#Thread
Nachdem ich in dieser Woche in drei verschiedenen RS- und NotSan-Kursen ungläubige Blicke geerntet habe, sollten wir vielleicht nochmal über das Sprechen sprechen. Das beruhigende Gespräch ist eine unserer lebensrettendsten Maßnahmen in der Notfallmedizin!
Dem Patienten (und ggf. seinen Angehörigen) zu erklären, was warum gerade passiert und noch passieren wird, gibt ihm das subjektive Gefühl von Kontrolle zurück. Das wiederum beugt einer PTBS vor, senkt den Stresslevel und damit u.A. den Sauerstoffbedarf.
Auch in der psychogenen Hyperventilation z.B. sollten wir aufhören, die Patienten auf die Maske oder gar Benzos als einzigen Ausweg zu dressieren. Wenn ich erkläre, was pathophysiologisch gerade abgeht, hört der Pat. meist vor Langeweile einfach auf.
Und was für uns vielleicht der unspektakulärste Fall der Woche ist, ist für den Pat. evtl. der schlimmste Tag seines bisherigen Lebens.
Wir sollten also in Ausbildung, Debriefings und unserer Selbstwahrnehmung mehr Wert auf die Kommunikation mit unseren Patienten legen...
...und nicht nur auf technische Skills. Das Reden ist eine schärfere Waffe, als viele unserer Medikamente.
Außer Keta natürlich, Keta fetzt! 🤪
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Frust-Rant:
Ich möchte mal wissen, was in diesem Land los wäre, wenn es plötzlich eine Bewegung gäbe, die Bremsen an Autos für unnötig hält.
Dürften die jeden Samstag für ihre Meinung demonstrieren, indem sie mit ausgebauten Bremsen ein Wettrennen durch die Innenstadt machen?
1/6
Würden Polizeisprecher und Innenminister dann auch von Verhältnismäßigkeit schwadronieren und die Sache jede Woche wieder überrascht laufen lassen?
Würde den Kfz-Mechanikern Panikmache vorgeworfen, weil es schließlich noch genug freie Abschleppwagen gibt?
2/6
Müssten wir uns immer wieder Sprüche anhören wie: „Wenn du Angst hast, kannst du ja eine Bremse in dein Auto einbauen! Warum brauche ich dann noch eine? Ich habe ein stabiles Auto und zur Not eine gute Wundheilung...“?
3/6
Nach zwei wundervollen Wochen ist heute mein Blockpraktikum in einer hessischen Landarztpraxis zu Ende gegangen. Ein kleiner Erfahrungsbericht:
(Spoiler: Es hat mich mehr begeistert, als mir lieb ist. 🙈)
Seit über zehn Jahren brenne ich für die Notfall- und Intensivmedizin und habe immer felsenfest behauptet „ich werde Anästhesist“.
Und dann dieses Blockpraktikum Allgemeinmed. in der Hausarztpraxis - wie langweilig. Die machen ja nichts...
Am ersten Tag war ich total überrascht von der Stimmung - ich war schon in so vielen Settings, aber so warmherzig wurde ich selten empfangen. Und der Arzt, dem ich zugeteilt war, hatte ein so tolles Verhältnis zu den Patienten! Was war denn da los?
Ich habe mit mir gehadert, aber um die Wut und Ohnmacht zu verarbeiten, die mich nach gewissen tweets und posts in sozialen Medien heute erfasst haben, muss ich mal etwas zum Thema Triage und COVID-19 loswerden:
Weltweit haben Mediziner gerade Angst wie selten zuvor. Angst vor dem Mangel an Ressourcen, der auf sie zukommt und Angst vor den Entscheidungen, die sie dann treffen müssen. Niemand freut sich darauf. Aber ihr Anspruch ist es, möglichst vielen möglichst gut zu helfen.
Das kann aber bedeuten, nicht mehr zu versuchen, jedem alles zu bieten, was sonst üblich wäre, weil dann niemand genug abbekommt. Eine so einfache, wie unschöne Rechnung. Wir kennen das schon lange aus der Kriegs- oder Katastrophenmedizin.