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Juristerei im Verfassungs- und Verwaltungsrecht, grundrechtsliebend, für einen faktenbasierten demokratischen Diskurs, null Geduld für ideologische Grabenkämpfe

Nov 14, 2021, 28 tweets

Ich frag mich ja schon was sich Prof. Lewisch hier gedacht hat. Dass ein an und für sich exzellenter Strafrechtler seinen Ruf so schädigt mit einem derartigen "Gutachten", welches eher einen anwaltlichen Schriftsatz darstellt, ist bemerkenswert und schade. #Thread

1.) Den Auftrag privat anzunehmen, aber mit Logo der Uni Wien zu versehen und dem Briefkopf des Institutes für Strafrecht, ist gelinde gesagt mutig. Damit man insinuieren kann, dies sei ein Gutachtrn der Universität Wien. Das Logo darf für private Zwecke nicht verwendet werden.👇

2.) Er wäre auch verpflichtet gewesen die Nebenbeschäftigung zu melden, bei seinem Dienstgeber. Laut Recherche der #zib2 Redaktion hat er das...vergessen...🤷‍♂️👇

3.) Die umfassende rechtliche Beurteilung eines Sachverhaltes durch ein "Rechtsgutachten", setzt die Kenntnis ALLER relevanten Sachverhsltselemente voraus. Das "Gutachten" gründet lediglich auf einem einzigen kleinen Teil des Strafaktes: Auf die Anordnung der Hausdurchsuchung👇

Die Durchsuchungsanordnung ist ein kleiner Teil des Strafaktes. Keine Einvernahmen, keine sonstigen Erhebungen, nichts ist hier dabei. So ein "Gutachten" kann daher niemals geeignet sein, das Vorliegen oder Nicht-Vorliegen eines strafrechtlich relevanten Sachverhaltes zu klären.

Genau dieser Eindruck word aber erweckt mit solch einem Schriftsatz.👇 Ich halte das für höchst unseriös, ohne detaillierte Aktenkenntnis irgendwelche Rechtsgutachten zu verfassen. Die Beschuldigtenstellung ergibt sich aus dem gesamten Strafakt, nicht nur aus diesem kleinen Teil.

4.) Und damit wären wir bei dem unseligen Begriff "Rechtsgutachten". Eine Sinnlosigkeit sondergleichen. Warum? Es gillt im Verfahren der Grundsatz:

➡️ iura novit curia

Was das bedeutet? Nun. Übersetzt:

➡️ Das Gericht kennt das Recht

Und braucht keinen Prof, der es ihm erklärt

Es ist ein alter römischer Rechtsgrundsatz, der bis heute gilt, der Grundsatz der richterlichen Rechtsanwendung. Es genügt vor Gericht den Sachverhalt darzustellen. Das Gericht wendet das Recht eigenständig auf den dargelegten und festgestellten Sachverhalt an.

Das ist auch die Judikatur des Obersten Gerichtshofes. Er sagt auch deutlich was er mit diesen als Rechtsgutachten getarnten parteilichen Schriftsätzen macht: IGNORIEREN.
Sie dienen anderen Interessen: Ligitation PR. Beeinflussung der Medien: Na wenns der Her Professor sagt...🤷‍♂️

Ich kann nur jedem empfehlen zum "proffesoral-anwaltlichem" Gutachten diesen Aufsatz zu lesen. Der geniale Hans Peter Lehofer hat ihn verfasst. Inklusive Fußnoten lesenswert. Danach weiß man was dieses "Gutachten" soll. Wirklich, macht eich die Mühe! Es lohnt sich.👇👇👇

Der advokatorische Schriftsatz als Gutachten getarnt,von Proffesoren geschrieben mag als Verteidigungsmittel zulässig sein, der RechtsWISSENSCHAFT erweisen diese Professoren einen Bärendienst. Die Wissenschaft hat einen rechtl. Sachverhalt umfänglich zu beleuchten. Für UND Wider.

Diese zwei Funktionen sollte man getrwnnt halten. Liest man den gegenständlichen Schriftsatz ist glasklar zu welcher Sorte man diesen zählen kann. Es findet sich kein einziger Aspekt einer Gegenargumentation. Was @florianklenk hier sagt, halte ich für sehr gscheit.👇

Nun könnte man ja als advocatus diaboli einwenden:

Naja, vielleicht ist diese Durchsuchungsanordnung derart katastrophal, dass sich kein einziges Argument für ihre Berechtigung finden lässt?

