Der #Notstromthread. Was war mit den AKW beim Blackout in Spanien los? War das ein „Ausfall“ oder spielten sie gar eine Rolle beim Blackout, wie etliche Leute behaupten? Ich erkläre es im Detail & mit einer Überlegung, wie 🇩🇪AKW das Problem gelöst hätten.
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Normalerweise hängen AKW am Landesnetz (in 🇩🇪400 kV) , in das sie einspeisen, und an einem Reservenetz (in 🇩🇪110 kV), auf das sie bei Zusammenbruch des Landesnetzes umschalten. Gelingt das nicht, weil totaler Blackout ist, was gestern der Fall war, gibt es 2 Möglichkeiten:
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1) Lastabwurf auf Eigenbedarf im Inselbetrieb (so würden es 🇩🇪AKW machen) 2) Notstromfall &
Nachkühlbetrieb (so haben es die laufenden 🇪🇸Westinghouse-PWR gemacht).
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Siemens/KWU/Framatom-Anlagen, so auch das 🇪🇸AKW Trillo, das allerdings wegen Revision vom Netz war, trennen sich bei Havariefrequenz vom
Netz, aber lassen den Generatorschalter zu. Die Eigenbedarfstrafos werden weiter versorgt.
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Die 10 kV-EB-Schienen können also die großen betrieblichen Verbraucher weiter speisen. Die Turbine bekommt wegen der fehlenden Netzlast erstmal massiv Drehzahl-Steigerung, was bei Überdrehzahl zu Turbinenschnellschluss führen würde.
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Also fahren die Tu-Stellventile zu, reduzieren die Dampfzufuhr & der überschüssige Frischdampf geht über die FD-Umleitstation (FDU) in den Kondensator & kann mit dem Kondensatsystem zurückgespeist werden.
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Der Reaktor wird durch Einfahren der Steuerstäbe auf ca 40% abgeworfen & die Turbine auf 70 MW Eigenbedarf mit FDU gestellt. Für den Leistungsbetrieb nötige große Verbraucher (Hauptkühlmittel-& Kühlwasserpumpen; Speisewasserpumpen) können selbstversorgt weitermachen.
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So läuft das, bis die Anlage sich wieder aufs Netz schalten kann. So kann ein AKW also schnell wieder Leistung machen & sich am Netzaufbau beteiligen.
Gelingt das nicht oder ist das konstruktiv nicht vorgesehen, geht die Anlage in den Notstromfall mit Nachkühlung.
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Das war in 🇪🇸 bei den laufenden AKW der Fall. Die Westinghouse-PWR haben keine genügend leistungsfähige FDU. In diesem Falle wird der Generator von der Anlage getrennt, und die Notstromdiesel übernehmen. Sobald aufgrund Spannungsverlust die Drehzahl der Pumpen fällt,
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werden Turbine & Reaktor durch den Reaktorschutz schnellabgeschaltet, das Teilabfahren begonnen & wenn sich binnen 2 Sekunden die Netzspannung nicht wieder einstellt, die Notstromversorgung eingeleitet.
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Aus dem Teilabfahren kann die Anlage, sollte in der Zeit eine Rückschaltung aufs Netz möglich sein, auch wieder in die Vorbereitung des Leistungsbetriebs wechseln - war gestern aber nicht der Fall.
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Der Wärmetransport aus dem Reaktor läuft dann über die FD-Abblasestation über Dach in die Atmosphäre, in der Anfangsphase kann auch schonmal ein Sicherheitsventil ansprechen. Die Anwohner der spanischen AKW werden also einiges gesehen & gehört haben. 💨😤💨
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Mit dem Wärmetransport & der Druckhalter-Hilfssprühung werden Druck & Temperatur primärseitig schnell runtergebracht (50 K/h von ca 310 Grad C KMT). Damit nicht das ganze Speisewasser über Dach abpfeift, liefert das (notstromversorgte) Notspeisesystem
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Deionat für die Dampferzeuger nach, bis Druck & Temperatur primärseitig so weit gesunken ist, dass das ebenfalls notstromversorgte Niederdruck-Nachkühlsystem übernehmen kann. Gleichzeitig wird aufboriert, um die kalt werdende Anlage sicher unterkritisch zu halten.
