalten würde. Eine kleine mathematisch Simulation ganz ohne Theorie: 1/13
Ich gehe für 2023 von den Projektionen der EU Kommission für #Schulden und BIP aus. Daraus resultiert eine wahrscheinlich etwas zu hohe Schuldenquote von 67,6% für 2023. Der genaue Ausgangswert ist aber auch nicht entscheidend für die lange Frist. 2/13
Ich nehme an, dass wir jährlich ein Wachstum von 0,5% und eine Inflationsrate von 2% haben. Im Durchschnitt erscheint mir das eher konservativ. Außerdem unterstelle ich, dass der Bund die erlaubte strukturelle Neuverschuldung immer voll ausnutzt. 3/13
Das sind 0,35% des BIP des vorangegangenen Jahres. Konjunkturell kann in der Realität mal mehr und mal weniger erlaubt sein. Da die Konjunkturkomponente aber im Mittel 0 ist sollte das die langfristigen Werte wenig bis gar nicht beeinflussen. 4/13
Außerdem unterstelle ich Tilgungen für die Corona-Notlagenkredite wie im Monatsbericht des Finanzministeriums von September berechnet. Diese Kredite werden ab 2028 und bis 2061 getilgt. Deswegen simuliere ich auch bis zum Jahr 2062. 5/13
Daraus ergibt sich folgende Entwicklung für die Schuldenquote. Im Jahr 2062 wird eine Schuldenquote von 29,2% erreicht. Die Schulden aber wachsen weiterhin nominal um etwas mehr als 350 Milliarden. Entscheidend ist, dass sie in Relation zur Wirtschaftsleistung sinken. 6/13 Image
Das ist nicht erstaunlich. Ein Bruch nähert sich im Grenzwert der Wachstumsrate des Zählers geteilt durch die Wachstumsrate des Nenners an: 0,35% geteilt durch 2,5% ergibt 14%. Ist wirklich eine ganz simple Rechnung, die auch Maastricht zugrunde gelegen haben soll. 7/13
Auch Christian #Lindner profitiert von diesem Effekt wenn er auf die sinkende Schuldenquote verweist. Die sinkt ja obwohl er viele neue Schulden gemacht hat. Momentan sogar besonders stark wegen der hohen #Inflation. 8/13
Wäre unser Ziel lediglich eine Schuldenquote von 60% zu erreichen und zu halten, könnten wir in dem Zeitraum etwa 3 Billionen zusätzliche Kredite aufnehmen. Natürlich muss man bedenken, dass das nicht der Spielraum ist, da man für die Kredite auch Zinsen zahlen muss 9/13
Würden wir nur auf die Tilgung der Corona-Schulden verzichten aber ansonsten im Regime der Schuldenbremse bleiben würde die Schuldenquote auf 34,4% sinken bis 2062. Am Beispiel dieser Schulden kann man mal zeigen wie sich Zinsen und Tilgung auswirken. 10/13
Hier wenn man einen Zinssatz von durchschnittlich 3% und mit den Tilgungszahlen aus dem BMF Monatsbericht September 2023 rechnet. Zum Vergleich die konstante Zinsbelastung, wenn man auf die Tilgung dieser Schulden verzichten würde. 11/13 Image
Der finanzielle Spielraum fällt mit Tilgung zwischen 2028 und 2058 geringer aus als ohne Tilgung. Dann geht die Tilgung stark und schließlich auf 0 zurück. Ab 2059 ist der Spielraum daher größer als ohne Tilgung. 12/13
Wir haben uns entschieden, dass gerade in dem Zeitraum, in dem wir viel investieren müssen um Klimaneutralität 2045 zu erreichen der finanzielle Spielraum verkleinert wird. Und ich habe noch gar nicht berücksichtigt, dass dieses Sparen auch das Wachstum verringern kann. 13/13
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Sep 10
Seit der Energiekrise kursiert eine einfache Erzählung: „Die Energiewende hat teuren Strom gemacht → die Industrie ist deshalb schwach.“ Dieses Narrativ ist weit verbreitet — aber stimmt es? Ich habe Daten geprüft. 🧵👇#Industrie #Strompreis #Energiepolitik #Reiche 1/8
