Mir ist nach meinem letzten Thread aufgefallen, dass viele nicht wissen wie restriktiv die #Schuldenbremse tatsächlich ist, und wie stark die #Schuldenquote in Zukunft sinken würde, wenn sie eingehalten würde. Eine kleine mathematisch Simulation ganz ohne Theorie: 1/13
Ich gehe für 2023 von den Projektionen der EU Kommission für #Schulden und BIP aus. Daraus resultiert eine wahrscheinlich etwas zu hohe Schuldenquote von 67,6% für 2023. Der genaue Ausgangswert ist aber auch nicht entscheidend für die lange Frist. 2/13
Ich nehme an, dass wir jährlich ein Wachstum von 0,5% und eine Inflationsrate von 2% haben. Im Durchschnitt erscheint mir das eher konservativ. Außerdem unterstelle ich, dass der Bund die erlaubte strukturelle Neuverschuldung immer voll ausnutzt. 3/13
Das sind 0,35% des BIP des vorangegangenen Jahres. Konjunkturell kann in der Realität mal mehr und mal weniger erlaubt sein. Da die Konjunkturkomponente aber im Mittel 0 ist sollte das die langfristigen Werte wenig bis gar nicht beeinflussen. 4/13
Außerdem unterstelle ich Tilgungen für die Corona-Notlagenkredite wie im Monatsbericht des Finanzministeriums von September berechnet. Diese Kredite werden ab 2028 und bis 2061 getilgt. Deswegen simuliere ich auch bis zum Jahr 2062. 5/13
Daraus ergibt sich folgende Entwicklung für die Schuldenquote. Im Jahr 2062 wird eine Schuldenquote von 29,2% erreicht. Die Schulden aber wachsen weiterhin nominal um etwas mehr als 350 Milliarden. Entscheidend ist, dass sie in Relation zur Wirtschaftsleistung sinken. 6/13
Das ist nicht erstaunlich. Ein Bruch nähert sich im Grenzwert der Wachstumsrate des Zählers geteilt durch die Wachstumsrate des Nenners an: 0,35% geteilt durch 2,5% ergibt 14%. Ist wirklich eine ganz simple Rechnung, die auch Maastricht zugrunde gelegen haben soll. 7/13
Auch Christian #Lindner profitiert von diesem Effekt wenn er auf die sinkende Schuldenquote verweist. Die sinkt ja obwohl er viele neue Schulden gemacht hat. Momentan sogar besonders stark wegen der hohen #Inflation. 8/13
Wäre unser Ziel lediglich eine Schuldenquote von 60% zu erreichen und zu halten, könnten wir in dem Zeitraum etwa 3 Billionen zusätzliche Kredite aufnehmen. Natürlich muss man bedenken, dass das nicht der Spielraum ist, da man für die Kredite auch Zinsen zahlen muss 9/13
Würden wir nur auf die Tilgung der Corona-Schulden verzichten aber ansonsten im Regime der Schuldenbremse bleiben würde die Schuldenquote auf 34,4% sinken bis 2062. Am Beispiel dieser Schulden kann man mal zeigen wie sich Zinsen und Tilgung auswirken. 10/13
Hier wenn man einen Zinssatz von durchschnittlich 3% und mit den Tilgungszahlen aus dem BMF Monatsbericht September 2023 rechnet. Zum Vergleich die konstante Zinsbelastung, wenn man auf die Tilgung dieser Schulden verzichten würde. 11/13
Der finanzielle Spielraum fällt mit Tilgung zwischen 2028 und 2058 geringer aus als ohne Tilgung. Dann geht die Tilgung stark und schließlich auf 0 zurück. Ab 2059 ist der Spielraum daher größer als ohne Tilgung. 12/13
Wir haben uns entschieden, dass gerade in dem Zeitraum, in dem wir viel investieren müssen um Klimaneutralität 2045 zu erreichen der finanzielle Spielraum verkleinert wird. Und ich habe noch gar nicht berücksichtigt, dass dieses Sparen auch das Wachstum verringern kann. 13/13
@threadreaderapp unroll
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Ganz kurz zur (Sprach)verirrung des Friedrich #Merz. Ein #Sondervermögen ist natürlich eine Änderung der #Schuldenbremse. Wie ist denn das Sondervermögen Bundeswehr im Grundgesetz formuliert. Art. 87a Abs.1a: "Zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit kann ... 1/4
...der Bund ein Sondervermögen für die Bundeswehr mit eigener Kreditermächtigung in Höhe von einmalig bis zu 100 Milliarden Euro errichten. Auf die Kreditermächtigung sind Artikel 109 Absatz 3 und Artikel 115 Absatz 2 nicht anzuwenden." 2/4