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Auch bei den Dieseln spielt ein ziemliches „Klavier“, wie man im AKW sagt: über den Reaktorschutz werden erstmal alle Verbraucher von der Notstromschiene abgeräumt, denn der Diesel kann nicht unter Last starten. Dann kommt das Startsignal für die
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Notspeisenotstrom-/Notstromdiesel, dann werden die Verbraucher alle wieder draufgeschaltet & los geht es mit dem Abfahrbetrieb.
⚠️All das hier linear Erzählte sind teilweise sehr schnell automatisch ablaufende & sich teilweise überlagernde Abläufe. 16/
Wenn die Anlage dann kalt-unterkritisch dasteht, wartet sie auf die Wiederherstellung der Netzversorgung, braucht aber zum Anfahren vor allem wegen des nichtnuklearen Aufheizens & Entborierens & ggf anderer Tests ca 12-24 Stunden, bis sie wieder selbst Strom produzieren kann.
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Dh mit der „Xenonvergiftung“ wegen Reaktorabschaltung kann man umgehen, die wird mit Deionateinspeisung ausgeglichen und sobald der Reaktor kritisch ist, durch Neutronen-Absorption „ausgebrannt“.
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Σ: 1) beide Verfahren, LAW &
Notstromfall mit Nachkühlung, sind keine Störfälle oder „Ausfälle“, sondern die für den Fall des Netzzusammenbruchs genau so vorgesehenen Abläufe und gehören zum „anormalen Betrieb“. Die spanischen AKW haben diese Prozeduren sicher bewältigt.
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2) Deutsche AKW (wohl auch das AKW Trillo) hätten aber mit LAW auf EB wesentlich geschmeidiger und netzkonstruktiver reagieren können. 3) der Netzaufbau in Spanien war vor allem Job der schwarzstartfähigen Wasserkraft & Gaskraft. Wind & PV spielen dabei keine Rolle.
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4) die AKW im Leistungsbetrieb waren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht Verursacher des Störfalls. 5) Nach der Ursache wird gesucht & es gibt erste Erkenntnisse👇🏼; es werden einige Schlüsse für unsere 🇪🇺 Netzsicherheit aus dem Ereignis gezogen werden. 21/
6) Leider ist der #Spainout und mit ihm die AKW und EE sogleich zum Objekt des 🇩🇪Energie-Kulturkampfes geworden. Energiewende-Hater konnten es nicht abwarten, den Blackout der PV in die Schuhe zu schieben;
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Renewables-Fans ätzten gegen AKW; Journos verbreiteten, die EE hätten das Netz gerettet, und @energy_charts_d machte halt so die Dinge, die er immer macht. Liebe Leute, lasst das, bis die Störfallanalyse vorliegt😘⚛️.
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Ich habe heute beim @taz_lab mit zwei Atomgegnern diskutiert, - Oda Becker, die für Antiatom-NGOs gutachtet, und Armin Simon, Referent von „Ausgestrahlt“. Da war kein Platz für irgendeine Form von Verständigung; die Idee, wir wären mit AKW besser gefahren als➡️
ohne, wurde voller Verachtung als „lächerlich“ vom Tisch gewischt, die 100% EE stünden doch kurz vor der Tür, Speicher gebe es noch und nöcher; Langzeitspeicherung kein Problem, CO2-Bilanz der fossil aufgerüsteren deutschen EE - négligeable; Systemrisiken, Strompreis ➡️
und Systemkosten-Explosiom? Nicht existent, AKW „gefährlich“, „technikgläubig“, das seien die AKW-Befürworter. Das taz-Publikum war wenig gnädiger. Ein Nukie hat in seinem kleinen Finger mehr questioning attitude zur „eigenen“ Technologie als diese beiden zur Energiewende.
⚛️😔In memoriam 26.04.1986: diese Nacht von Freitag auf Samstag, die mich gegen die Atomkraft aufbrachte, aber schließlich (auf vielen Umwegen) zu ihr brachte: ein Lebensthema.