Erstes Ergebnis: Energieintensive Wirtschaftszweige entwickelten sich schon lange vor der Energiekrise schlecht. Ihre Produktion entwickelt sich schon seit ca. 2007 schlechter als bei der übrigen Industrie. Damals war Strom noch ganz überwiegend fossil. 2/8 Image
Außerdem ist Energieintensität relativ zu verstehen. Auch in den energieintensiven Wirtschaftszweigen ist Energie nicht der dominante Kostenfaktor, sondern macht direkt etwa 5% der Kosten aus. 3/8 Image
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Aug 24
Scheinbar gibt es mal wieder Verwirrung um #Einkommensteuer und Personengesellschaften bzw. Einzelunternehmen. Ja sie zahlen Einkommensteuer. Nein, sie sind nicht generell von einer Erhöhung des Spitzensteuersatzes betroffen. 1/9
Seit ein paar Jahren gibt es die Option zur Körperschaftsteuer. Damit gibt es für viele Personenunternehmen die Wahl sich wie eine Kapitalgesellschaft besteuern zu lassen. Nachzulesen in § 1a Körperschaftsteuergesetz. 2/9
Für die Anderen gibt es schon lange § 34a Einkommensteuergesetz. Das sind bei Thesaurierung 28,25% plus Soli und damit ungefähr dass was eine Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer, Soli und Gewerbesteuer zahlt. Die kommt zwar bei Thesaurierungsoption noch dazu. 3/9
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May 30
Fortsetzung: Deutschland hat zwar Fortschritte gemacht, aber der Vergleich der Partizipationsraten zeigt, dass es noch eine Reihe von anderen Staaten gibt, in denen die Gleichstellung noch weiter ist. 26/ Image
Es überrascht nicht, dass die CDU dazu seltsam still wird. Denn dann geht es um das Ehegattensplitting und um Minijobs. Um Regelungen also die Konservative entweder nicht antasten oder sogar noch ausweiten wollen. Von Zuwanderung gar nicht zu reden. 27/ threadreaderapp.com/thread/1678671…
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May 30
Urlaubsbedingt bin ich etwas spät dran mit meinem Kommentar zur Debatte das wir alle mehr arbeiten sollen.😉 Aber hier dennoch ein paar Gedanken dazu.🧵Euch Allen wünsche ich natürlich einen schönen Brückentag. 1/
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Apr 3
Diese Grafik kursiert von rechter Seite in den Sozialen Medien seit die #SPD versucht bei der #Einkommensteuer eine Erhöhung im oberen Einkommensbereich durchzusetzen. Sie sagt überhaupt nicht das aus, was damit suggeriert werden soll. 1/ Image
Erstens, ist sie sogar falsch, weil sie den wahren #Spitzensteuersatz, die sogenannte #Reichensteuer ausblendet. Diese greift 2023 ab einem zu versteuernden Einkommen von 277.825 Euro. Das ist definitiv viel mehr als das 1,3-fache des Durchschnitts. 2/
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Mar 26
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Ich gebe zu, dass mir zwar klar war, dass die CDU sobald sie regiert, die Bremse ändern würde. Jeder, der etwas von Politik versteht wusste das die Regierungszeit für #Merz andernfalls sehr unangenehm und unerfolgreich geworden wäre. 2/32 politischeoekonomie.com/nicht-ob-sonde…
Dass die #CDU von der Schuldenbremse aber fast nichts übrig lassen würde hat dann auch mich überrascht. Und es war natürlich nicht die #SPD, die das durchgesetzt hat. Es war von der #CDU schon seit Herbst vorbereitet. Siehe diese Recherche. 3/32
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