Dann möge man sich allerdings 2 logisch daraus folgende Fragen stellen:

Wenn dem so ist:

➡️ Wie realistisch ist es, dass der Richter, der die Durchsuchung auf Basis dieser Anordnung genehmigte, NICHTS davon gesehen hat?

➡️ Warum hat Suppan, als Anwalt von #Kurz kein Rechtsmittel gegen die HD ergriffen, sondern für solch ein Gutachten bezahlt?

Ein Anwalt der einen Durchsuchungsbeschluss vor sich hat, der laut Gutachter in keinster Weise nachvollziehbar ist, diesen Umstand nicht erkennt und gegen diesen Beschluss KEIN Rechtsmittel erhebt...würde den Beschuldigten in gröblichster Weise schädigen.

Es möge sich nur jeder persönlich überlegen, wie er mit solch einem Anwalt verfahren würde. Die in den Standesregeln geforderte ausgezeichnete Beratung aufgrund wissenschaftlicher Ausbildung wäre hier wohl nicht erfüllt.

Fazit: Als Verteidigungsmittel sind solche Schriftsätze natürlich zulässig. Der Beschuldigte, darf sich innerhalb und außerhalb des Gerichtsaales verteidigen wie er möchte. Prominenten Beschuldigten steht hier mit der Ligitation PR ein kraftvolles Instrument zur Verfügung.👇

Die Reputation der universitären Forschung leidet hier, der Reputation der Rechtswissenschaft dienlich ist so etwas auch nicht. Es ist auch nicht vergleichbar mit anderen Disziplinen wie med. Gutachten etc, sondern ein Unikum. Die Uni Wien hat sich auch sofort distanziert👇

Problematisch ist natürlich auch, dass Teile der Presse, dieses Gutachten als Stellungnahme der Uni-Wien in Ihren Artikeln darstellen und sich mit dem Text an sich, journalistisch nicht auseinandersetzen, sondern diesen nur widergeben. 👇

Eine Presse, die Ligitation PR nur abtippt, nicht aber einordnet und hinterfragt erfüllt die Aufgabe des Journalismus nicht einmal ansatzweise. Das ist natürlich von der Problematik der advokatorischen Gutachten zu trennen, es ist aber genauso zu problematisieren.

Lobend sei hier mal der Kurier erwähnt. Er hat zu dem Schriftsatz eine Expertenmeinung eingeholt und dieses "Gutachten" eingeordnet. Ich halte das übrigens für das größte inhaltliche Manko des Lewisch-Schriftsatzes: das völlige Ignorieren der Beitragstäterschaft.👇

Lewisch setzt sich nicht mit der Beitragstäterschaft auseinander...die übrigens gleich streng bestraft wird wie die Bestimmungstäterschaft, aber an viel weniger strenge Voraussetzungen geknüpft ist und stellt die Frage gar nicht, ob die Chatnachrichten nicht eine solche nahelegen

Denn jeder, der vorsätzlich oder fahrlässig in sonstiger Weise zur Ausführung einer strafbaren Handlung beiträgt, ist Beitragstäter (§ 12 3. Fall StGB).

"Sonst“ zur Handlung des unmittelbaren Täters „trägt bei“, wer sie ermöglicht, erleichtert, absichert oder auf andere Weise fördert. Wir sehen, das ist sehr weit gefasst.

Das kann lange vor der Tat, aber auch während der Tat geschehen, das kann weit weg, aber auch am Tatort sein – vom Beschaffen von Tatwerkzeug bis hin zum Anfeuern während der Tat. Also auch auch eine psychische Beteiligung ist seitens der Jud. anerkannt.

Liest man sich die Chats dahingehend durch, wie oft sich Kurz begrüssend, beipflichtend, dankend geäußert hat, dann dürfte klar sein, dass die Beitragstäterschaft zu ignorieren, ein schweres Manko ist. Wird übrigens auch in der Presse kaum behandelt.

Edit: Die Universität Wien hat ihre Stellungnahme aktualisiert. Mit klaren Ansagen. Verwendung des Logos war nicht erlaubt. Hinsichtlich der nicht gemeldeten Nebenbeschäftigung wird es eine zeitnahe Entscheidung geben. Bumm👇

Das ist die gesamte Stellungnahme der @univienna Und sie scheinen meine #Threads zu lesen 😉👇 Ich fühle mich geehrt.🙏

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