Also Artikel 109 und 115 (Die Schuldenbremse) wird durch Artikel 87a als eine Art Spezialnorm überschrieben und gilt insoweit dann nicht. Was er vermutlich meint: Das ist dann auf die dort festgelegte Summe gedeckelt. Ich höre etwas von 200 Milliarden plus. 3/4
Bin ich bei @jsuedekum. Und das als Gegner der #Schuldenbremse! Wir brauchen eine SB-Reform nicht nur für Verteidigung sondern generell, weil schon 2029 auch mit der Linken die 2/3 Mehrheit fehlen könnte. 1/
Kurzfristige Lösungen die das Problem nur für die nächsten Jahre lösen würden verbieten sich daher. Sie sind auch nicht nötig, weil die große Koalition eine Notlage mit einfacher Mehrheit für 2025 und 2026 beschließen kann. AfD kann auch nicht dagegen klagen. 2/
Dafür braucht man nämlich 25% der Mitglieder des Bundestags (Artikel 94 GG). Die hat die AfD nicht sondern bräuchte auch hier die Unterstützung der Linken. Die #Linke wird mit Sicherheit - anders als Merz -nicht mit der AfD gemeinsame Sache machen. Sonst wären sie erledigt. 3/
Sie sind weniger geworden die Verteidiger der #Schuldenbremse, aber offiziell verteidigen momentan noch #CDU /CSU, #FDP und #AfD die Bremse. Daher hier der Versuch einer letzten inhaltlichen Gegendarstellung von mir vor der #Bundestagswahl. 1/
Unsere Kinder müssen das NICHT zurückzahlen. Was für Individuen gilt ist für Staaten falsch, weil diese nicht sterben, und wenn dann in der Regel mit Rechtsnachfolger. Die Kinder der Gründermütter der USA haben jedenfalls Netto nichts zurückgezahlt. 😉 2/
Die wahre Belastung liegt in den Zinsen. Damit diese zu einem großen Problem werden können muss die Bedingung erfüllt sein, dass der Zinssatz, den der Staat zahlt über der Wachstumsrate der Volkswirtschaft liegt. Ökonominnen reden von r (Realzins) – g (growth = Wachstum). 3/
Alle posten ihr Ergebnis beim #wahlomat. Ich mache es anders und analysiere die Übereinstimmung der #Parteien zur #Bundestagswahl. Wie groß sind Unterschiede und Gemeinsamkeiten, also wenn man nach den Antworten der Parteien zum Wahl-O-Mat geht? 🧵1/11
Das Vorgehen hat den Vorteil, dass die Parteien, die Antworten selbst gegeben haben, man ihnen also nichts unterstellen muss. Es hat den Nachteil, dass man nicht weiß wie viel Überzeugung und wie viel wahltaktisches Kalkül in den Antworten steckt. 2/11
Bei Zustimmung zu einer These vergebe ich den Wert 1, wenn die Partei die These ablehnt den Wert -1. Verhält sie sich neutral vergebe ich eine Null. Das mache ich für alle Parteien die Chancen haben in den Bundestag einzuziehen. 3/11
Das "Wir werden alle Kapitalisten" ist nicht nur sein Geschäftsmodell. Für die meisten Menschen bleibt das aber nur ein schöner Traum. Die real existierende #Vermögensverteilung in Deutschland sieht ganz anders aus. 1/13
Die allermeisten Menschen leben eben nicht von ihrem Vermögen, sondern von ihrer Arbeit. Lt. dem letzten Mikrozensus sind es in Deutschland 1% der Menschen, die überwiegend von Kapitalerträgen leben: 2/
Und #kapitalertraege werden im Schnitt geringer mit Steuern und Abgaben belegt als Arbeitseinkommen. Sie unterliegen der Einkommensteuer, aber nicht den Sozialversicherunsbeiträgen. Für die Mehrheit der Erwerbstätigen sind letztere übrigens höher als die Einkommensteuer. 3/
Bei allem Respekt, aber man kann natürlich leicht darstellen wie sich das auf die Schuldenquote Deutschlands auswirken würde. Ich nehme die Daten der Herbstprojektion der Bundesregierung für BIP und Konjunkturkomponente 1/10
Das geht bis 2029. Für 2030 unterstelle ich vorsichtig 2,5% Nominalwachstum (2% Inflation, 0,5% real) und als Ausgangspunkt nehme ich die Schuldenquote die das Finanzministerium noch unter #Lindner für 2024 vorhergesagt hatte (64%). 2/10
Dann wirken sich die +500 Milliarden (habe die einfach komplett 2025 verbucht; es verteilen ändert ja das Endergebnis nicht) so auf die deutsche #Schuldenquote aus im Vergleich zur geltenden Schuldenregel. 3/10