Tschernobyl war mein erstes AKW. In den nächsten Tweets finde ihr 3 wichtige Texte von mir darüber. 1/4
„Mein Tschernobyl“, ein sehr persönlicher Text, den ich zum 30. Jahrestag geschrieben habe: immer noch aktuell. 2/4 nuklearia.de/2016/04/27/mei…
Der 🇩🇪EE-Fossil-Komplex, hier in Gestalt des @EnBW, zweifelt an der Energiewende mit 🇩🇪 „grünem“ Wasserstoff & Offshore-Windkraft-Hubs. Grund: das würde ein Kosten-Super-GAU. Doch sie bleiben unbelehrbar: Kernenergie bleibt tabu, Refossilisierung ist angesagt. 1/4
Jetzt soll es H2-Import richten, „blauer“ H2 mit CCS im (mal wieder!) Ergänzungsraum Norwegen & weniger offshore-Windkraft. Und: viel mehr Gaskraftwerke, die natürlich vor dem H2 noch jahrzehntelang klimaschädliches Erdgas verfeuern werden.
2/4zeitung.faz.net/faz/unternehme…
Die Diagnose zeigt: @WeplanetDACH hatte recht. Das 100% EE-System zerbricht an seinen Systemkosten, lang bevor es fertig ist. Aber Lernfähigkeit geht anders. Ein 🇩🇪Atomprogramm wäre günstiger & umweltfreundlicher als die semifossile Therapie der @EnBW-Konzernherren. 3/4
Die 🇩🇪Atomgegner sind intellektuell noch schwächer aufgestellt als ich dachte.
Realität:
• Mehrheit der Deutschen will Atomeinstieg
• Instandsetzung von 5 🇩🇪AKW würde maximal 50% der *jährlichen* EE-Subventionen kosten
• ergibt 55 TWh/a Industriestrom 24/7, fast CO2-frei 1/6
Was machen @AnnikaJoeres & @correctiv_org? Fällt dir kein Argument gegen 🇩🇪AKW ein, nimm 2 Kosten-Outlier im Ausland + das von Grünen beherrschte EnBW in der Rolle des Betreiberwillnicht. Cherrypicke den Dürresommer 2022 in 🇫🇷, der die EdF 0,19% ihrer Stromproduktion kostete
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& garniere das mit Kernfusionkommtnie-Salat. Als Soße obendrüber: „Energieexperten“, die sich als Einzahl herausstellen, nämlich @energy_charts, der v seinem Solarforschungsinstitut dafür bezahlt wird, Solarforschungsinstituts-Dinge zu machen, dh Nullsummenspiele EE vs AKW.
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@DemInschenoer @healfra @PS_Finanztweet Sie müssten als Ingenieur aber 2 Fragen stellen: 1) welcher der 3 großen kerntechnischen Unfälle war auf deutsche AKW übertragbar? 2) ist meine Alternative EE sicherer, dh vor Großunfällen geschützt *und* für solche Fälle versichert?
Antwort:➡️
@DemInschenoer @healfra @PS_Finanztweet Zu 1): weder Tschernobyl noch Fukushima hätte in unseren AKW passieren können (warum, wird unten erklärt). ➡️threadreaderapp.com/thread/1554029…
@DemInschenoer @healfra @PS_Finanztweet Einzig der Unfall von TMI-2, dessen Folgen dank funktionierender Sicherheitsbarrieren größtenteils aufs Anlagengelände beschränkt waren (keine Evakuierung, null Opfer) war auf deutsche Anlagen zum Teil übertragbar.➡️
Mein nachträgliches Tschackadonngg 💥der Woche geht an die Rede von @katdro vom 13.03. Ich hatte erst jetzt die Ruhe, sie mir anzuhören. In der letzten Woche war ich in einem unserer AKW mit dem Rückbau befasst & habe den Politikbetrieb verdrängt. Trauerarbeit.🥺 1/7
In der Sache war Dröges Analyse des Merz’schen Opportunismus, der eigene Interessen vor Landesinteressen stellte, korrekt. Die kämpferische Position von @katdro zu Klima & Ukraine würde ich jederzeit unterschreiben. Aber… 2/7
Aber schade, dass sich die Partei von @katdro & @Ricarda_Lang (die mir viel überzeugender erscheinen liegen als der eitle Habeck), bei der Frage von Kernenergie & Gentechnik tief in der Gegenaufklärung eingegraben hat & ich sie daher nicht unterstützen kann. 3/7